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Abmahnung - was tun?

 

Blitztip

Mittwoch, 30. August 2006

von RA Carsten Kohles

Nachdem Walter H. über 12 Jahre bei seinem Arbeitgeber ohne Beanstandung tätig war, kam er wegen privater Probleme in kürzester Zeit mehrfach zu spät. Da alle Ermahnung erfolglos blieben, erhielt Walter H. eine Abmahnung, in der ihm der Arbeitgeber mitteilte, dass er in der Vergangenheit mehrfach verspätet zur Arbeit erschienen sei und man dies nicht länger hinnehmen werde. Als Walter H. 12 Tage später erneut unpünktlich war, erhielt er die Kündigung.

Die anwaltliche Beratungspraxis zeigt, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten verstärkt auf den Ausspruch von Abmahnungen zurückgegriffen wird. Der Sinn einer Abmahnung besteht (eigentlich) darin, dem Arbeitnehmer ein Fehlverhalten aufzuzeigen und für die Zukunft sicherzustellen, dass es nicht erneut zu einem gleichen Pflichtverstoß kommt. In der Praxis versuchen Arbeitgeber jedoch häufig durch den Ausspruch einer Abmahnung eine spätere verhaltensbedingte Kündigung vorzubereiten. Hat man eine Abmahnung erhalten, so stellt sich die Frage, ob und wie man hiergegen vorgeht.

Zwar kann beim Arbeitsgericht Klage erhoben und die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangt werden, solche Prozesse enden jedoch oftmals mit einer Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Will man dies vermeiden, so besteht auch die Möglichkeit, eine Gegendarstellung zu seiner Personalakte zu reichen. Der Arbeitnehmer nimmt hierin Stellung zu den Vorwürfen und weist darauf hin, dass der Ausspruch einer Abmahnung seiner Ansicht nach nicht gerechtfertigt war. Zwar verbleibt in dieser Fallkonstellation die Abmahnung auch weiterhin in der Personalakte, besteht im Unternehmen des Arbeitgebers aber etwa ein Betriebsrat und will der Arbeitgeber zu einem späteren Zeitpunkt wegen eines gleich gelagerten Verstoßes eine Kündigung aussprechen, so muss er (für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung) die Gegendarstellung an den Betriebsrat weiterreichen. Andernfalls leidet die Kündigung an einem formellen Mangel und ist unwirksam.

Zuletzt besteht auch die Möglichkeit, keine Schritte gegen die Abmahnung einzuleiten. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht führt dies nicht etwa dazu, dass der Arbeitnehmer den Inhalt einer Abmahnung als zutreffend anerkennt. Es  bleibt ihm unbenommen, zu einem späteren Zeitpunkt den Sachverhalt der Abmahnung zu bestreiten oder die Abmahnung aus anderen, insbesondere formellen Gründen, anzugreifen. Dieses Vorgehen empfiehlt sich insbesondere dann, wenn eine Abmahnung an formellen Mängeln leidet.

So fordert die Rechtsprechung etwa, dass der vom Arbeitgeber gerügte Pflichtverstoß in der Abmahnung klar beschrieben sein muss. Wird dagegen nur pauschal gerügt, dass der Arbeitnehmer in letzter Zeit mehrfach verspätet zur Arbeit erschienen sei, so ist eine solche Abmahnung formell unwirksam, da es der Arbeitgeber unterlässt, die einzelnen Tage konkret zu benennen. Eine solche Abmahnung kann nicht dazu dienen, eine spätere Kündigung vorzubereiten.

Dieser Umstand rette Walter H. zwar nicht seinen Arbeitsplatz, letztendlich einigte er sich aber und verließ gegen eine großzügige Abfindung seinen früheren Arbeitgeber.

Wie dieser Fall verdeutlicht, kann es in bestimmten Situationen ratsam sein, keine Schritte gegen eine (insbesondere fehlerhafte) Abmahnung einzuleiten. Denn andernfalls hätte Walter H. riskiert, dass sein Arbeitgeber zwar die (fehlerhafte) Abmahnung zurücknimmt, im Anschluss hieran jedoch eine erneute und diesmal formell richtige Abmahnung erteilt. Denn entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben ist eine Abmahnung nicht innerhalb von 14 Tagen nach dem erfolgten Pflichtverstoß auszusprechen.

Ob gegen die Abmahnung rechtlich vorgegangen werden soll ist daher jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Ein guter Anwalt wird, gerade wenn das Arbeitsverhältnis seit vielen Jahren unbelastet besteht, dazu anraten, keine Schritte einzuleiten. Ist dagegen eine Trennung beabsichtigt oder die Abmahnung vorläufiger Höhepunkt eines ohnehin schon belasteten Arbeitsverhältnisses, so kann eine Klage dazu dienen, das Ausscheiden vorzubereiten oder der Gegenseite zu verdeutlichen, dass man sich zukünftig gegen weitere Schikanen zur Wehr setzen wird.

 
Waldemar Pelke