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Dr. Martin Pröpper war am

7. März 2024 Interviewpartner des WDR: Was gilt zum Streikrecht?

Rechtsanwalt Dr. Martin Pröpper war Interviewpartner des WDR am 4. Dezember 2023.

 

Presseartikel Archiv Jahr 2000

 

Beförderung als erster Schritt zum Rausschmiss

Capital 25/2000

Freitag, 15. Dezember 2000

Kündigung. Wer zum Geschäftsführer ernannt wird, sollte genauer hinsehen. Denn er kann ab diesem Zeitpunkt leichter entlassen werden. Der Schutz des alten Arbeitsvertrags gilt laut Bundesarbeitsgericht nicht automatisch weiter.

von RA Ulrich Weber

Steigen Manager unternehmensintern zum Geschäftsführer auf, scheint die Karriere einem weiteren Höhepunkt entgegenzustreben. Zum Zeremoniell der Beförderung gehört meist, dass Verträge neu gefasst und die frisch gekürte Führungskraft mit höherem Gehalt belohnt wird. Das vorangegangene Arbeitsverhältnis wird unter solchen Vorzeichen schnell ad acta gelegt.

Doch, diese Perspektive ändert sich schlagartig im Krisenfall: Ein Geschäftsführer hat keinen gesetzlichen Kündigungsschutz. Fällt er in Ungnade, ist er allein auf die Klauseln in seinem Vertrag angewiesen ? eine bittere Erkenntnis gerade für Manager, die zuvor lange Jahre dem Unternehmen als Arbeitnehmer gedient haben.

Bislang gab es eine Hintertür: Die Gerichte ließen bei einer Kündigung manchmal das alte Arbeitsverhältnis wieder aufleben. So zum Beispiel, wenn die Führungskraft nach der Beförderung zum Geschäftsführer noch dasselbe Gehalt bekam. Der Verlust des gesetzlichen Kündigungsschutzes musste also nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 2 AZR 330/84) durch eine bessere finanzielle Ausstattung aufgewogen werden. Doch nach einem neuen Urteil des höchsten deutschen Arbeitsgerichts stehen Geschäftsführer plötzlich wesentlich schlechter da (2 AZR 207/99).

Der in diesem Fall betroffene Architekt war im Büro des Beklagten drei Jahre beschäftigt, bevor er zum Geschäftsführer einer ausgegliederten Bauträger-GmbH ernannt wurde. In dieser Position setzte er seine bisherige Tätigkeit unverändert fort.

Auch sein Gehalt änderte sich nur geringfügig. Zudem erhielt der Kläger weder einen neuen schriftlichen Vertrag, noch wurde das alte Arbeitsverhältnis ausdrücklich aufgehoben. Als die Kündigung kam, machte der Architekt seine Weiterbeschäftigung als Arbeitnehmer geltend ? blieb aber ohne Erfolg.

Das BAG fand keine Anhaltspunkte für ein Fortbestehen des vorherigen Arbeitsverhältnisses. Im Gegenteil: Bei Ausgliederung des Tätigkeitsbereichs auf eine neue GmbH werde im Zweifel der vorherige Arbeitsvertrag aufgehoben. Das gelte entgegen früherer Rechtsprechung selbst dann, wenn das Gehalt nahezu gleich bleibe. Die Ausgliederung sei auch nicht innerhalb eines Konzerns erfolgt. Denn der Inhaber des Architekturbüros war nicht Gesellschafter der Bauträger-GmbH. Dem Geschäftsführer müsse bei einem solchen Schritt klar sein, dass er seinen gesetzlichen Kündigungsschutz aufgibt. Nach der Ausgliederung habe der frühere Arbeitgeber für den Ex-Mitarbeiter keine Stelle mehr. Wer sich dennoch später auf ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis berufen wolle, brauche dafür eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung, urteilte das BAG.

Im Ergebnis zog der Kläger also den Kürzeren. Allerdings hätte es auch für seinen Ex-Arbeitgeber engwerden können, wenn die Beförderung erst nach dem 1. Mai 2000 stattgefunden hätte. Denn seit diesem Zeitpunkt muss das Ende eines Arbeitsverhältnisses schriftlich vereinbart werden. Da es jedoch im Ausgangsfall nichts Schriftliches gab, hätte der Ex-Arbeitgeber wohl wieder einen zusätzlichen Mitarbeiter an Bord gehabt.

In der Praxis ist es deshalb für beide Seiten die beste Lösung, bei einer Beförderung zum Geschäftsführer das alte Beschäftigungsverhältnis ausdrücklich aufzuheben. Der Arbeitgeber erlangt so Rechtssicherheit und für den Beschäftigten ist klar, dass er künftig leichter entlassen werden kann. Jeder Manager hat es dann selbst in der Hand, einen guten neuen Vertrag auszuhandeln, der verhindert, dass aus der Beförderung der erste Schritt zum Rausschmiss wird.

Und selbst wenn der Vertrag wirksam gewesen wäre, hätte der BGH dem Geschäftsführer nicht zu der vereinbarten Abfindung verholfen. Eine solche Regelung schränke das Recht der Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung unzulässig ein. Der "goldene Handschlag" der besonderen Art war damit von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Auf einen Blick
Risiko.

Bei einer firmeninternen Beförderung zum Geschäftsführer ist ohne schriftliche Vereinbarung häufig unklar, ob der alte Arbeitsvertrag mit dem gesetzlichen Kündigungsschutz wieder aufleben kann.

Lösung.
Um für beide Seiten Klarheit zu schaffen, sollte das alte Arbeitsverhältnis immer ausdrücklich aufgehoben werden.


Hohes Vertragsrisiko für Geschäftsführer

Capital 23/2000

Freitag, 1. Dezember 2000

Kündigung. Bei einer GmbH muss die Gesellschafterversammlung als Ganzes entscheiden, wenn ein Geschäftsführer eingestellt oder gekündigt wird. Geschieht dies nicht, sind geschlossene Vereinbarungen nur begrenzt wirksam.

von RA Ulrich Weber

Der Geschäftsführer wähnte sich in einer komfortablen Situation. Als die Welt zwischen ihm und der geschäftsführenden Gesellschafterin noch in Ordnung war, hatte er mit dieser einen für ihn recht vorteilhaft scheinenden Vertrag ausgehandelt. Darin war die ordentliche Kündigung für zehn Jahre ausgeschlossen. Wollte die Gesellschaft sich innerhalb dieses Zeitraums vom Geschäftsführer trennen, sollte der Geschäftsführer eine Abfindung in Höhe von zwei Bruttojahresgehältern erhalten. Darüber hinaus gewährte ihm sein Arbeitgeber ein Darlehen zu günstigen Konditionen.

So reagierte der Manager zunächst auch gelassen, als er nach gut dreijähriger Tätigkeit die fristlose Kündigung erhielt. Zudem forderte die geschäftsführende Gesellschafterin die sofortige Rückzahlung des Darlehens. Der Geschäftsführer konterte mit fälligen Gehaltsforderungen und berief sich auf den vertraglich vereinbarten Abfindungsanspruch.

Mit diesen Argumenten behielt er in den ersten zwei Instanzen auch Recht. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hob die beiden Urteile jetzt auf und erklärte den Dienstvertrag schlicht für unwirksam. Die aktuelle Grundsatzentscheidung (11 ZR 282198) dürfte mehr als nur eine Führungskraft betreffen: Nach Ansicht des BGH hätte der Manager nämlich seinen Vertrag nicht alleine mit der geschäftsführenden Gesellschafterin abschließen dürfen. Dafür ist die Gesellschafterversammlung als Ganzes zuständig. Sie entscheidet über den Beginn und über das Ende eines Dienstvertrages mit einem Geschäftsführer in eigener Kompetenz. Für Verhandlung und Unterschrift kann die Versammlung allerdings einen Dritten, zum Beispiel einen Gesellschafter oder Mitgeschäftsführer, bevollmächtigen. Gleiches gilt, wenn Dienstverträge geändert oder ergänzt werden sollen. So ist für jede Gehaltserhöhung oder Pensionsregelung das Plazet der Gesellschafterversammlung zwingend notwendig.

Diesen Grundsatz sollten insbesondere Geschäftsführer in mittelständischen Familienbetrieben beherzigen.

Denn dort tritt oft nur der Seniorchef als Mehrheitsgesellschafter für die GmbH in Erscheinung. Bei einer solchen Konstellation ist es weder anrüchig noch anmaßend, sich nach dem Votum der Gesellschafterversammlung zu erkundigen.

Im Beispielsfall hatte die Gesellschafterversammlung über das Ende der Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer ordnungsgemäß Beschluss gefasst. Dieser argumentierte vergeblich damit, dass alle Gesellschafter spätestens mit Ausspruch der Kündigung des Vertrags dessen Inhalt bestätigt hätten.Wegen des Formmangels sei, so der BGH, der Vertrag zwar für die bisherige Dauer der Tätigkeit wie eine wirksame Vereinbarung zu behandeln, für die Zukunft könne sich die Gesellschaft aber jederzeit von dem Vertrag lösen. Auf die Kündigungsgründe kommt es dabei nicht an. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben war für den Geschäftsführer keine Hilfe. Denn er konnte nicht darlegen, dass sämtliche Gesellschafter in rund dreijähriger Zusammenarbeit den Vertrag gekannt hatten und sich daran halten wollten.

Und selbst wenn der Vertrag wirksam gewesen wäre, hätte der BGH dem Geschäftsführer nicht zu der vereinbarten Abfindung verholfen. Eine solche Regelung schränke das Recht der Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung unzulässig ein. Der "goldene Handschlag" der besonderen Art war damit von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Auf einen Blick
Einstellung.

Über den Abschluss eines Geschäftsführervertrages muss bei einer GmbH immer die Gesellschafterversammlung als Ganzes entscheiden.

Kündigung.
Ist der Vertrag allein durch den geschäftsführenden Gesellschafter geschlossen worden, kann das Beschäftigungsverhältnis jederzeit beendet werden. Vereinbarte Abfindungsregelungen gelten in diesen Fällen nicht.


Ein Jahr Urlaub mit Rückfahrkarte

Capital 21/2000

Mittwoch, 1. November 2000

Sabbatjahr. Viele Führungskräfte träumen davon, für längere Zeit auszusteigen. Doch den meisten fehlt der Mut ? auch aus Angst vor finanziellen Einbußen. Dabei hilft ihnen ein neues Gesetz, das Minus in Grenzen zu halten.

vom RA Ulrich Weber

Ein Ausstieg auf Zeit ? diese Vorstellung ist für viele Manager zwar verlockend, erscheint jedoch in der Arbeitsrealität so weit entfernt wie die einsame Insel unter Palmen. Führungskräfte preisen das Sabbatjahr in den USA und haben gleichzeitig Berührungsängste, es selbst umzusetzen. Befürchtet werden ein Karriereknick und finanzielle Einbußen. Doch die vermeidet eine detaillierte Planung.

Die Chance auf ein Sabbatjahr ist verführerisch. Denn die meisten Anlässe für den befristeten Ausstieg sind der Mühe wert: eine Fortbildung oder der Erwerb einer konkreten Zusatzqualifikation, Zeit für die Entwicklung neuer beruflicher Perspektiven, eine intensive Familienphase oder eben doch die Weltreise.

Wer dabei auf den Schutz der Sozialversicherung nicht verzichten will, kann sich jetzt auf das ? rückwirkend zum 1. Januar 1998 in Kraft getretene ? "Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen" berufen. Das so genannte Flexi-Gesetz rettet Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung auch über längere Freizeitphasen im Arbeitsverhältnis hinweg.

Das Prinzip ist einfach: Der Arbeitnehmer arbeitet vor oder ? in, seltenen Fällen ? nach seiner Auszeit mehr als eigentlich vereinbart und baut so ein Wertguthaben auf. Dieses wird Stück für Stück abgetragen, indem er trotz Freizeit eine Vergütung bezieht und dafür auch Sozialversicherungsbeiträge zahlt. Der Gesetzgeber verlangt lediglich, dass die Freistellung schriftlich vereinbart wird. Außerdem darf die Vergütung während der Auszeit nicht so stark vom früheren Niveau abweichen, dass der Arbeitnehmer seinen bisher gewohnten Lebensstandard nicht mehr halten kann.

Auch in punkto Lebensarbeitszeit erleichtert die neue Gesetzeslage die Entscheidung für das Sabbatjahr: Damit der sanfte Übergang in den Ruhestand gelingt, kann die Auszeit auch an das Ende des Arbeitslebens gelegt und gegebenenfalls mit einer Phase der Altersteilzeit kombiniert werden. Doch solche Angebote seitens des Ar- beitgebers kann der Beschäftigte auch ablehnen. Der Chef darf dies nicht als Grund für eine Kündigung nehmen. Das Risiko einer Firmenpleite bleibt auch mit dem neuen Gesetz bestehen. Die erhebliche Mehrarbeit eines Beschäftigten als Voraussetzung für sein Sabbatjahr kann so umsonst gewesen sein. Denn für eine solche Folge der Insolvenz müssen Unternehmen keine Vorkehrung treffen.

Unter anderem um dieses Risiko zu verringern, wollen viele Arbeitnehmer möglichst schnell das Arbeitszeitkonto füllen. Ob dies gelingt, hängt davon ab, ob die Vertragspartner an das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) oder einen Tarifvertrag gebunden sind. Den größten Gestaltungsspielraum haben leitende Angestellte und Geschäftsführer, da für sie Tarifverträge und das ArbZG keine Bedeutung haben.

Arbeitnehmer dürfen hingegen pro Woche maximal 48 Stunden arbeiten. Bis zu 60 Wochenstunden sind zulässig, wenn die tägliche Arbeitszeit im Halbjahresdurchschnitt unter acht Stunden bleibt.

Tarifverträge dürfen noch restriktiver sein ? und sind es auch oft. Dennoch ist der Trend zur Flexibilisierung unübersehbar. "Zeitsouveränität der Mitarbeiter" heißt das Zauberwort. So wird zum Beispiel in der chemischen Industrie Beschäftigten immer öfter lediglich ein Zeitrahmen vorgegeben. Die Arbeitnehmer entscheiden innerhalb ihrer Gruppe selbst, wer wann und wie lange arbeitet. Diese Regelung bietet optimale Voraussetzungen für ein Sabbatjahr. Sind sich alle Team-Mitglieder einig, kann jeder für längere Zeit Urlaub machen.

Auf einen Blick
Aussteigen.

Arbeitnehmer können im Sabbatjahr weiter den Schutz von Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung beanspruchen.

Ansparen.
Um Beschäftigungszeit anzusammeln, dürfen Arbeitnehmer höchstens 60 Wochenstunden arbeiten; Tarifverträge begrenzen dies teilweise weiter. Keine Beschränkung gibt es für leitende Angestellte und Geschäftsführer.


Provision nur gegen Leistung

Capital 19/2000

Sonntag, 15. Oktober 2000

Vergütung. Erfolgsabhängige Lohnbestandteile sind bei Managern üblich. Doch um sich ihren Bonus auch bei Auseinandersetzungen zu sichern, müssen Führungskräfte auf eindeutige vertragliche Regelungen achten.

vom RA Ulrich Weber

Mitarbeitermotivation heißt momentan das Zauberwort in deutschen Chefetagen. Ein verbreitetes Mittel, um Manager zu Spitzenleistungen zu treiben, sind erfolgsabhängige Lohnbestandteile. Deshalb werden in immer größerem Ausmaß wesentliche Teile des Gehalts als Tantieme, Bonus oder Prämie vereinbart. Doch dies birgt zahlreiche Gefahren, sobald das Verhältnis zum Vorgesetzten nicht mehr ungetrübt oder sogar eine Trennung voraussehbar ist. Die vertraglichen Formulierungen müssen deshalb eindeutig sein.

So sollte unbedingt Klarheit darüber bestehen, ob sich die Erfolgsbeteiligung nach Umsatz oder Gewinn bemisst. Die Formulierung darf ferner keine Zweifel aufkommen lassen, ob auch bei Nichterreichen des angestrebten Ergebnisses eine Mindestzahlung zu leisten ist.

Wie leicht unterschiedliche Interpretationen möglich sind, zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München (7 U 6334197): Die Parteien hatten vereinbart, dass der Geschäftsführer eine erfolgsorientierte Tantieme nach Ermessen des Verwaltungsrats erhält. "Als Tantiemerahmen gilt ein Betrag von mindestens 200.000 DM bis maximal 450.000 DM", so der Vertrag im Wortlaut. Vor Gericht argumentierte der Geschäftsführer, ihm stehe ein Mindestbetrag von 200.000 Mark zu. Lediglich für den angegebenen Rahmen sei eine Ermessenstantieme des Verwaltungsrats vereinbart worden. Das beklagte Unternehmen war hingegen der Ansicht, ein Bonusanspruch hätte nur dann entstehen sollen, wenn der Kläger überhaupt in den Tantiemerahmen hineingekommen wäre. Das OLG stellte dagegen auf das Wort "mindestens" ab und verurteilte zur Zahlung.

Genau wie in diesem Fall sind die variablen Lohnbestandteile bei Führungskräften immer häufiger ermessensabhängig. Entscheidend ist somit nicht nur der Unternehmenserfolg, sondern auch das Erreichen persönlicher Leistungsziele. Auf diese sollten sich die Vertragsparteien deshalb gemeinsam verständigen. Die Praxis zeigt jedoch, dass solche Vereinbarungen in der Hektik des Arbeitsalltags häufig unterbleiben. Scheidet der Mitarbeiter aus der Firma aus, ist die Folge oft Streit über die erfolgsabhängige Vergütung. Im Zweifel wird ? wenn nie individuelle Leistungsziele vereinbart wurden ? der Bonus auf der Basis der Vorjahre pauschaliert.

Auch sonst haben Arbeitnehmer vor Gericht gute Karten. Denn bei Erfolgsbeteiligungen handelt es sich nach Meinung der Justiz um leistungsbezogene Vergütungsanteile. Der Anspruch entsteht wenn die Leistung erbracht ist. Der Arbeitgeber kann sich hier, anders als zum Beispiel beim Weihnachtsgeld, nicht die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs vorbehalten.

Der Kündigungszeitpunkt darf für die Provisionszahlung ebenfalls keine Rolle spielen, wie folgender Fall zeigt: Die Klägerin arbeitete als Verkaufsberaterin für Hochzeitspaare. Ihre Umsatzbeteiligung sollte sie im folgenden Geschäftsjahr in monatlichen Raten erhalten. Dies verweigerte der Arbeitgeber, nachdem die Verkaufsberaterin am Jahresende, kündigte. Doch die Argumentation, mit dem Ende der Mitarbeit sei der Provisionsanspruch verfallen, konnte sich vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG, 9 AZR 223/97) nicht durchsetzen.

In einem anderen Fall schlugen sich die Gerichte aber auf die Arbeitgeberseite: Wird das Leistungsziel verfehlt, entfällt dadurch der Provisionsanspruch. Dies gilt unabhängig vom Grund für die nicht erbrachte Leistung, also selbst dann, wenn der Mitarbeiter auf Grund von Krankheit fehlte, urteilte das BAG (9 AZR 273/97).

Auf einen Blick
Sieg.

Erfolgsabhängige Lohnbestandteile können nicht einseitig widerrufen oder vom Kündigungszeitpunkt des Mitarbeiters abhängig gemacht werden. Erbringt der Arbeitnehmer die Leistung, hat er Anspruch auf die Provision.

Niederlage.
Bleibt die Leistung aus, entfällt jede erfolgsabhängige Vergütung. Haben sich die Parteien nicht, wie vorgesehen, auf Leistungsziele verständigt, ist die Provision im Zweifel auf Basis der Vorjahre zu pauschalieren.


Bis ins kleinste Detail

Wirtschaftswoche 

Donnerstag, 12. Oktober 2000

von Thomas Münster mit RA Peter Rölz

Gekündigt und kaltgestellt - was Manager machen können, wenn der Rausschmiss droht.

Peter Rölz kennt das Prozedere zur Genüge: "Es ist immer das Gleiche, wenn ein Unternehmen einen Manager los werden will", sagt der Anwalt, Spezialist für Arbeitsrecht in der Frankfurter Kanzlei Ulrich Weber & Partner. "Die Firma macht dem Manager unmissverständlich klar, es gebe Differenzen. Das Beste sei eine einvernehmliche Trennung." Das heißt nach den Vorstellungen des Arbeitgebers: Eine Kündigung wird vorerst nicht ausgesprochen, vielmehr wird versucht, den angekündigten Rausschmiss mit einem freundlichen Zeugnis und mit einer angemessenen Abfindung schmackhaft zu machen. In den meisten Fällen ist das: ein halbes Monatsgehalt für jedes Jahr im Unternehmen.

Viele lassen sich auf diesen Deal ein, aber tatsächlich ist für den Manager fast immer mehr drin, als ihm freiwillig angeboten wird. Wie viel, hängt von der Stärke seiner rechtlichen Position ab, und die entscheidet, welchen Kündigungsschutz die Führungskraft hat. Die Gerichte akzeptieren eine Kündigung nur, wenn strenge Formalien eingehalten werden und es tatsächlich einen gesetzlich anerkannten Kündigungsgrund gibt. "Der pure Vertrauensverlust bei Führungskräften genügt nicht", erklärt Rölz, "das Risiko, einen Kündigungsschutzprozess zu verlieren, ist selbst für Großunternehmen mit einer qualifizierten Rechtsabteilung hoch." Denn wenn die Richter die Kündigung ablehnen, hat der Manager nicht nur Anspruch auf sein Gehalt, sondern auch auf seine Stelle. Selbst wenn der Trennungsversuch Motivation und Loyalität restlos beseitigt hat, muss der Arbeitgeber ihn auf der vertraglich fixierten Führungsposition wieder einsetzen. "Für die Firma ist das natürlich eine Katastrophe", sagt Arno Frings, Anwalt bei Menold & Aulinger in Düsseldorf.

Anders kann es aussehen, wenn im Anstellungsvertrag die Worte "in leitender Position" oder "leitender Angestellter" stehen. Denn ein Leitender im Sinn der Kündigungsschutzbestimmungen kann nicht seine Weiterbeschäftigung erzwingen. Egal wie das Verfahren ausgeht, der Arbeitgeber ist nicht zur Weiterbeschäftigung verpflichtet, er muss im schlimmsten Fall eine Abfindung in Höhe eines Jahresgehalts zahlen.

Echte Leitende sind allerdings eine Rarität. Dazu zählt außer AG-Vorständen und GmbH-Geschäftsführern nur, wer selbstständig Mitarbeiter einstellen oder entlassen kann. "Selbst Personalchefs von Großunternehmen sind selten Leitende in diesem Sinn, weil sie meist nicht allein einstellen und entlassen können", betont Anwalt Rölz, "das Gehalt spielt schon gar keine Rolle. Auch fünf Millionen pro Jahr machen niemanden zum Leitenden."

Kommt es dennoch zum Bruch, sollte der Manager und sein juristischer Beistand zumindest auf eine angemessene Zeit pochen, um in noch ungekündigter Stellung einen neuen Job suchen zu können. "Im Schnitt", so die Erfahrung von Anwalt Frings, "dauert das bei Führungskräften sechs bis neun Monate."

"Eine Kündigung ist heute zwar kein K.o.-Kriterium mehr für die Bewerbung eines Managers", weiß Volker Witzemann, Personalchef beim Münchner Automobilzulieferer Knorr-Bremse. Besser sei aber immer noch die Bewerbung aus dem Job heraus. Hier zeigen sich die Unternehmen häufig kompromissbereit, wenn auch der geschasste Manager signalisiert, dass er sich möglichst schnell nach einem neuen Arbeitgeber umsehen will.

In den meisten Fällen aber versuchen die Unternehmen den harten Schnitt der Kündigung zu vermeiden. "Wir suchen stets einen fairen Ausgleich", sagt Knorr-Personalchef Witzemann, "immerhin haben wir einen Ruf zu verlieren, der für uns bei der Suche nach Führungskräften wichtig ist." So etwas fördert natürlich die Gesprächsbereitschaft. Im Gegenzug fordern die Unternehmen aber auch Entgegenkommen "und das drückt sich meist in einem Aufhebungsvertrag aus", so Rölz. "In ihm muss sich der Manager auf einen verbindlichen Endtermin festlegen, an dem die Firma ihn spätestens ohne Kündigung los wird." Fast immer gestehen die Unternehmen dem Manager das Recht zu, schon vorher auszusteigen, wenn er eine neue Stelle hat. "Manchmal werden die durch den vorzeitigen Ausstieg frei werdenden Gehälter sogar der Abfindung zugeschlagen", betont Rölz.

Ein solcher Aufhebungsvertrag umfasst und regelt alles bis ins kleinste Detail. Dazu gehört das Zeugnis und ganz wichtig - die Abfindung. Unternehmen verweisen gerne auf die Regelsätze von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als absolute Obergrenze. "Diese angebliche Grenze ist aber frei erfunden", warnt Rölz. Anwalt Frings spricht in diesem Zusammenhang sogar von "bodenlosem Unfug", denn "die Abfindung ist der Preis dafür, dass dem Mitarbeiter der Kündigungsschutz abgekauft wird. Und dafür gibt es kein Limit".

Gleichzeitig warnt er aber, die Forderungen leichtfertig in unangemessene Höhen zu schrauben. "Das kann Unternehmen dazu zwingen, noch härtere Geschütze aufzufahren und eine fristlose Kündigung auszusprechen." Auch wenn die rechtlich völlig haltlos ist, werden dadurch erst einmal Fakten geschaffen: Der Manager ist draußen, er bekommt kein Geld, das bringt ihn unter großen Druck, selbst wenn er am Schluss gewinnt.

Manchmal schafft es das Unternehmen sogar, eine gerichtlich halbwegs tragfähige fristlose Kündigung zu konstruieren. Oft wird dabei mit der Privatnutzung des Dienstwagens argumentiert, die nicht selten verboten ist. In der Praxis hält sich daran jedoch kaum einer. Auch wenn das Unternehmen die private Nutzung stillschweigend - selbst über lange Zeiträume - toleriert, im Ernstfall ist Justizia auf Seiten des klagenden Unternehmens. "Die Gerichte segnen das meist ab", bestätigt Anwalt Frings.

Gefährlich wird es auch, wenn Unternehmen die Trennung schleichend vorbereiten und die Kompetenzen ungeliebter Manager scheibchenweise beschneiden. Lassen sich Führungskräfte das gefallen, schwächt das ihre spätere Verhandlungsposition. "Sofort zum Anwalt", rät Rölz, "der prüft die rechtlichen Möglichkeiten gegen den Eingriff." Dann muss es schnell gehen, sonst können die Gerichte später das Stillschweigen als Einverständnis interpretieren. Am besten: Sofort ein Vorbehalt in die Personalakte und spätestens nach drei Wochen klagen.

Anwalt Frings weiß, wie bitter solche Situationen sind: "Manager sind gewohnt zu kündigen, nicht dass ihnen gekündigt wird." Dennoch macht er Mut: "Gefeuerte Manager sollten die Entlassung als Chance zur Neubesinnung in der Karriere begreifen. Die meisten, die wegen Kündigung zu uns in die Kanzlei kamen, haben sich nachher beruflich verbessert."

>> Viele Mittelständler tun sich schwer, das Lebenswerk in andere Hände zu legen <<


Tipps und Tricks beim Abschluss von Anstellungsverträgen für Manager

SesselWechsel

Montag, 9. Oktober 2000

Teil 3

von RA Peter Rölz und RAin Katharina Meyer

3. Teil:
Die richtige Vertragsgestaltung hinsichtlich Bezüge, Tantieme, Bonus und Dienstwagen des Managers
Weder Vorstände einer Aktiengesellschaft noch Geschäftsführer einer GmbH üben eine Arbeitnehmertätigkeit im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) aus. Die Arbeitsgerichte sind daher für Streitigkeiten zwischen den Managern, die zugleich Organ der Gesellschaft sind, grundsätzlich nicht zuständig. Sind also einzelne Regelungen des Anstellungsvertrages in Streit oder bestehen Auslegungsprobleme und eine gütliche Einigung ist nicht erzielbar, käme nur noch eine gerichtliche Klärung vor den ordentlichen Zivilgerichten in Betracht. Im Gegensatz zum Arbeitsgericht, bei dem jede Partei unabhängig vom Prozessausgang ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, besteht bei den ordentlichen Zivilgerichten ein erhebliches Kostenrisiko im Fall des Unterliegens im Prozess. Kommt es allerdings erst einmal zum Prozess, ist das für die weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensverhältnis meistens - endgültig- zerstört.

Ein weiteres Kostenrisiko besteht für den Manager, der eingetragenes Organ ist, hinsichtlich einer eventuell abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung. Als eingetragenes Organ und Dienstnehmer fällt er auch bei der Rechtsschutzversicherung nicht unter den Arbeitnehmerrechtsschutz, hat also hier keine Kostendeckung. Will man als Organvertreter dieses Risiko versichern, muß zwingend eine gesonderte Police abgeschlossen werden. Bei Topmanagern und leitenden Führungskräften führen häufig unklare Tantiemeregelungen zu Auseinandersetzungen, insbesondere dann, wenn das einst so unschlagbare Team vor der Trennung steht.

In nahezu allen Anstellungsverträgen eines Managers finden sich Tantiemevereinbarungen. Neben dem vereinbarten Festgehalt haben die Manager stets die Möglichkeit eine solche "Erfolgsbeteiligung" auszuhandeln, die in der Praxis in unterschiedlichster Weise ausgestaltet sind. Es gibt die Möglichkeit der Vereinbarung einer Gewinntantieme, die Ermessenstantieme, die Garantietantieme und der Umsatztantieme. Unabhängig davon welche Alternative gewählt wird, es ist stets eine rechtlich eindeutige Regelung erforderlich, ansonsten birgt die verfehlte Tantiemeregelung Risiken für beide Seiten.

Der Manager fährt am sichersten mit einer Garantietantieme. Die wird ihm nämlich unabhängig von der Erreichung gewisser Ziele gezahlt. Sie wirkt wie die Zusage eines festen Bezuges. Eine Unterscheidung wird in der Praxis oftmals nur getroffen, um die versorgungsfähigen Bezügen von den sonstigen Bezügen zu unterscheiden. Versorgungsordnungen stützen sich oftmals bei der Berechnung des Betriebsrentenanspruchs auf das Basisgehalt, so daß die gewährte Garantietantieme für die Höhe der Betriebsrente keine Berücksichtigung findet. Diese Auswirkung sollte bei der Vertragsgestaltung berücksichtigt werden. Zunehmend werden allerdings Tantiemeregelungen vereinbart, die im Ermessen des Unternehmens stehen. Diese für den Manager sehr ungünstige Regelung sollte vermieden werden, da gegen die Streichung einer solchen freiwilligen Zahlung rechtliche Schritte kaum möglich sind. Ein Rechtsanspruch auf Zahlung kann erst dann entstehen, wenn die Zahlung in der Vergangenheit vorbehaltlos geleistet wurde. In einem solchen Fall kommt insbesondere bei leitendenden Angestellten und bei Fremdgeschäftsführern das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung zur Anwendung. Voraussetzung ist allerdings, daß eine ausreichende Zahl von vergleichbaren Fällen vorliegt und zuvor mindestens dreimal ohne Vorbehalt geleistet wurde. Ferner kann auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zur Anwendung kommen. Um das Risiko des Managers zu vermeiden kann hier auch eine Mindesttantieme vereinbart werden.

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern kann die Vereinbarung einer solchen Tantiemeregelung wegen des Ermessens und der zuvor nicht festgelegten Berechnungsmethode bei tatsächlicher Auszahlung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Gerade bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer ist die Vereinbarung eines angemessenen und klar geregelten Gehaltes bereits aus steuerlichen Gründen dringend geboten.

Am sinnvollsten ist die Vereinbarung einer Erfolgstantieme. Sie stellt entgegen der Umsatzbeteiligung sicher, daß der Manager mit persönlichem Interesse an einer guten Ertragssituation des Unternehmens seinen Job erledigt. Der Manager hat klare Kriterien, aus denen sich heraus sein Anspruch ergibt. Er wird entsprechend motiviert und muss nicht das Gefühl haben, der Willkür der Gesellschaft oder des Aufsichtsrates ausgesetzt zu sein. Die Gewinntantieme ist in der Regel an den Jahresgewinn der Gesellschaft gebunden. Wichtig ist bei der Vertragsgestaltung, daß die Bemessungsgrundlage eindeutig beschrieben wird. In Betracht kommen der Jahresüberschuss, der Bilanzgewinn, der Jahresumsatz und das Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Nach § 86 Abs. 1 AktG soll die den Vorstandsmitgliedern zugesagte Beteiligung am Gewinn in der Regel in einem Anteil am Jahresgewinn der Gesellschaft bestehen. Nach § 86 Abs. 2 AktG ist der Anteilsberechnung der Jahresüberschuss zu Grunde zu legen, der sich nach Abzug eines Verlustes aus dem Vorjahr, sowie der nach Gesetz oder Satzung in Gewinnrücklagen einzustellende Beträge ergibt. Mit dem Urteil vom 3. 7. 2000 (II ZR 12/99) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass es sich bei dieser Vorschrift nicht um eine zwingende Regelung handelt. Diese Regelung kann nach den Ausführungen des Senates abbedungen werden, soweit dadurch die von dieser Vorschrift gezogene, der Sicherung der Aktiengesellschaft dienende, Grenzen nicht tangiert werden. Danach ist auch die Vereinbarung einer dividendenabhängigen Tantieme zulässig. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatten die Parteien die von ihnen getroffene Vereinbarung über eine dividendenabhängige Tantieme übereinstimmend in der Weise ausgeführt, dass die zur Einstellung in andere Gewinnrücklagen bestimmten Beträge von dem der Berechnung der Tantieme zu Grunde gelegten Jahresüberschuss abgesetzt wurden. Nach Auffassung des BGH konnten die nach Auflösung der Gewinnrücklagen zur Ausschüttung an die Aktionäre freigesetzten Beträge bei der Berechnung der Tantieme berücksichtigt werden.

Zur Klarstellung empfiehlt sich bei der Vertragsgestaltung weiterhin die Aufnahme einer Pro-rata-Temporis-Regelung, nach der dem Manager im Eintritts- und Austrittsjahr die Tantieme zeitanteilig gezahlt wird.

Ein weiteres gängiges Instrument zur Vergütung und Motivation von Führungskräften ist die Einräumung von Aktienoptionen. Mit der Übertragung einer Aktienoption erhält der Manager die Grundlage dafür, zukünftig Aktien der Gesellschaft zu dem Ausgabepreis zu erwerben. Bei Abschluß des Anstellungsvertrages ist allerdings noch ungewiß, ob die Übertragung des Optionsrecht in Zukunft zu einer zusätzlichen Vergütung des Begünstigten führt. Mit der Übertragung des Optionsrechts erhält der Begünstigte zunächst einmal eine Erwerbschance, die sich entsprechend der Leistungen des Managements zukünftig in einer Wertsteigerung des Unternehmens realisiert.

Die Festsetzung der Bezüge liegen bei Vorstandsmitgliedern der Aktiengesellschaft beim Aufsichtsrat. Der § 87 Absatz 1 Satz 1 Aktiengesetz (AktG) regelt in diesem Zusammenhang, daß bei der Festlegung der Vergütung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens sowie die Bedeutung der Position zu berücksichtigen sind. Gemäß § 87 Absatz 2 AktG ist der Aufsichtsrat zur Reduzierung der Bezüge des Vorstands berechtigt, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nachträglich in erheblichem Umfang verschlechtert und die Erfüllung der Vergütungsabsprachen für die Gesellschaft vor diesem Hintergrund unbillig wäre. Die Reduzierung des Gehaltes nur bei einem von mehreren Vorstandsmitgliedern wäre allerdings unzulässig. Es ist nur ein alle Vorstandsmitglieder gleichermaßen treffender Eingriff in die Vergütungsabrede zulässig.

Für Geschäftsführer gibt es keine gleichlautende Vorschrift. Allerdings wird auch der GmbH-Geschäftsführer verpflichtet sein, bei einer existenzgefährdenden Notlage sich mit der Reduzierung seiner Bezüge einverstanden zu erklären. Anders als das Vorstandsmitglied hat der GmbH-Fremd-Geschäftsführer auch ohne eine schriftliche Zusage aufgrund seiner arbeitnehmerähnlichen Stellung einen Anspruch auf eine jährliche Gehaltserhöhung oder eine Bonuszahlung. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, daß innerhalb des Unternehmens in vergleichbaren Fällen eine Gehaltserhöhung oder eine Sonderzahlung geleistet wurde. Anspruchsgrundlage ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Geschäftsführer darf nicht schlechter behandelt werden als andere Mitgeschäftsführer. Werden aufgrund einer generalisierten Regelung regelmäßig Gehaltserhöhungen oder Bonuszahlungen vorgenommen, so können ohne sachlichen Grund Einzelne hiervon nicht ausgenommen werden. Der leitende Angestellte kann sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz unter vorgenannten Voraussetzungen berufen, sofern mit ihm vergleichbare weitere Leitende Angestellte solche Zuwendungen erhalten. Weiss er nicht, ob überhaupt und in welcher Höhe ein Bonus gezahlt wurde kann er im Wege einer Stufenklage auf der ersten Stufe zunächst einen Auskunftsanspruch gelten machen, um sodann auf der zweiten Stufe seinen Zahlungsanspruch beziffern zu können.

Sofern sich der GmbH-Geschäftsführer von den leitenden Angestellten in seiner dienstvertraglichen Stellung vor allem nur durch die Ausübung der organschaftlichen Funktion unterscheidet, ohne dass sich die Anstellungsverträge wesentlich unterscheiden, darf auch der Geschäftsführer bei zusätzlichen Leistungen an die Angestellten nicht schlechter gestellt werden.

Ein weiterer wesentlicher Vergütungsbestandteil ist der Dienstwagen in Form eines Sachbezuges, der auch für Privatfahrten überlassen wird. Solange der Dienstvertrag nicht beendet ist, hat der Manager wie der Zahlung der monatlichen Vergütung Anspruch auf einen auch zu privat zu nutzenden Dienstwagen. Sollte das Unternehmen vertragswidrig handeln und den Dienstwagen absprachewidrig vorenthalten, ist sie dem Manager zum Schadensersatz für den entgangenen Nutzungsvorteil verpflichtet. Ohne weiteres zulässig ist die Vereinbarung eines sogenannten Widerrufsvorbehalts. Damit ist das Unternehmen in der Lage, dem Manager den Vergütungsbestandteil "Dienstwagen" wieder zu entziehen. Es empfiehlt sich der Abschluss einer Vollkaskoversicherung. Anders als beim "normalen" Angestellten gelten bei Geschäftsführern und Vorständen zwar nicht die arbeitsrechtlichen Grundsätze der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung. Aber auch das Unternehmen muss sich unter Umständen im Schadensfall entgegenhalten lassen, ihr Eigentum an dem Fahrzeug nicht hinreichend durch den Abschluss einer Vollkaskoversicherung geschützt zu haben. Wird der Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen, so liegt ein geldwerter Vorteil vor, der zu versteuern ist. Zur Ermittlung des geldwerten Vorteils kann zwischen der Führung eines Fahrtenbuches oder der Pauschalbesteuerung gewählt werden. Die Pauschalbesteuerung sieht vor, daß für den monatlichen Nutzungsvorteil 1% des auf volle 100 DM abgerundeten Bruttolistenpreises anzusetzen ist. Darüber hinaus sind für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte weitere 0,03 % des auf volle 100 DM abgerundeten Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer hinzuzurechnen. Beträgt beispielsweise der Bruttolistenpreis des Fahrzeuges 100.000 DM und die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 30 KM, so sind monatlich 1.900 DM zusätzlich zu versteuern.

Zu einer angemessenen Vertragsgestaltung gehört bei den Managern neben voran angeführten Vergütungsbestandteilen auch die Zusage der Fortzahlung des Gehaltes im Krankheitsfall für die Dauer in der Regel bis zu sechs Monaten. Vorstände und Geschäftsführer fallen mangels eines Arbeitnehmerstatus nicht unter den Schutz des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Zwar sind sie zunächst durch die Vorschrift des § 616 BGB geschützt, nach der die Vergütung bei Verhinderung der Dienstleistung ohne Verschulden weiterhin zu zahlen ist. Jedoch bietet eine vertragliche eindeutige Regelung mehr Rechtssicherheit.

Die Autorin
Katharina Meyer
ist Rechtsanwältin in der Frankfurter Kanzlei der Rechtsanwälte Ulrich Weber & Partner. Sie beschäftigt sich ausschließlich mit Themen im Bereich Arbeits- und Gesellschaftsrechts. Zu ihren Interessenschwerpunkten zählen neben der Beratung von Betriebsräten und Unternehmen bei Betriebsänderungen, die Führung von Kündigungsschutzprozessen, sowie die Beratung von Führungskräften bei Abschluss, Änderung und Aufhebung von Anstellungsverträgen. Neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin ist Frau Meyer Referentin für Fachseminare zu allen Themen des Arbeitsrechtes.

Zur Person/Der Autor
Peter Rölz
ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Frankfurt. Er leitet das Frankfurter Büro der Rechtsanwälte Ulrich Weber und Partner. Herr Rölz war zuvor bei der Adam Opel AG als Leiter der Abteilung Arbeitsrecht tätig, wo er neben sämtlichen Fragestellungen des "Arbeitsrechts in der betrieblichen Praxis" auch an der Entwicklung und Implementierung eines Systems zur Krankenstandsreduzierung wesentlich beteiligt war. Herr Rölz ist seit mehreren Jahren mit der anwaltlichen Vertretung von Unternehmen und Führungskräften beim Abschluss von Aufhebungsverträgen und Abfindungsvergleichen befasst. Er berät daneben Firmen und Betriebsräte bei Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen innerhalb und außerhalb der Einigungsstelle.


Schwierige Flucht aus dem Tarifvertrag

Capital 17/2000

Sonntag, 1. Oktober 2000

Tarifrecht. Immer mehr Unternehmen sind die Gängelungen der Tarifverträge leid. Doch um Löhne und Arbeitszeiten flexibler zu gestalten, reicht der Austritt aus dem Arbeitgeberverband alleine nicht. Es existieren weitere rechtliche Hürden.

von RA Ulrich Weber

Wenn die Kassen leer sind und die Geschäftsführung eines Unternehmens an Sparmaßnahmen denkt, sind diese meist nicht einfach durchzusetzen. Sollen zum Beispiel Fertigungs- oder Dienstleistungsbereiche ausgegliedert werden, werfen Arbeitnehmervertreter der Firmenleitung Tarifflucht vor und verweigern die Zustimmung. Die Unternehmensleiter geben dann nicht selten trotzig zurück, man könne ja auch mit dem ganzen Unternehmen aus dem Arbeitgeberverband austreten. Dann müsse die Firma nicht mehr den hohen Tariflohn zahlen, was die Situation schlagartig verbessere.

Doch solche Ideen erweisen sich in der Realität oft als Flop: Zwar verbindet sich mit dem Stichwort Tarifflucht außer Abenteuerlust und Risikofreude auch die Hoffnung auf niedrigere Personalkosten. Aber wer sich der Tarifbindung entziehen will, muss zunächst wissen, wohin die Reise gehen soll. Denn nur aus dem Arbeitgeberverband auszutreten, hilft nicht weiter. Die Regelung in § 3, Abs. 3 Tarifvertragsgesetz (TVG) definiert die Falle so: "Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet." Im Klartext: Nach dem Verbandsaustritt bleibt alles beim Alten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) spricht auch unverblümt aus, worum es bei dieser gesetzlichen Regelung geht: Der "Missbrauch privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten" soll verhindert werden.

Und als ob dies aus Sicht des Fluchtwilligen nicht schon schlimm genug ist, hat der Gesetzgeber die rechtlichen Hürden für geringere Personalkosten noch höher gelegt: .Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden", bestimmt Paragraph 4, Abs. 5 TVG. Diese Regelung zieht laut BAG selbst dann, wenn der Arbeitgeber den Zeitpunkt seines Verbandsaustritts so wählt, dass zugleich der unerwünschte Tarifvertrag ausläuft (4 AZR 1062194). Im Ergebnis müssen sich Firmenleitung und Arbeitnehmervertreter auf eine neue Vereinbarung verständigen, wenn sie sich aus der alten Tarifbindung lösen wollen (4 AZR 546/95). Wie diese neue Regelung aussieht, ist hingegen offen. Der Arbeitgeber kann zum Beispiel mit der zuständigen Gewerkschaft einen Haustarifvertrag schließen. Es reicht ebenfalls, einen anderen Tarifvertrag für allgemein verbindlich zu erklären. Schließlich genügt eine Klausel in den Arbeitsverträgen, wonach die für die Firma jeweils gültigen Tarifverträge Anwendung finden.

Die Tarifflucht gelingt also nur, wenn sich der Fliehende der Obhut eines neuen Tarifs unterstellt. Das geschieht unter anderem bei einem Verbandswechsel, der für das gesamte Unternehmen, aber auch nur für einzelne Firmenteile vollzogen werden kann. Letzteres ist häufig bei Outsourcing der Fall. Die Beschäftigten in der Kantine oder beim Werkschutz eines Automobilbauers finden sich dann nicht mehr im Geltungsbereich der IG Metall wieder, sondern im Tarifvertrag des Gaststätten- beziehungsweise Sicherheitsgewerbeverbands. Selbst diese Lösung ist nur möglich, wenn die betroffenen Arbeitnehmer einverstanden sind. Allerdings kann die Zustimmung auch vorab eingeholt werden. Es ist zulässig, mit sämtlichen Beschäftigten im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, dass für sie die jeweiligen Regelungen gelten, wenn die Firma den Tarifvertrag wechselt. Bei der gegenwärtigen Rechtslage ist eine solche Klausel für Unternehmen sogar die einzige Möglichkeit, flexibel zu bleiben.

Summary.
Flucht.

Der Austritt aus dem Arbeitgeberverband ändert nichts an der Tarifgebundenheit eines Unternehmens. Der Tarifvertrag mit den entsprechenden Gehältern gilt weiter, bis eine andere Vereinbarung getroffen wird.

Ziel.
Um die Löhne zu senken, muss die Firmenleitung einen Haustarifvertrag vereinbaren oder sich einem neuen Arbeitgeberverband anschließen. Ein solcher Tarifvertragswechsel kann auch für einzelne Unternehmensteile erfolgen.


Tipps und Tricks beim Abschluss von Anstellungsverträgen für Manager

SesselWechsel

Montag, 21. August 2000

Teil 2

von RA Peter Rölz und RAin Katharina Meyer

2. Teil:
Die richtige Vertragsgestaltung - Inhalt der Tätigkeit und Laufzeit des Vertrages
Geschäftsführer können sich gegen eine Abberufung aus ihrem Amt kaum rechtlich wehren. Auch die Möglichkeiten eines Vorstandsmitgliedes sind dabei eher begrenzt. Zumindest der Entzug des Vertrauens durch die Hauptversammlung ist für die Gesellschaft relativ einfach herbei zu führen. Die einzige wirtschaftliche Absicherung liegt für Top-Manager in einer vernünftigen Gestaltung des schuldrechtlichen Anstellungsvertrages.

Dass sich Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder überhaupt auf ihre vertragliche Situation rechtswirksam berufen können bedingt zunächst, dass der Anstellungsvertrag auf der Seite des Unternehmens auch rechtswirksam geschlossen wurde. Zuständig für den Abschluss und den Inhalt des Anstellungsvertrages sind bei der Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat, bei der GmbH die Gesellschafter.

Der Aufsichtsrat kann sich hinsichtlich des Abschlusses des Anstellungsvertrages von einem aus seiner Mitte gebildeten Personalausschuss vertreten lassen. Zu beachten ist allerdings, dass sich diese Vertretungsbefugnis ausschließlich auf den Abschluss des Anstellungsvertrages erstreckt. Sowohl bei einer "Erstbestellung" als auch bei einer Wiederbestellung kann sich der Aufsichtsrat nicht vertreten lassen, sondern muss als Kollegialorgan beschließen (§ 107 Abs. 3 AktG). Im übrigen ergibt sich aus den aktienrechtlichen Regelungen, dass der Anstellungsvertrag eines Vorstandes zwingend mit der Aktiengesellschaft geschlossen werden muss. Ein Anstellungsvertrag mit einem Dritten, wie er etwa im Fall eines GmbH-Geschäftsführers möglich wäre, kommt wegen der zwingenden aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung nicht in Betracht.

Der GmbH-Geschäftsführer kann nicht wirksam von dem Mitgeschäftsführer eingestellt werden. Für den Abschluss seines Dienstvertrages ist vielmehr dasjenige Organ zuständig, welches auch über die Bestellung beschließt, d.h. die Gesellschafterversammlung. Jedoch können die Gesellschafter einen oder mehrere von ihnen, oder auch einen Geschäftsführer ermächtigen, den von ihnen gefassten Beschluss auszuführen, nicht jedoch an ihrer Stelle zu beschließen. Nichts anderes gilt, wenn das Dienstverhältnis nach erfolgter Bestellung neu geregelt werden soll. Unterliegt die GmbH dem Mitbestimmungsgesetz da sie mehr als 2000 Mitarbeiter beschäftigt, muss über die Bestellung und die Anstellung wie bei einer Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat entscheiden.

Der schuldrechtliche Anstellungsvertrag des Organs einer Gesellschaft unterscheidet sich inhaltlich nicht wesentlich von normalen Arbeitsverträgen. Wie jeder Arbeitsvertrag regelt der Anstellungs- bzw. Dienstvertrag eines Organs grundsätzlich die Laufzeit des Vertrages bzw. die Kündigungsfrist, die Höhe der Vergütung, den Dienstwagen, Urlaubsansprüche, Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall, Pensionszusagen, Wettbewerbsverbote und den Inhalt der Tätigkeit. Da Vorstände und Geschäftsführer einer GmbH im Gegensatz zu den sonstigen Angestellten eines Unternehmens keinen Kündigungsschutz genießen, ist gerade die Ausgestaltung des Anstellungsvertrages und insbesondere die Art des Vertrages, d.h. ein befristeter oder unbefristeter Vertrag bzw. die Vereinbarung einer langen Kündigungsfrist, von erheblicher Bedeutung. Im Hinblick auf die Amtszeit des Vorstandsmitglied ist insbesondere § 84 AktG zu beachten. Unbefristete Vorstandsverträge sind in keinem Fall zulässig.

Gerade durch die Vereinbarung einer langen Kündigungsfrist oder eine lange Festlaufzeit bei Geschäftsführern einer GmbH ist bei einer späteren Auseinandersetzung die Möglichkeit zur Durchsetzung einer hohen Abfindungssumme relativ sicher. Auch der leitende Angestellte, der zwar den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes genießt, kann seine Verhandlungsposition durch die Vereinbarung einer langen Kündigungsfrist stärken. Nicht selten schließen Geschäftsführer einer GmbH unbefristete Verträge ab um flexibel zu bleiben. Geht es aber später um die Verhandlung einer hohen Abfindungssumme zeigt sich diese Regelung jedoch als ein Fehler. Auch wenn der Unternehmenslenker große Verdienste für die Firma gebracht hat, bleibt all das bei der dann beabsichtigten Vertragsaufhebung unberücksichtigt. Abfindungen werden meistens nicht freiwillig gezahlt. Der so gerne zitierte "goldene Handschlag" ist kein Ausdruck für Annerkennung der erfolgreichen Arbeit, sondern ist Ausfluss einer guten Vertragsverhandlung. Noch fataler sind unbefristete Verträge ohne eine vereinbarte Kündigungsfrist, da in diesem Fall die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten. Ein Manager mit einer Beschäftigungsdauer von zwei Jahren ist danach mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats kündbar. Bei einer solchen Ausgangssituation ist an eine hohe Abfindung selbstverständlich nicht mehr zu denken. Ist der Manager allerdings nicht Fremdgeschäftsführer, sondern beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer oder Vorstand, so gelten für ihn die noch kürzeren Fristen des § 621 BGB.

Eine gute Ausgangslage für die Abfindungsverhandlungen sind Verträge mit einer langen Festlaufzeit. Insbesondere der Angestellte, der sich zum Geschäftsführer hoch gearbeitet hat, sollte den damit verbundenen Verlust des Kündigungsschutzes sich durch eine lange Festlaufzeit absichern. Zwar steigt mit dem Aufstieg in die Geschäftsführerebene das Ansehen und zumeist auch die Vergütung nicht unerheblich, doch die soziale Absicherung sinkt.

In der Praxis finden sich in Verträgen vermehrt Klauseln, wonach auch ein Vertrag mit Festlaufzeit ordentlich kündbar ist. Wurde dies bei Vertragsunterzeichnung übersehen, so kann es im Fall einer Kündigung zu bösen Überraschungen kommen, insbesondere für den Manager, der sich aufgrund der verhandelten langen Festlaufzeit abgesichert gefühlt hat. Grundsätzlich endet ein befristeter Vertrag mit Ende des Fristablaufs automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Solche Verträge sind grundsätzlich nicht ordentlich sondern nur noch außerordentlich kündbar. Etwas anderes gilt aber, wenn sich das Unternehmen die ordentliche Kündigung im Vertrag vorbehalten hat, was rechtlich möglich ist.

Die Dauer des Vertrages ist reine Verhandlungssache. Beim Geschäftsführer einer GmbH gibt es keine gesetzliche Einschränkung. Anders hingegen beim Vorstand einer Aktiengesellschaft. Hier gilt es § 84 AktG zu beachten, wonach die Bestellung des Vorstandes nur für maximal fünf Jahre vorgenommen werden darf. Der Abschluss eines unbefristeten Vertrages ist daher bei einem Vorstand zwingend ausgeschlossen. Die Verträge mit einem Geschäftsführer einer GmbH werden in der Praxis oftmals auf fünf Jahre befristet abgeschlossen. Wird das Anstellungsverhältnis für mehr als fünf Jahre abgeschlossen, gilt der § 624 BGB, wonach der Vertrag nach Ablauf des fünf Jahreszeitraums mit Einhaltung einer Frist von sechs Monaten einseitig aufkündbar ist. Sofern eine feste Vertragslaufzeit nicht verhandelt werden kann, sollte jedoch auf eine lange Kündigungsfrist bestanden werden. In der Praxis sind Regelungen, die eine Frist von sechs oder zwölf Monaten zum Halb- oder Jahresende vorsehen, nicht unüblich und können durchaus gefordert werden.

Vorstände und GmbH-Geschäftsführer sollten vor der Unterzeichnung ihres Vertrages ferner prüfen, ob die Laufzeit des Anstellungsvertrages nicht an die Dauer der Bestellung geknüpft ist. Zum Schutz des Unternehmens sehen viele Dienstverträge eine solche Koppelung vor. Hiervon kann aus Sicht des Dienstnehmers nur dringend abgeraten werden, da gerade die Bestellung beim Geschäftsführer einer GmbH jederzeit und beim Vorstand einer Aktiengesellschaft bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen werden kann. Das Gesetz sieht eine solche Verknüpfung des Anstellungsverhältnis von dem Organverhältnis zwar gerade nicht vor. Auf der andere Seite ist es aber rechtlich zulässig im Anstellungsvertrag eine solche Koppelung zu vereinbaren. Enthält der Anstellungsvertrag eine derartige Regelung, ist eine hohe Abfindungsforderung im Fall der Beendigung der Anstellungsverhältnis kaum realisierbar. Für den Manager heißt es also, bei den Vertragsverhandlungen auf eine lange Festlaufzeit zu bestehen oder eine lange Kündigungsfrist zu vereinbaren und den Vertrag auf mögliche Fallstricke, wie die ordentliche Kündigungsmöglichkeit trotz befristetem Vertrag oder einer Koppelung des Anstellungsverhältnis an die Organschaft, zu überprüfen.

Ferner ist der Vertrag auf Versetzungsklauseln zu untersuchen. Arbeitgeber sind stets bemüht, sich durch eine einzelvertragliche Direktionsrechtsklausel einen zwangsweisen Einsatz des Managers auch auf einem anderen Arbeitsplatz offen zuhalten. Eine Klausel, wonach sich der Arbeitgeber vorbehält den Manager auf jeden anderen zumutbaren Arbeitsplatz zu versetzen, kann zu einer Versetzung quer durch das Unternehmen führen. Will man dies vermeiden, sollte man sich die Vertragsverpflichtungen auf eine konkrete Position festschreiben lassen. Dies hat allerdings den Nachteil, dass der Arbeitsplatz durch Umorganisationsmaßnahmen leicht in Gefahr gebracht werden kann. Beispiel: Dr. K. ist Pressesprecher der C-GmbH. Der Arbeitsvertrag sieht keine Option vor, Dr. K. auch anderweitig einzusetzen. Als K. beim Geschäftsführer der C-GmbH in Ungnade fällt, trifft die Firma die unternehmerische Entscheidung, zukünftig keinen Pressesprecher zu beschäftigen und kündigt Dr. K. betriebsbedingt. Gelingt es der C-GmbH im Prozess den Wegfall des Arbeitsplatzes schlüssig darzulegen, kann Dr. K. in einem Prozess kaum auf eine Abfindung spekulieren.

Sofern das Unternehmen auf eine Versetzungsklausel besteht, sollten Führungskräfte auf eine konzernweite Erstreckung dieser Regelung Wert legen. Im Falle des Wegfalls eines Arbeitsplatzes muss das Unternehmen vor einer betriebsbedingten Kündigung in solch einem Falle jeden freien und zumutbaren Arbeitsplatz im Konzern anbieten. Eines ist für den Manager jedoch auch bei der Existenz einer Versetzungsklausel wichtig. Auch wenn sich das Unternehmen die Zuweisung einer anderen Aufgabe vorbehält, muss diese sowohl wirtschaftlich als auch hinsichtlich ihre sozialen Ansehung mindestens dem entsprechen, was der Mitarbeiter zuvor gearbeitet hat.

Bei GmbH-Geschäftsführern stellt sich in der Praxis häufig bei Abberufung aus der Organstellung die Frage, ob der ehemalige Geschäftsführer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine anderweitige Tätigkeit zugunsten der Gesellschaft übernehmen muss um sein Geld zu verdienen. In der Praxis ist diese Frage äußerst umstritten. Nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe (Urteil v. 25.8.1995 - 15 U 286/94) muß sich ein ehemaliger Geschäftsführer darauf einlassen eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten angemessene leitende Stellung einzunehmen, falls er weiterhin seine vertragsgemäßen Bezüge erhalten und nicht Gefahr laufen will auch noch fristlos gekündigt zu werden. In der Praxis werden sich jedoch kaum vergleichbare, d.h. zumutbare knapp unter der Geschäftsführerebene liegende, leitende Stellungen finden lassen. Der Geschäftsführer ist auf keinen Fall verpflichtet, irgendwelche Arbeiten zu übernehmen. Im Hinblick auf die Stellung des Vorstandsmitgliedes gilt Gleiches. Ansonsten ergeben sich die inhaltlichen Pflichten des GmbH-Geschäftsführers und des Vorstands in der Regel aus den Geschäftsordnungen und Satzungen des jeweiligen Unternehmens. Verfügt eine Gesellschaft über mehrere Geschäftsführer oder Vorstände, wird meistens bereits im Vertrag aufgenommen, welche Aufgabenbereiche bzw. Ressorts der künftige Unternehmensleiter übernimmt.

Zur Person/Der Autor
Peter Rölz
ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Frankfurt. Er leitet das Frankfurter Büro der Rechtsanwälte Ulrich Weber und Partner. Herr Rölz war zuvor bei der Adam Opel AG als Leiter der Abteilung Arbeitsrecht tätig, wo er neben sämtlichen Fragestellungen des "Arbeitsrechts in der betrieblichen Praxis" auch an der Entwicklung und Implementierung eines Systems zur Krankenstandsreduzierung wesentlich beteiligt war. Herr Rölz ist seit mehreren Jahren mit der anwaltlichen Vertretung von Unternehmen und Führungskräften beim Abschluss von Aufhebungsverträgen und Abfindungsvergleichen befasst. Er berät daneben Firmen und Betriebsräte bei Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen innerhalb und außerhalb der Einigungsstelle.

Die Autorin
Katharina Meyer
ist Rechtsanwältin in der Frankfurter Kanzlei der Rechtsanwälte Ulrich Weber & Partner. Sie beschäftigt sich ausschließlich mit Themen im Bereich Arbeits- und Gesellschaftsrechts. Zu ihren Interessenschwerpunkten zählen neben der Beratung von Betriebsräten und Unternehmen bei Betriebsänderungen, die Führung von Kündigungsschutzprozessen, sowie die Beratung von Führungskräften bei Abschluss, Änderung und Aufhebung von Anstellungsverträgen.
Neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin ist Frau Meyer Referentin für Fachseminare zu allen Themen des Arbeitsrechtes.


Showdown auf der Hauptversammlung

Capital 15/2000

Dienstag, 15. August 2000

Arbeitsrecht. Regelmäßig entscheiden Hauptversammlungen über die Entlastung der Führungskräfte. Während das für AG-Vorstände juristisch ohne Bedeutung ist, kann es GmbH-Geschäftsführer vor Schadenersatzforderungen schützen.

von RA Ulrich Weber


Worauf die meisten Arbeitnehmer oft das ganze Jahr vergeblich warten, nämlich das Beurteilungsgespräch mit dem Chef, steht für Vorstände einer Aktiengesellschaft und Geschäftsführer einer GmbH automatisch auf der Tagesordnung: In jedem Geschäftsjahr entscheiden Hauptversammlungen über die Entlastung der Führungskräfte. Dieses Feedback ihrer "Vorgesetzten" ist in beiden Fällen sehr ähnlich, doch die rechtlichen Auswirkungen sind grundverschieden.

Für Vorstände einer AG wirkt die Entlastung durch die Hauptversammlung wie eine Vertrauenserklärung und bedeutet ein Stück öffentlicher Kontrolle des Vorstands. Wird die Entlastung verweigert, ist die negative Wirkung in der Öffentlichkeit enorm.

Stimmen Aktionäre mehrheitlich für die Entlastung, ist das aber kein endgültiger Freispruch in Sachen Schadenersatz. Das regelt Paragraph 120 Abs. 2 des Aktiengesetzes. Die AG kann ihre Vorstände also trotz Entlastung zu einem späteren Zeitpunkt wegen Pflichtverstößen verklagen. Sogar längst ausgeschiedenen Führungskräften können bei gravierenden Fehlern Firmenpensionen gestrichen werden. Der angeschlagene Baukonzern Philipp Holzmann hat dies bei mehreren Altvorständen bereits getan.

Bei Führungskräften einer GmbH ist die Sache anders: Geschäftsführer müssen nach der Entlastung wegen früherer Fehlentscheidungen keinen Prozess mehr fürchten. Das gilt zumindest für Vorwürfe, die allen Gesellschaftern zum Zeitpunkt der Versammlung bekannt waren. Keinen Unterschied macht es, wenn sie relevante Tatsachen als Privatperson erfuhren. Der Besuch auf dem Golfplatz oder im Klavierkonzert kann so zum Verlust von Schadenersatzansprüchen führen.

Besondere Brisanz enthält der Entlastungsbeschluss zudem, wenn innerhalb der Aktionäre oder Gesellschafter unterschiedliche Meinungen vorherrschen. Die Minderheit kann die Entlastung dann binnen eines Monats gerichtlich anfechten. Eine solche Klage ist erfolgreich, wenn ein Verstoß gegen das Gesetz oder die Satzung der Gesellschaft vorliegt. Doch hier bestehen besondere Hürden, wie das aktuelle ? noch nicht rechtskräftige ? Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln (5 U 196/98) zeigt: Die Kläger gehören einer Familiengesellschaft an und verfügen über fast die Hälfte der Anteile. Doch gegen ihren Willen wurde eine langjährige Geschäftsführung der an sich gesunden Firma nach einem wirtschaftlich turbulenten Jahr entlastet.

Den Beschluss fochten die Gesellschafter an, da sie um Schadenersatzansprüche in Millionenhöhe fürchteten. Der Beschluss verstoße eklatant gegen Gesellschafts- interessen und sei treuwidrig. Dies reichte dem OLG Köln nicht: In Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellte es fest, dass die Gesellschafter- versammlung bei der Entlastungsentscheidung ein großes Ermessen habe. Nur bei besonders schweren Pflichtverletzungen dürfe die Geschäftsführung auf keinen Fall entlastet werden.

Entscheidend für diese Abwägung ist die Höhe des verursachten Schadens im Verhältnis zur Größe und wirtschaftlichen Gesamtsituation des Unternehmens. Ist die Firma gesund und die Geschäftsführung lange Jahre erfolgreich tätig gewesen, können nur zweifelsfrei vorhandene Schadenersatzansprüche gegen den oder die Geschäftsführer die dennoch erteilte Entlastung außer Kraft setzen. Doch vor Gericht konnten die Kläger die behaupteten Pflichtverstöße der Geschäftsführung nicht ausreichend darlegen. Sie sind deshalb ? zumindest vorerst ? mit ihrer Klage gescheitert.

Aussagen im Überblick
Entlastung.

Diese hat für GmbH-Geschäftsführer im Gegensatz zu den Vorständen einer AG rechtliche Bedeutung: Für zu diesem Zeitpunkt bekannte Tatsachen kann der Geschäftsführer anschließend nicht mehr belangt werden.

Anfechtung.
Nur bei einem schweren Pflichtverstoß des Geschäftsführers kann die unterlegene Minderheit die Entlastung erfolgreich anfechten.


Doppeltes Gehalt trotz Kündigung

Capital 13/2000

Dienstag, 1. August 2000

Wer während der laufenden Kündigungsfrist von seiner Firma freigestellt wird, hat Anspruch auf vollen Lohn. Ein geschickt ausgehandelter Aufhebungsvertrag kann sogar zusätzliche Verdienstmöglichkeiten eröffnen.

von RA Ulrich Weber

Volles Gehalt zu bekommen, ohne arbeiten zu müssen, ist der Traum vieler Arbeitnehmer. Gerade bei Führungskräften ist ein solcher Zustand nach einer einvernehmlichen Trennung vom Unternehmen jedoch relativ häufig. Denn für die Dauer der Kündigungsfrist werden Manager oft von ihrer Tätigkeit freigestellt. Sehr schnell fällt vielen dann aber auf, dass es dem weiteren beruflichen Werdegang schädlich sein kann, während einer meist mehrmonatigen Kündigungsfrist vom Arbeitsmarkt abgekoppelt zu sein. Besser als eine Freistellung ist es deshalb, einen vorzeitigen Ausstieg auszuhandeln. Wenn dies nicht gelingt, müssen wenigstens die Bedingungen der Freistellung stimmen, um einen Karriereknick zu verhindern.

Auf jeden Fall sollte der Manager durchsetzen, unwiderruflich freigestellt zu werden. Denn wer sich darauf einlässt, auf Abruf noch für bestimmte Projekte oder einzelne Aufgaben zur Verfügung zu stehen, beraubt sich selbst jeglicher Flexibilität. Eine Neuorientierung am Arbeitsmarkt ist so jedenfalls nicht möglich.

Selbst wenn der Arbeitnehmer unwiderruflich freigestellt wird, darf eine neue Stelle während der Kündigungsfrist häufig noch nicht angetreten werden. So ist auf dem Geschäftsfeld des Noch-Arbeitgebers schon per Gesetz jegliches Engagement tabu. Klauseln im Anstellungs- oder im Aufhebungsvertrag erweitern das Verbot oft auf die Tätigkeitsgebiete sämtlicher Tochterfirmen des Konzerns. Der Start in die Selbständigkeit oder der Wechsel zur Konkurrenz ist dann nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Noch-Arbeitgebers möglich. Fehlt diese und tritt der freigestellte Manager trotzdem eine neue Stelle an, droht die außerordentliche Kündigung. Der geschlossene Aufhebungsvertrag ist dann hinfällig.

Aber selbst wenn der alte Arbeitgeber einverstanden ist, bleibt ein Problem: Wer soll davon profitieren, wenn der Manager durch seinen neuen Job ein zusätzliches Gehalt bekommt? Denn da der Manager nur freigestellt ist, hat er gegen seinen Noch-Arbeitgeber ja einen Anspruch auf vollen Lohn. Strittig ist in einem solchen Fall dann sehr häufig, ob das zusätzliche Gehalt durch den neuen Job von der alten Firma angerechnet werden darf oder der Manager doppelt kassieren kann.

Ein Beispiel verdeutlicht den Konflikt: Eine erfolgreiche Werbetexterin hatte die Querelen mit ihrem neuen Chef satt. Da kam das Angebot gerade recht, gegen eine Abfindung aus dem Vertrag auszusteigen. Zumal sich beide Seiten einig waren, dass die Angestellte mit sofortiger Wirkung bis zum Ende der Kündigungsfrist bei vollem Lohn freigestellt wird. Noch bevor die Werbetexterin den Aufhebungsvertrag unterzeichnete, hatte sie einen neuen Job in der Tasche. Da es keine Berührungspunkte mit ihrer früheren Tätigkeit gab, hatte ihr Exchef nichts dagegen einzuwenden. Sie durfte sofort anfangen, obwohl ihr alter Vertrag während der Kündigungsfrist weiter bestand. Der Noch-Arbeitgeber rechnete daraufhin das Gehalt, dessen Höhe er erfahren hatte, voll an. Doch dies halten die meisten Gerichte für rechtswidrig. Nach Urteilen der Landesarbeitsgerichte Brandenburg (2 Sa 670/97) und Köln (11 Sa 1476/97) muss sich der alte Arbeitgeber im Aufhebungsvertrag ausdrücklich vorbehalten, ein zusätzliches Einkommen des freigestellten Managers anzurechnen. Fehlt eine solche Klausel, darf der Arbeitnehmer doppelt kassieren.

Ebenfalls regelungsbedürftig ist der Urlaubsanspruch des freigestellten Managers. Die in Aufhebungsverträgen gängige Klausel, dass alle Ansprüche abgegolten sind, ist dafür nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht ausreichend (9 AZR 43/97). Es muss ausdrücklich vereinbart werden, dass noch vorhandener Resturlaub mit der Freistellung erledigt ist. Ansonsten kann der Arbeitnehmer auch nach monatelanger Freistellung bei vollem Lohn von seiner alten Firma verlangen, dass der Resturlaub ausgezahlt wird.

Aussagen im Überblick
Freistellung.

Während der noch laufenden Kündigungsfrist dürfen freigestellte Manager nicht für Konkurrenzfirmen arbeiten. Einkommen aus anderen Tätigkeiten werden dafür grundsätzlich nicht angerechnet.

Urlaubsanspruch.
Auch monatelang freigestellte Arbeitnehmer haben Anspruch auf Resturlaub. Dies kann nur eine ausdrückliche Klausel im Aufhebungsvertrag verhindern.


Kündigung ohne gelbe Karte

Capital 11/2000

Donnerstag, 15. Juni 2000

Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs erleichtert die Kündigung von Führungskräften. Illoyale Geschäftsführer können künftig ohne vorherige Abmahnung entlassen werden.

von RA Ulrich Weber

Der Seniorchef war auf der Suche nach einem Nachfolger, denn die eigenen Kinder wollten sein Unternehmen nicht weiterführen. Und so warb er von der Konkurrenz einen jungen Betriebswirt ab und machte ihn zum Geschäftsführer Vertrieb/Marketing. Der Dienstvertrag wurde zunächst auf ein Jahr befristet. Danach wollte der Senior endgültig entscheiden, ob "der Neue" als Nachfolger taugt. Doch schon nach kurzer Zeit kam es zwischen ihm als Alleingesellschafter und dem Jungmanager zu Spannungen und Streit. Denn dieser hielt sich mit seiner Meinung über den Seniorchef nicht zurück. Er bezeichnete den Firmeninhaber vor Angestellten als "Wurzel allen Übels" und als "nicht besonders gebildet". Gegenüber Außenstehenden beschrieb er den Senior als Choleriker und behauptete, Firma und Inhaber hätten einen schlechten Ruf. Dem Alleingesellschafter platzte daraufhin der Kragen. Bereits nach vier Monaten kündigte er dem einstigen Hoffnungsträger außerordentlich und fristlos.

Eine vorherige Abmahnung unterließ der Firmeninhaber in seinem Zorn und wurde auf die Klage des gefeuerten Geschäftsführers prompt vom Oberlandesgericht gerügt: Es wäre für den Senior zumutbar gewesen, den Geschäftsführer zunächst zur Rede zu stellen und aufzufordern, sein Verhalten zu ändern. Ohne eine solche Abmahnung sei auch die verhaltensbedingte Kündigung einer Führungskraft rechtswidrig, befanden die Richter im Einklang mit der bisher geltenden Rechtsprechung. Im Ergebnis bekam der gefeuerte Geschäftsführer den Lohn für die restlichen acht Monate seiner Vertragslaufzeit zugesprochen.

Doch daran hatte dieser keine lange Freude, denn der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Sache völlig anders und modifizierte damit seine bisherige Rechtsprechung: Im Urteil vom 14. Februar dieses Jahres (11 ZR 218/98) bezeichneten die Bundesrichter das Verhalten des Geschäftsführers als "illoyal und geeignet, den Alleingesellschafter ... jegliches Vertrauen in eine gute, reibungslose, sachorientierte und für das Unternehmen positive Zusammenarbeit verlieren zu lassen". Eine vorherige Abmahnung war nicht erforderlich, befand der BGH.

Als "Schuss vor den Bug" habe die Abmahnung Warnfunktion und diene damit der sozialen Schutzbedürftigkeit von abhängig Beschäftigten. Der Arbeitnehmer weiß, dass er bei künftigen gleichartigen Vertragsverletzungen seinen Job riskiert. Ohne eine Abmahnung ist eine verhaltensbedingte Kündigung deshalb meistens unwirksam. Nur bei ganz schwerem und offensichtlichem Fehlverhalten, wie etwa einem Diebstahl im Betrieb, ist eine Abmahnung nicht notwendig.

Dieser Schutzgedanke sei bei Führungskräften von Kapitalgesellschaften überflüssig, begründete der BGH sein Urteil. Denn diese kennen regelmäßig ihre Pflichten und sind sich über die Tragweite etwaiger Pflichtverletzungen auch ohne besondere Hinweise und Ermahnungen im Klaren. Das ist in dieser Deutlichkeit neu. Bislang hatte der BGH je nach Lage der Dinge auch von Kapitalgesellschaften verlangt, ihre Geschäftsführer oder sonstigen Organvertreter vor einer Kündigung förmlich abzumahnen. Im beschriebenen Fall kommt noch ein entscheidender Punkt dazu: Wenn, wie hier, das Vertrauensverhältnis zwischen dem Geschäftsführer und den Gesellschaftern oder anderen Organen zerstört ist, kann der Kläger nach Ansicht des BGH erst recht keine vorherige Abmahnung erwarten.

Dies gilt im Übrigen auch für Arbeitnehmer, die sich illoyal verhalten. Beispiel: Eine Führungskraft droht dem Chef, er müsse für den Fall seiner Versetzung mit "Unannehmlichkeiten in der Öffentlichkeit" rechnen. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts war für diesen Arbeitnehmer ohne weiteres ersichtlich, dass sein Verhalten grob pflichtwidrig und vom Arbeitgeber keinesfalls geduldet war (2 AZR 507/98). Die verhaltensbedingte Kündigung ging deshalb auch in diesem Fall ohne vorherige "gelbe Karte" durch.

Grundregeln im Überblick
Abmahnung.

Vor einer verhaltensbedingten Kündigung müssen auch Führungskräfte ultimativ aufgefordert werden, ihre Handlungsweise zu ändern. Ohne eine solche Abmahnung ist eine Kündigung fast immer rechtswidrig.

Vertrauensbruch.
Nur bei einem Vertrauensbruch, wie einem offensichtlichen schweren Fehlverhalten, sind Kündigungen auch ohne Abmahnung zulässig.

 
Waldemar Pelke