PUBLIKATIONEN

Presseartikel

 
 
 

Dr. Martin Pröpper war am

7. März 2024 Interviewpartner des WDR: Was gilt zum Streikrecht?

Rechtsanwalt Dr. Martin Pröpper war Interviewpartner des WDR am 4. Dezember 2023.

 

Lust auf einen höheren Bonus

 

Blitztip

Mittwoch, 15. November 2006

von RA Carsten Kohles

Am 01.01.2002 wurde das Gesetz zur Regelung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) in das BGB integriert. Im Rahmen dieser Reform hat der Gesetzgeber darüber hinaus beschlossen, dass eine Inhaltskontrolle ab diesem Zeitpunkt auch im Arbeitsrecht (und damit bei standardisierten Arbeitsverträgen) möglich ist. Damit soll verhindert werden, dass ein Arbeitgeber bei der Verwendung bestimmter Vertragsklauseln seine Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Seit dem macht ein neuer Begriff die Runde: Intransparenz. Dass dies für Arbeitgeber kostspielige Folgen haben kann, verdeutlicht die nachfolgende Entscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim:

Mike T. hatte seinen Arbeitgeber verklagt, da er mit seinem Bonus für das Jahr 2005 unzufrieden war. In seinem (standardisierten) Arbeitsvertrag hatte ihm der Arbeitgeber nämlich eine freiwillige Gratifikation versprochen, die sowohl vom Erfolg des Unternehmens, wie auch von der persönlichen Leistung abhängig sein sollte. Obwohl Mike T. die zu Anfang des Jahres besprochenen Ziele (unstreitig) alle erreicht hatte, zahlte das Unternehmen keine Gratifikation, da das Unternehmensergebnis weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Der Arbeitgeber argumentierte, dass für die Gewährung einer Sonderzahlung zunächst entscheidend sei, ob die Unternehmensvorgaben erreicht seien. Erst wenn dies der Fall wäre, sei die persönliche Leistung des Mitarbeiters ausschlaggebend. Daher habe man in diesem Jahr auch nur an einen eng begrenzten Mitarbeiterkreis eine Zahlung erbracht, die zudem kleiner gewesen sei, als ursprünglich vereinbart.

Das Arbeitsgericht hielt die Regelung für intransparent und daher für unwirksam. Nach Auffassung der Richter ergebe sich für den verständigen Leser nicht, dass zunächst Unternehmensziele erreicht werden müssten, damit es überhaupt zur Auszahlung einer Gratifikation komme. Vielmehr entstehe der Eindruck, dass die Kriterien persönliche Leistung und Unternehmenserfolg gleichberechtigt neben einander stünden, so dass eine (zumindest anteilige) Gratifikation auch dann geschuldet sei, wenn zwar der Unternehmenserfolg ausbleibe, die persönlichen Ziel jedoch erreicht würden. Dem stehe nicht einmal entgegen, dass der Arbeitsvertrag die Gratifikation als freiwillige Leistung bezeichne, auf die auch bei mehrmaliger Gewährung kein Rechtsanspruch entsteht. Wenn der Arbeitgeber zu Beginn des Jahres bestimmte Ziele mit einem Arbeitnehmer vereinbare und für die Erreichung der Ziele bestimmte Zusagen mache, führe er hiermit eine Selbstbindung herbei, die den Freiwilligkeitsvorbehalt entfallen lasse. Dies gelte zumindest dann, wenn andere Arbeitnehmer eine Gratifikation erhielten.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim ist deswegen von hoher Brisanz, da viele Arbeitgeber bislang noch ganz bewusst ihre Ziele möglichst weich formulieren, um einen gewissen Sympathiefaktor in ihre Bonuszahlung einfließen zu lassen. Die Entscheidung zeigt jedoch, wie gefährlich dieses Vorgehen ist, da nach der erfolgreichen Klage von Mike T. auch andere Kollegen auf die Idee kamen, ihre Gratifikation einzuklagen.

 
Waldemar Pelke