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Kanzlei-Blog Ulrich Weber & Partner

Schulungsanspruch des Betriebsrats – Onlineschulung statt Präsenzschulung

Nach § 37 Abs. 6 BetrVG haben Betriebsräte Anspruch auf Schulungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Die Vermittlung von Kenntnissen ist dann erforderlich, wenn diese unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit die Betriebsratsmitglieder ihre gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können.

Bei der Frage, ob Schulungen erforderlich sind, steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern braucht allerdings die Erforderlichkeit nicht näher dargelegt werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden.

Die Frage, die nunmehr beim Bundesarbeitsgericht im Raum stand, war, ob aus Kostengründen der Betriebsrat nur noch einen Anspruch auf eine Onlineschulung statt einer Präsenzschulung hat. Der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 07.02.2024 (Az: 7 ABR 8/23) lag folgender Fall zugrunde: Der Betriebsrat beabsichtigte zwei Mitglieder zu dem Seminar „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ zu schicken. Unter mehreren Seminarangeboten wurde dann ein Seminar in Potsdam durchgeführt. Da es sich bei dem Arbeitgeber um eine Luftverkehrsgesellschaft handelte, erfolgte die Anreise durch Nutzung eines Flugs des Arbeitsgebers nach  Berlin und der Weiterfahrt per Taxi nach Potsdam. Die Seminargebühren betrugen 1.528,00 € zzgl. MwSt. sowie die Übernachtungs- und Verpflegungskosten in Höhe von 1.108,62 € zzgl. MwSt. Der Arbeitgeber bezahlte beide Rechnungen nicht, da er der Auffassung war, aus Kostengründen hätten die Teilnehmer an einer Onlineschulung mit identischem Inhalt teilnehmen können. 

Der Betriebsrat hat daher gegen den Arbeitgeber Klage auf Freistellung von den Schulungskosten erhoben.

Der Betriebsrat hat in allen Instanzen obsiegt.

Das Bundesarbeitsgericht hat zwar wie auch in ständiger Rechtsprechung angemerkt, dass im Rahmes des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Betriebsrat verpflichtet sei, den Arbeitgeber nur mit Kosten zu belasten, der er für angemessen halten dürfe. Daher dürfe er die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung nicht für erforderlich halten, wenn er sich  vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstig auf andere Weise verschaffen könne.

Dem stehe jedoch nicht von vorneherein entgegen, dass bei einem Präsenzseminar in Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung der Schulungsteilnehmer regelmäßig höhere Kosten anfallen würden als bei einer Onlineschulung.

Insbesondere die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat ausgeführt, auch aufgrund eigener Erfahrung des Vorsitzenden, dass bei einer Präsenzschulung der Lernerfolg wesentlich effektiver als bei einer Onlineschulung sei, genauso wie der Austausch und die Diskussion zwischen Referent und Teilnehmenden bzw. den Teilnehmenden untereinander. Auch sei die Hemmschwelle für die Beteiligung und direkte Ansprache des Referenten viel niedriger, als bei einer Onlineschulung.

Es habe sich auch gezeigt, dass die Anzahl der gestellten Fragen und Anmerkungen bei der Präsenzschulung deutlich höher seien.

Von Seiten des Bundesarbeitsgericht liegt bisher nur die Presseerklärung vor. Abzuwarten bleibt, ob das Bundesarbeitsgericht seinerseits noch Vorteile einer Präsenzschulung zu einer Onlineschulung einfallen.

Jedenfalls gibt es unter dem Aspekt der Kosten kein Vorrang der Onlineschulung vor einer Präsenzschulung.