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Unwirksamkeit einer Probezeitkündigung wegen widersprüchlichen Verhaltens des Vorgesetzten

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 14.01.2025 (Az.: 3 SLa 317/24) entschieden, dass eine Probezeitkündigung wegen widersprüchlichen Verhaltens durch den Vorgesetzten unwirksam sein kann. 

Jeder Jurist kennt den Ausdruck "venire contra factum proprium". Was dieser lateinische Satz mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zu tun hat, erläutert Herr Rechtsanwalt Dominik Kranz in seinem aktuellen Blogbeitrag.

In der zugrundeliegenden Entscheidung erklärte der Vorgesetzte dem Kläger kurz vor dem Ablauf der Probezeit sowie der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG, dass er "natürlich" übernommen werde. Die Arbeitsvertragsparteien hatten eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Kurze Zeit später sprach derselbe Vorgesetzte namens und in Vollmacht des beklagten Arbeitgebers eine ordentliche Probezeitkündigung bzw. eine Kündigung innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG aus. Als Begründung der Kündigung gab der Arbeitgeber an, dass der Kläger seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß erbringe und für seine Stelle nicht geeignet sei. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung des Klägers zu. 

Nachdem das Arbeitsgericht Düsseldorf die Klage noch abgewiesen hat, entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, dass die Kündigung wegen Treuwidrigkeit und widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) nach § 242 BGB nichtig sei.

Erklärt der Vorgesetzte als ein erkennbar personalentscheidungsbefugter Vertreter des Arbeitgebers im sechsten Monat der Probezeit und somit angesichts des nahenden Endes derselben, man werde den Kläger "mit Blick auf die Probezeit" "natürlich" übernehmen, wird damit ein berechtigtes Vertrauen auf Arbeitnehmerseite geschaffen, dass die Probezeit "bestanden" und das Arbeitsverhältnis nunmehr gesichert ist, nämlich unter dem Schutz des KSchG steht. Die Kündigung war demnach unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet.

Bewertung für die Praxis: 

Die Entscheidung ist richtig und nachvollziehbar. Bereits das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.03.2023 (Az.: 2 AZR 309/22) entschieden, dass § 242 BGB dann zur Nichtigkeit einer Kündigung führen kann, wenn mit dieser ein widersprüchliches Verhalten des kündigenden Arbeitgebers vorliegt. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Kündigende sich damit - wie in dem Fall des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf - in unvereinbaren Gegensatz zu seinem früheren Verhalten setzt.