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Kanzlei-Blog Ulrich Weber & Partner

PARADIGMENWECHSEL IM KATHOLISCHEN ARBEITSRECHT

Die Vollversammlung der Diözesen Deutschlands hat eine neue Fassung des kirchlichen Arbeitsrechts in Form der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ beschlossen. Vor einer Anwendung der Grundordnung muss diese von den Bischöfen für ihre jeweiligen Bistümer in Kraft gesetzt werden. Rechtsanwalt Michael wald hat sich die Änderungen angesehen und fasst sie wie folgt zusammen:

Zukünftig soll der "Kernbereich privater Lebensgestaltung“, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, rechtlichen Bewertungen entzogen werden. Statt strenger Anforderungen an die Loyalität bis hin zur persönlichen Lebens- und Beziehungsgestaltung soll Vielfalt als Bereicherung gelten und Diskriminierung kein Platz mehr finden. Grundsätzlich gelten für alle Beschäftigte unabhängig von ihrer Kirchenzugehörigkeit nun die gleichen Regeln; lediglich im katechetischen und im pastoralen Dienst wird die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche verlangt.

Beschäftigte dürfen nicht aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter, sexueller Identität und Lebensform diskriminiert werden. Bei den Benachteiligungsmerkmalen orientiert sich die zukünftige Grundordnung damit an den Begriffsbestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Die Benachteiligungsmerkmale gelten auch für Personen, die das kirchliche Profil einer Einrichtung prägen. Ein Austritt aus der katholischen Kirche wird künftig nicht mehr pauschal, sondern nur „in der Regel“ zur Kündigung führen. Für eine zweite Ehe oder eine gleichgeschlechtliche Beziehung droht für katholische Beschäftigte nicht mehr zwingend die Kündigung. Von einer Kündigung kann abgesehen werden, „wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls diese als unangemessen erscheinen lassen“.

Im Bereich des kollektiven Arbeitsrechtes gibt es keine grundlegenden Veränderungen. Es gilt weiterhin der „dritte Weg“. Die Kirche setzt weiterhin auf eigene Mitarbeitervertretungsordnungen und eine eigene kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit. Das Betriebsverfassungsgesetz wird nicht angewendet. Auch künftig bleiben Streiks und die Verhandlung von Tarifverträgen ausgeschlossen.

Fazit: Durch die Reform der Grundordnung werden die früheren strengen Anforderungen an den privaten Lebenswandel und Lebensformen hin zu einer Wertschätzung von Vielfalt verschoben. Durch die neue Grundordnung wird der Weg freigemacht für eine Anpassung an die Lebenswirklichkeit. Sie stellt einen Fortschritt bei der Umsetzung des Arbeitsrechts im katholischen Bereich dar.

 

Michael Wald, Fachanwalt für Arbeitsrecht