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Dr. Martin Pröpper war am

7. März 2024 Interviewpartner des WDR: Was gilt zum Streikrecht?

Rechtsanwalt Dr. Martin Pröpper war Interviewpartner des WDR am 4. Dezember 2023.

 

Presseartikel Archiv Jahr 2001

 

Freiburg will Kehl sofort los werden

Bild am Sonntag 

Sonntag, 23. Dezember 2001

von Bodo E. Müller und Frank Ernst

Sebastian Kehl (21) zieht nach Dortmund und die Bayern vor Gericht. Weil sie glauben, die Zusage des Freiburger zu haben. Bayern-Anwalt Christoph Schickhardt: "Wir ziehen das juristisch durch. Kehl muss am 01. Juli bei Bayern antreten.?

Aber hat der Meister überhaupt eine Chance? BamS fragte den renommierten Kölner Arbeitsrechtler Uli Weber. Dessen Einschätzung: "Null Chance!"

Webers Begründung dem Sinne nach:

1. Verträge bedürfen der Schriftform heißt es in Paragraph 21 des Lizenzspieler-Statutes. Das ist eine Sperr-Vorschrift, die verhindern soll, dass jemand wegen mündlicher Absprachen vor ein Ordentliches Gericht zeiht.

2. Sollte der FC Bayern ? nur theoretisch ? eine schriftliche Vereinbarung mit Kehl haben, verstößt das gegen Satzung und Ordnung des DFB, ist deshalb nicht bindend.

3. Sollte ein Gericht trotz allem dem FC Bayern Recht geben, hätte er nichts davon.

Nach § 888, Abs. 3 der Zivilprozessordnung sind bestimmte positive Entscheidungen nicht zu vollstrecken, wenn der Partner nicht (mehr) will. Dazu gehören auch Arbeitsverträge und ? nebenbei ? Eheversprechen.

Weber: "Wenn ein Partner vor dem Standesamt ?Nein? sagt, kann kein Gericht in Deutschland ihn zwingen, die Ehe einzugehen."

Hoeneß stünde im besten Fall als Opfer eines "Heiratsschwindlers" da. Will er sich das wirklich antun?

Kehl wird sich deswegen keinen Kopf mehr machen. Er muss jetzt nur noch entscheiden, ob er sofort oder erst im Sommer wechselt. Nach aller Logik kann es nur heißen: Sofort!

Freiburgs Präsident Achim Stocker sagte der ARD-Sportschau: "Wenn er bleiben will, kann er bleiben. Wir würden aber vorziehen, wenn wir uns mit Dortmund einigen, dass er zum 01. Januar geht."

Dann kassiert Freiburg 6 Millionen Mark (statt 3,8 im Sommer).


Mit harten Bandagen

Focus Money 52/1 

Montag, 17. Dezember 2001

Deutsche Unternehmer setzen verstärkt auf das Leistungsprinzip: Wer den Anforderungen nicht entspricht, soll gehen. Was Chefs dürfen ? und wo sie an Grenzen stoßen

"Die Flaschen trifft es am ehesten", erklärte der bayerische Staatsminister Erwin Huber im Oktober auf der Systems angesichts der jüngsten Entlassungswelle in der IT-Branche. Sein Publikum war geteilter Meinung.

Jagdsaison eröffnet.
Während sich die einen über des Ministers verbale Entgleisung empörten, setzen andere das zu Grunde liegende Prinzip bereits in die Tat um. So erhielten vor zwei Wochen Personalchefs bei Siemens eine schriftliche Aufforderung, pro Standort "zehn Prozent der Mitarbeiter zu Minderleistern zu rechnen und gesondert auszuweisen".

Auch bei Infineon werden bereits schwarze Listen über so genannte Low Performer geführt. Und SAP-Co-Vorstand Henning Kagermann schrieb in einer E-Mail an die Führungskräfte: "Sollten leistungsfördernde Maßnahmen keinen ausreichenden Erfolg haben und Mitarbeiter weiter unterhalb gemeinsam erarbeiteter Erwartungen bleiben, müssen wir auch im Einzelfall die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht ziehen.? "Solche Maßnahmen halten wir für zynisch und menschenverachtend", empört sich Erhard Pusch von der IG Metall Bayern.

Wunsch und Wirklichkeit.
Was die Gewerkschaften kritisieren, sehen viele mittelständische Unternehmer als Blockade für den Standort Deutschland. Sie erwarten sich von einer Auswahl nach dem Können ihrer Mitarbeiter eine deutliche Effizienzsteigerung: "Wer die geforderte Leistung nicht bringt, muss auf jeden Fall gekündigt werden dürfen", fordert etwa Max Schön, Unternehmer aus Lübeck und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) in Berlin.

Mit einer Hire-and-fire-Kultur wie in den USA hat das nach Ansicht von Schön wenig zu tun. "Würden schlechte Mitarbeiter entlassen, könnten Engagierte schneller aufsteigen", glaubt Schön. Dadurch würde das Leistungsniveau insgesamt stark ansteigen. "Vielleicht bringt die Diskussion über Low Performer ja die Politiker dazu, unseren Kündigungsschutz zu überdenken", hofft der ASU-Präsident.

Was bin ich?
Allerdings ist es schwer möglich, allgemeingültig festzulegen, was ein guter und was ein schlechter Mitarbeiter ist. Christoph Aldering, Leiter Management-Diagnostik bei Kienbaum, empfiehlt Vorgesetzten deshalb, Angestellte regelmäßig über ihre Leistung zu informieren. "Leider sind viele Chefs sehr konfliktscheu. Würde rechtzeitig Tacheles geredet, ließen sich viele Probleme verhindern", gibt Aldering zu bedenken.

SAP-Chef Kagermann sieht das ähnlich. Sein Unternehmen wolle in erster Linie herausfinden, wer sich noch verbessern muss. Eine bestimmte Anzahl von Minderleistern zu entlassen sei aber nicht geplant.

Aus gutem Grund. "Es versuchen zwar immer mehr Unternehmen, Mitarbeiter aus Leistungsgründen zu entlassen", beobachtet der Münchner Anwalt Knut Müller von der Kanzlei Weber & Partner, "aber der Gesetzgeber schiebt solchen Vorhaben einen Riegel vor."

Regeln für den Rauswurf.
So dürfen Arbeitgeber ihren Angestellten nur in drei Konstellationen kündigen: wenn sich etwa wegen mangelnder Aufträge die finanzielle Situation des Unternehmens drastisch verschlechtert, ein Mitarbeiter dauerhaft oder häufig krank ist beziehungsweise die Leistung aus anderen Gründen stark nachlässt oder er sich trotz mehrerer Abmahnungen weigert, die vom Chef gewünschte Leistung zu erbringen (siehe unten).

Schwarze Schafe.
Kommen Chef und Mitarbeiter auf keinen grünen Zweig, versuchen Unternehmen oft alles, um schwarze Schafe loszuwerden. Eine gängige Methode ist, Minderleistern eine Abfindung anzubieten und sie zu einem Aufhebungsvertrag zu überreden. "Auf keinen Fall unterschreiben", warnt Knut Müller, "sonst riskieren Angestellte Teile des Arbeitslosengelds und verbauen sich die Möglichkeit, eine höhere Abfindung herauszuhandeln." Weigert sich der Angestellte zu gehen, üben Unternehmen schon mal Druck aus oder stellen Betroffene vor Kollegen bloß.

So wurde eine Diplom-Kauffrau, die als Assistentin im Controlling tätig war, kurzerhand die Degradierung zur Pförtnerin angedroht, als sie sich weigerte, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Und ein Infineon-Mitarbeiter erinnert sich: "Mein Chef drohte einem Kollegen: Wenn Sie nicht gehen, müssen wir die Guten entlassen.? Psycho-Druck, den sich Angestellte, so Müller, keinesfalls gefallen lassen müssen.

Andere Unternehmen kündigen Low Performern einfach ? in der Hoffnung, dass die sich nicht trauen, ihrem ExArbeitgeber Paroli zu bieten. "Wer wegen mangelnder Leistung entlassen wird, hat vor Gericht zahlreiche Trümpfe in der Hand?, beruhigt der Anwalt. "Wenn ein Mitarbeiter keine überzeugenden Ergebnisse bringt, muss sein Unternehmen zunächst einmal adäquate Schulungen anbieten" (siehe unten).

Angst isst Seele auf.
Neben einem verlorenen Prozess und hohen Abfindungszahlungen riskieren Firmen, das eigene Arbeitsklima zu vergiften. Wer in der momentanen Rezession Jagd auf Minderleister macht, schüchtert laut Berater Aldering auch gute, engagierte Mitarbeiter ein. Statt Leistungssteigerung und Kreativität ernten Vorgesetzte dann oft, was sie eigentlich vermeiden wollten: Dienst nach Plan.

Eine Aussicht, mit der niemandem gedient wäre. Weshalb alle Beteiligten nach einem Konsens suchen sollten: Schließlich forderte Ex-Bundespräsident Roman Herzog schon vor einem Jahr: "Es muss ein Ruck durchs Land gehen."

Kündigungsgründe ? Enge Grenzen für den Chef
Laut Gesetz ist jede Kündigung unwirksam ? es sei denn, sie ist sozial gerechtfertigt. Doch das ist nur in drei Varianten möglich.

Betriebsbedingt.

Verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ? etwa wegen rückläufiger Aufträge ? deutlich oder strukturiert es um, darf es Mitarbeiter entlassen. Dabei sind soziale Kriterien zu beachten: Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten.

Personenbedingt.

Können Mitarbeiter wegen dauerhafter oder häufiger Krankheit oder aus anderen Gründen keine durchschnittliche Leistung bringen, kann der Chef kündigen. Außer in aussichtslosen Fällen muss er vorher Schulungen zur Leistungssteigerung anbieten.

Verhaltensbedingt.

Will der Mitarbeiter keine Leistung bringen, liefert er einen Kündigungsgrund. Allerdings muss der Chef vorher abmahnen (maximal dreimal) und genügend Zeit zur Besserung geben.

Vertrag.

Greift keiner dieser Gründe, hat der Mitarbeiter mit einer Kündigungsschutzklage gute Chancen. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anbieten. Vorsicht: Enthält der nicht Klauseln wie "zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung" oder "auf Wunsch des Arbeitgebers", droht der Verlust von Arbeitslosenunterstützung und Sozialleistungen. Anwälte raten, nur zu unterschreiben, wenn der Anschlussjob bereits feststeht.

Abfindung ? Lohnender Poker
Wer gehen muss, kann den Abgang oft finanziell abfedern. Meist ist mehr drin, als Betroffene vermuten.

Faustformel.

Gerichte schlagen meist ? insbesondere im Gütetermin ? Abfindungen nach der Formel "ein halbes Monatsgehalt pro Dienstjahr? vor. Dieses Angebot muss der Arbeitnehmer nicht akzeptieren.

Verhandlung.

Steht die Kündigung auf wackligen Füßen oder fürchtet das Unternehmen Imageschäden, ist deutlich mehr drin. Anwalt Knut Müller rät, den Vorschlag des Gerichts abzulehnen und außergerichtlich weiterzuverhandeln.

Zukunft.

Wichtiges Argument gegenüber dem Chef: Abfindungen müssen laut BAG "zukunftsorientiert sein, sollen also die Zeit bis zum Folgejob überbrücken helfen.

Usancen.

In manchen Branchen sind höhere Sätze üblich. So beobachtet Anwalt Müller bei EDV-Firmen bis zu 1,5 Monatsgehälter, bei Banken bis zu einem doppelten Monatsgehalt pro Dienstjahr.

Extras.

Zusatzleistungen wie Dienstwagen oder andere geldwerte Gehaltsbestandteile sind bei der Abfindung zu berücksichtigen.

Freibetrag.

Mindestens 16.000 Mark sind steuerfrei. Älteren Mitarbeitern, die lange im Betrieb sind, stehen bis zu 24.000 Mark Freibetrag zu. Wichtig: Die Abfindung muss innerhalb eines Kalenderjahrs gezahlt werden, da sie sonst voll zu versteuern ist.

Klage ? Mut zum Widerstand
Oft nehmen Betroffene eine Kündigung widerspruchslos hin. Doch eine Klage bringt meist Vorteile.

Frist.

Wichtig: Innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens muss der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht einreichen. Unterlässt er das, kann er nichts mehr gegen den Rausschmiss unternehmen, selbst wenn der rechtswidrig war.

Anwalt.

Vor dem Arbeitsgericht der 1. Instanz ? kann sich jeder selbst vertreten. Vor dem Landes- und Bundesarbeitsgericht ? der 2. und 3. Instanz ? ist dagegen ein Anwalt erforderlich.

Vergleich.

Zunächst findet vor Gericht ein Gütetermin statt, in dem sich die Parteien verständigen und ihren Streit per Vergleich beilegen sollen. Misslingt das, folgen Beweisaufnahme und Urteil. Prozessdauer: In der 1. Instanz rund neun Monate, bis zum Bundesarbeitsgericht drei Jahre. Gewinnt der Arbeitnehmer, steht ihm für die gesamte Prozessdauer nachträglich Lohn zu, wenn er von Beginn an auf Wiedereinstellung geklagt hat.

Kosten.

In der 1. Instanz zahlt jede Partei ihre Kosten selbst, in allen weiteren der Verlierer sämtliche Kosten der jeweiligen Instanz.

Von Sabine Thienel und Thomas Wolf


Der leitende Angestellte - ein Status mit Tücken?

SesselWechsel

Montag, 3. Dezember 2001

von RA Peter Rölz und Stephanie Lenze

Teil 3:
Der leitende Angestellte nach der Definition des Kündigungsschutzgesetzes
Wer leitender Angestellter nach der Definition des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist, sollte wissen, dass sein Anstellungsverhältnis für den Arbeitgeber leichter und "günstiger" zu beenden ist, als das eines anderen Arbeitnehmers. Den Grundstein dafür hat der Gesetzgeber in § 14 KSchG gelegt.

Grundsätzliche Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Auch für den leitenden Angestellten gilt grundsätzlich das Kündigungsschutzgesetz. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber bedarf deshalb der sozialen Rechtfertigung, wenn im Betrieb regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden und das Anstellungsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Zur Wirksamkeit einer Kündigung ist ein betriebsbedingter, personenbedingter oder verhaltensbedingter Grund erforderlich. Daneben muss die Kündigung auch im Hinblick auf den konkreten Einzelfall und die ihn bestimmenden Umstände gerechtfertigt sein.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Kündigung unwirksam. Im Kündigungsschutzprozess hat dies zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wurde. Haben sich die Parteien nicht schon vorher über die Beendigung des Anstellungsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verständigt, erhält der Arbeitnehmer ein obsiegendes Urteil und gewinnt seinen Prozess.

Auflösungsantrag nach §§ 9, 14 KSchG

Ganz anders kann dies beim leitenden Angestellten aussehen, wenn der Arbeitgeber von der Möglichkeit des Auflösungsantrags Gebrauch macht. Er kann für den Fall der Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung im gerichtlichen Verfahren beantragen, dass das Arbeitsverhältnis durch Urteil gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst wird.

Diese Möglichkeit besteht zwar grundsätzlich auch, wenn die Kündigung eines "normalen" Arbeitnehmers sozial nicht gerechtfertigt ist, doch muß der Arbeitgeber bei "normalen" Arbeitnehmern für seinen Auflösungsantrag auf Tatsachen beruhende Gründe vorbringen, "die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht erwarten lassen", wie es § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG formuliert. Voraussetzung ist eine Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses, die etwa bei Drohungen oder Verleumdungen des Arbeitgebers oder ähnlichem Fehlverhalten des Arbeitnehmers auch während des Prozesses entstehen kann. Die Anforderungen an das Vorliegen solcher Gründe sind sehr hoch, denn über den Auflösungsantrag des Arbeitgebers soll nicht der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers wieder ausgehebelt werden können. In der Praxis liegt deshalb selten ein begründeter Auflösungsantrag vor.

Anders ist dies jedoch bei leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Hier benötigt der Arbeitgeber keinen Grund, um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen. Er kann den Antrag praktisch voraussetzungslos stellen, weil zwischen Arbeitgeber und leitenden Angestellten ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehen muss. Ist dieses durch das der Kündigung zugrunde liegende Geschehen zerstört, soll sich der Arbeitgeber aus Sicht des Gesetzgebers auch ohne Auflösungsgrund von dem leitenden Angestellten trennen können.

Folge des Auflösungsantrags
Das Arbeitsgericht löst das Anstellungsverhältnis infolge des Auflösungsantrags zu dem Tag auf, an dem es bei ordentlicher Kündigung geendet hätte, d. h. am letzten Tag der maßgeblichen Kündigungsfrist. Daneben verurteilt es den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung, deren Höhe es nach seinem Ermessen festlegt. Üblich ist dabei ein Betrag zwischen einem halben und einem Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Gebunden ist das Gericht für die Festsetzung der Abfindung aber nur an die vom Gesetz in § 10 KSchG bestimmten Obergrenzen. Grundsätzlich beträgt die Abfindung maximal zwölf Bruttomonatsverdienste. Für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 15 Jahre beschäftigt sind, ist die Obergrenze auf fünfzehn Bruttomonatsgehälter und für Arbeitnehmer, die mindestens zwanzig Jahre beschäftigt sind und das 55. Lebensjahr vollendet haben, auf 18 Bruttomonatsgehälter angehoben.

Die gesetzliche Regelung führt so zum einen dazu, dass sich der Arbeitgeber auch dann von einem leitenden Angestellten trennen kann, wenn der von ihm vorgetragene Kündigungssachverhalt die Kündigung nicht rechtfertigt. Zum anderen sind Abfindungsverhandlungen für den leitenden Angestellten von vornherein betragsmäßig begrenzt: Der gut beratene Arbeitgeber wird kaum einen Betrag zahlen, der die gesetzlich festgelegte Obergrenze oder den nach der Praxis des Arbeitsgerichts zu erwartenden Betrag übersteigt.

Bestimmungen des Status nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG
Diesen Nachteil muss aber nur hinnehmen, wer "Leitender" nach der Definition des § 14 KSchG ist. Dafür ist wie auch bei der Bestimmung des Status nach § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz allein die tatsächliche vertragsgemäße Stellung des Angestellten im Betrieb oder Unternehmen entscheidend. Der "Titel", der mit dem Anstellungsvertrag verliehen wurde, ist rechtlich ebenso unerheblich wie das Selbstverständnis der Führungskraft.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedarf der Auflösungsantrag des Arbeitgebers keiner Begründung für "Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung berechtigt sind".

Geschäftsführer
Mit Geschäftsführer ist nicht der Organvertreter der GmbH bezeichnet, denn für Geschäftsführer im gesellschaftsrechtlichen Sinne findet das KSchG bereits nach § 14 Abs. 1 KSchG keine Anwendung. Vielmehr betrifft diese Regelung Personen, die "Geschäfte führen" und dabei wesentliche Leitungsaufgaben wahrnehmen, ohne als Organvertreter im Handelsregister eingetragen zu sein; etwa Personen, die neben einem Geschäftsführer nach § 35 GmbHG unternehmerische Führungsaufgaben wahrnehmen.

Betriebsleiter
Betriebsleiter ist, wer eine Vorgesetztenstellung inne hat und gegenüber den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern weisungsberechtigt ist. Eine bloße Beaufsichtigung des Personals reicht nicht aus. Es genügt allerdings die Leitung einer Betriebsabteilung, sofern in der Abteilung eine nicht bloß geringe Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt ist.

Ähnliche leitende Angestellte
Dem Geschäftsführer und Betriebsleiter ähnliche leitende Angestellte sind Personen, die gegenüber einer nicht geringen Anzahl von Arbeitnehmern eine Vorgesetztenstellung besitzen, Arbeitgeberfunktionen ausüben und Führungsaufgaben wahrnehmen.

Selbständige Einstellungs- oder Entlassungskompetenz
Ist ein Arbeitnehmer einer dieser drei Personengruppen zuzuordnen, so ist für die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG weiter Voraussetzung, dass er selbständig Arbeitnehmer einstellen oder entlassen darf. Im Gegensatz zum leitenden Angestellten nach der Definition des Betriebsverfassungsgesetzes genügt es, wenn die Führungskraft entweder über Einstellung oder Entlassung entscheiden kann.

Nachdem zuvor nicht einheitlich entschieden war, ob allein die "ähnlichen leitenden Angestellten" die selbständige Einstellungs- oder Entlassungskompetenz besitzen müssen oder ob dies auch für "Geschäftsführer" und "Betriebsleiter" gilt, hat das Bundesarbeitsgericht durch eine Entscheidung am 18. Oktober 2000 (2 AZR 465/99) klargestellt, dass die Personalkompetenz in § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG sowohl auf sonstige leitende Angestellte als auch auf Geschäftsführer- und Betriebsleiterebene bezogen ist.

Selbständigkeit
Diese Selbständigkeit hinsichtlich Einstellung oder Entlassung muss im Innenverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber und im Außenverhältnis vorliegen. Der Arbeitsvertrag oder die Kündigungserklärung müssen also aufgrund Prokura, Generalvollmacht oder Handlungskraft rechtswirksam vom leitenden Angestellten unterzeichnet werden können und es darf keine vorherige interne Abstimmung mit Personen erforderlich sein, die den Arbeitgeber repräsentieren; der Angestellte muss die Personalentscheidung allein treffen können.

Eine selbständige Einstellungsbefugnis verneinte das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 18. November 1999 (2 AZR 903/98) bei einem Chefarzt, der für die Einstellung nachgeordneter Ärzte hinsichtlich nichtfachlicher Gründe die vorherige Zustimmung der Krankenhausleitung einholen musste und die Abwicklung und Einstellung durch den Verwaltungsdirektor des Krankenhauses erfolgte. Damit reduzierte sich nach Ansicht der Richter die Einstellungsbefugnis des Arztes auf die Beurteilung der fachlichen Qualifikation, was für eine Stellung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht ausreicht.

Wesentlicher Teil der Tätigkeit
Die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis muss sich ferner mindestens auf eine Gruppe von Arbeitnehmern beziehen und einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des leitenden Angestellten ausmachen, d.h. sie prägen.

Dieses Erfordernis hob das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 18. Oktober 2000 hervor: In dem entschiedenen Fall waren einem Betriebsleiter fünf Arbeitnehmer unterstellt. Der Betriebsleiter besaß sowohl Entlassungs- als auch Einstellungskompetenz. Da sich aber aus dem Prozessvortrag des Arbeitgebers nicht hinreichend nachvollziehen ließ, dass die Einstellungs- und Entlassungskompetenzen gegenüber den wenigen dem Kläger unterstellten Angestellten seine Stellung in irgendeiner Weise prägte, wurde der Auflösungsantrag zurückgewiesen. Der Arbeitgeber ist nämlich für den Status des leitenden Angestellten darlegungs- und beweisbelastet, wenn er einen Auflösungsantrag ohne Begründung stellt.

Schlussbetrachtung
Der Status des "Leitenden" im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes ist bei Aufhebungsverhandlungen für die Führungskraft von finanziellem Nachteil. Da es diesen leitenden Angestellten im Hinblick auf die in Großunternehmen üblichen Organisationsanweisungen und Kompetenzbeschränkungen nur noch selten gibt, sollte sich die Führungskraft nicht vorschnell mit dem von den Unternehmensverantwortlichen verliehenen Status identifizieren. Die Unterschiede der Statusbestimmung sind häufig nicht bekannt, insbesondere wird nicht zwischen dem leitenden Angestellten nach dem BetrVG und dem KSchG differenziert. Gerade hier liegt aber ein wesentlicher Unterschied: Ist die Führungskraft zwar leitend im Sinne des BetrVG, nicht aber "Leitender" im Sinne des KSchG, kann sie sich ohne Einschränkung auf das KSchG berufen. Einen begründungsfreien Auflösungsantrag kann der Arbeitgeber nicht stellen.

Der Angestellte sollte deshalb bei Aufhebungsverhandlungen rechtzeitig seinen Status überprüfen und fachkundigen Rat einholen, um nicht eine angemessene Abfindung zu verschenken.


Stephanie Lenze
ist Rechtsanwältin am Landgericht Frankfurt am Main. Im Frankfurter Büro der Rechtsanwälte Ulrich Weber & Partner GbR ist sie ausschließlich mit der gerichtlichen und außergerichtlichen Bearbeitung arbeitsrechtlicher Mandate befasst.

Peter Rölz
ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Frankfurt. Er leitet das Frankfurter Büro der Rechtsanwälte Ulrich Weber & Partner. Peter Rölz war zuvor bei der Adam Opel AG als Leiter der Abteilung Arbeitsrecht tätig. Er ist seit mehreren Jahren mit der anwaltlichen Vertretung von Unternehmen und Führungskräften beim Abschluss von Aufhebungsverträgen und Abfindungsvergleichen befasst.


Alles hat zwei Seiten

Financial Times Deutschland 

Dienstag, 27. November 2001

Eine Einschränkung des Direktionsrechts kann für den Mitarbeiter auch von Nachteil sein

von Ulrich Weber
Ein Arbeitgeber ist regelmäßig bemüht, mit seinen Mitarbeitern im Arbeitsvertrag ein umfassendes Direktionsrecht zu vereinbaren. Er vermeidet dadurch das Verfahren und auch das Risiko einer Änderungskündigung mit anschließendem arbeitsgerichtlichen Prozess. Das Direktionsrecht erlaubt es ihm, im Rahmen billigen Ermessens den Mitarbeiter nicht nur innerhalb des Betriebes, sondern auch im gesamten Unternehmen bundesweit an verschiedene Standorte zu versetzen. Mit dem einzelvertraglich vereinbarten Weisungsrecht soll der Arbeitseinsatz der Mitarbeiter flexibler gestaltet werden. Umgekehrt versuchen viele Arbeitnehmer mit einer guten Verhandlungsposition, insbesondere Führungskräfte, dieses Direktionsrecht einzuschränken oder sogar wegfallen zu lassen. In solchen Fällen wird dann im Vertrag die Beschäftigungspflicht des Arbeitnehmers auf eine einzige Position vereinbart.

Eine jüngst veröffentlichte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Entscheidung vom 17. Februar 2000, AZ. 2 AZR 142/99) macht deutlich, dass eine derartige Einschränkung des Direktionsrechts für den Mitarbeiter aber auch von Nachteil sein kann. Hat sich zum Beispiel eine Sekretärin in ihrem Vertrag bestätigen lassen, dass sie ausschließlich als Chefsekretärin des Leiters der Steuerabteilung eingesetzt werden kann, dann verliert sie ihren Arbeitsplatz, wenn das Unternehmen die Steuerabteilung auflöst und deren Aufgaben extern vergibt. Wegen der genau festgelegten Position im Arbeitsvertrag findet bei der betriebsbedingten Kündigung dieser Mitarbeiterin keine Sozialauswahl mit anderen Sekretariatskräften im Betrieb statt. Die Einschränkung des Direktionsrechts erleichtert in diesem Falle dem Arbeitgeber die betriebsbedingte Kündigung.

Umgekehrt können weitreichende Direktionsrechtsklauseln Arbeitgebern betriebsbedingte Kündigungen nachhaltig erschweren. Als im Sommer dieses Jahres ein Unternehmen der Metallindustrie zehn Schlosser entlassen wollte, musste die Sozialauswahl auf 900 Schlosser des Betriebs erweitert werden. Es war nämlich in den Arbeitsverträgen all dieser Mitarbeiter eine ausdrückliche Versetzungsklausel enthalten. Ist es danach zulässig, den Schlosser einseitig in eine andere Betriebsabteilung zu versetzen, sind alle miteinander vergleichbar.

Kritisch für den Arbeitgeber ist in diesen Fällen, dass alle Gekündigten sich auf einen Fehler in der Sozialauswahl berufen können, wenn das Unternehmen auch nur einen sozialstärkeren Mitarbeiter im Betrieb gehalten hat. In Großunternehmen, in denen Direktionsrechtsklauseln üblich sind, führt dies dazu, dass Personalabteilungen bei der ordnungsgemäßen Sozialauswahl in der Regel überfordert sind.

Insoweit wird mit Interesse zu beobachten sein, wie die Deutsche Lufthansa die angedrohten betriebsbedingten Kündigungen durchsetzen will. Tausende von Stewardessen sind untereinander austauschbar. Sie alle müssen, sofern sie keinen Sonderkündigungsschutz genießen, in eine Sozialauswahl aufgenommen werden, gleichgültig ob zehn oder 100 von ihnen zur Kündigung anstehen. Entsprechendes gilt für Piloten und Bodenpersonal. Aus arbeitsrechtlicher Sicht kann man dem Unternehmen bei dieser Herkulesaufgabe nur viel Glück wünschen.


Wie viel Unfug im Firmen-PC ist erlaubt?

Bild

Montag, 26. November 2001

von Stefan Ernst

Sind Ihre Kollegen auch schon infiziert? Halb Büro-Deutschland lacht zurzeit über Spaß-Filmchen und -bilder, die per E-Mail kursieren. Mal harmlos-jugendfrei, mal sexy bis anzüglich...
Aber Vorsicht: Zu viel Privatvergnügen kann schnell mit Rausschmiss bestraft werden! Ein 35-Jähriger flog, nachdem er Tausende Erotik-Dateien auf dem Dienst-PC gespeichert hatte. Zu Recht urteilte das Arbeitsgericht Hannover (Az. 1 Ca 504/00).

Wieviel Jux ist im Firmen-Computer erlaubt?

Der Kölner Arbeitsrechtler Ulrich Weber: "Null, man sollte die Finger ganz davon lassen! Arbeitnehmer schulden dem Arbeitgeber im Prinzip jede Minute ihrer Arbeitszeit. Allerdings mahnen Chefs erst ab, wenn stundenlang auf harten Sex-Seiten gesurft wird."

Ist Schmuddel am Arbeitsplatz nicht Privatsache?

Arbeitsrechtsexperte Weber: "Nein, ganz sicher nicht! Computer und Software sind Eigentum der Firma, private E-Mails dürfen gar nicht erst empfangen werden."

Darf mein Chef also alles sehen, was ich im PC habe?

"Technisch gesehen ist der Zugriff auf die Festplatte und das E-Mail-Verzeichnis kein Problem. Allerdings muss der Betriebsrat, soweit vorhanden, einverstanden sein."


Schöne Bescherung

Berliner Morgenpost 

Sonntag, 25. November 2001

Weihnachtsgeld: Der Streit mit dem Chef vermiest häufig die Festtagsstimmung

Von Dr. Martin Pröpper

Vorweihnachtszeit ? Geschenkezeit. Da kommt das zusätzliche Weihnachtsgeld, das im November die meisten Lohnstreifen aufführen, gerade recht. Um so mehr trübt es die Weihnachtsfreude, wenn sich der Arbeitgeber wegen der schlechten Wirtschaftslage entscheidet, es nicht mehr zu zahlen. Streit gibt es aber auch, wenn es eingeschränkt werden soll, zum Beispiel wegen Teilzeitbeschäftigung oder Erziehungsurlaub. Auf der sicheren Seite ist dann nur, wer auf eine besondere Rechtsgrundlage verweisen kann. Denn weil es sich beim Weihnachtsgeld um eine zusätzliche Leistung handelt, darf der Arbeitgeber bestimmen, unter welchen Voraussetzungen er zahlt.

Sicherheit haben Arbeitnehmer, wenn ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine ausdrückliche Regelung im schriftlichen Arbeitsvertrag die Zahlung festlegen. Problematischer ist es, wenn sie die «Finanzspritze» nur einplanen, weil es sie in den vergangenen Jahren regelmäßig gab. Nur wenn so ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen wird, kann es Chefs verboten sein, die Zahlung plötzlich einzustellen. Denn dann war es eine so genannte «betriebliche Übung», nach der alljährlich gezahlt wurde, so dass die Belegschaft wieder damit rechnen konnte. «Betriebliche Übung» setzt voraus, dass mindestens in den zurückliegenden drei Jahren Weihnachtsgeld geflossen ist. Dann kann sogar erfolgreich geklagt werden.

Kein Vertrauenstatbestand besteht allerdings, wenn zwar dreimal hintereinander Weihnachtsgeld gezahlt wurde, aber jeweils in unterschiedlicher Höhe. Dann können Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, es überhaupt erneut zu bekommen, so das Bundesarbeitsgericht. Durch die unterschiedliche Höhe werde gerade kein Vertrauen auf Seiten des Arbeitnehmers geschaffen, so die Richter. Ganz wichtig ist auch, dass sich der Arbeitgeber dann wieder von der betrieblichen Übung getrennt hat, wenn er in drei aufeinander folgenden Jahren das Weihnachtsgeld niedriger auszahlt als zuvor und sich die Arbeitnehmer nicht dagegen wehren.

Streit verursacht auch der Gleichbehandlungsgrundsatz des Arbeitsrechts. Denn weil sie eine zusätzliche Leistung erbringen, haben Arbeitgeber Gestaltungsspielraum, wenn es darum geht, wer sie bekommt und wer nicht. So kann die Zahlung gekürzt werden, wenn jemand nicht das ganze Jahr durchgehend gearbeitet hat ? etwa wegen Erziehungsurlaub oder langer Erkrankungen. Da Weihnachtsgeld auch als Belohnung für geleistete Arbeit gelte, sei das gerechtfertigt, so die Richter.

Eine Grenze haben sie allerdings bei Fehlzeiten wegen Mutterschutz gezogen: Sie müssen mit der tatsächlichen Arbeitsleistung gleich gesetzt werden und dürfen nicht zur Kürzung des Weihnachtsgeldes führen. Ähnliches gilt bei Wehr- und Ersatzdienst. Weil sie verpflichtend sind, kann der Arbeitnehmer nicht deshalb um seinen Anspruch gebracht werden, weil er während des Jahres noch teilweise diese Dienste erfüllte.

Konfliktträchtig sind auch Stichtage. Dazu gehört, dass Beschäftigte zu einem bestimmten Datum im laufenden Arbeitsverhältnis stehen müssen ? beispielsweise am 30. Juni eines Jahres, wenn zum 30. November Weihnachtsgeld gezahlt werden soll. Zulässig ist auch, dass Arbeitnehmer nicht gekündigt haben dürfen, wenn sie das Extra-Geld haben wollen.

Keine Chance auf Durchsetzung von Weihnachtsgeld besteht letztlich, wenn der Arbeitgeber deutlich gemacht hat, dass die Zahlung in seinem «Ermessen» und «freiwillig» ist. Dann hat er es in der Hand, ob er die zusätzliche Leistung erneut erbringt. Damit wird Weihnachtsgeld zwar nicht zum Weihnachtsgeschenk, aber einen Rechtsanspruch gibt es nicht.


4000 sollen rausfliegen

Bild Frankfurt/Main 

Donnerstag, 22. November 2001

Arbeitsrechtler warnt: "Liebe Lufthansa, so einfach ist das nicht?

Bild hat’s berichtet: Die Lufthansa will 4.000 ihrer Mitarbeiter entlassen. Doch der renommierte Arbeitsrechtler Ulrich Weber (Köln, Frankfurt) warnt: "Entlassungen in so großem Stil sind so einfach nicht zu machen.
Der Kranich ist flügellahm: Jede Woche macht die Airline knapp 100 Millionen Mark Miese ? Folge des Buchungsrückgangs nach dem Anschlag aufs New Yorker World Trade Center. Um 2001 keinen Verlust einzufahren, will der Konzern jetzt radikal sparen ? durch massiven Personal-Abbau.

Üblicherweise dürfte es zunächst Mitarbeiter mit Zeitverträgen, Jung-Piloten und Auszubildende treffen. "Arbeitsrechtlich kein Problem?, gesteht Weber zu, gibt aber zu bedenken: "So schickt das Unternehmen seinen Nachwuchs in die Wüste.

Der nächste Posten ist schon schwieriger die betriebsbedingten Kündigungen: Da trifft es gleichermaßen Piloten, Stewardessen, Schalter-Personal, Techniker und Verwaltungsangestellte.

Weber: "Das erfordert einen Sozialplan, geht aber nur mit den Gewerkschaften. Eine fast unlösbare Aufgabe ist die soziale Auswahl. Die Kriterien: Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Höhe der Unterhaltsverpflichtungen.

Weber: "Will man z. B. nur 10 Personen vom Kabinen-Personal entlassen, muss man alle 12.000 vergleichen. Zuletzt trifft es dann doch wieder nur die Jungen, wodurch der LH dann irgendwann die Vergreisung droht?

Webers abschließende Wertung: "Theaterdonner. Der Konzern will die Gewerkschaften nur dazu bringen, dass die akzeptieren: Fünf Tage wird gearbeitet, aber nur vier bezahlt.


Ein Auge auf die Abfindung

Berliner Morgenpost 

Sonntag, 4. November 2001

Mit der richtigen Taktik gibts den höchsten Steuerfreibetrag

von Dr. Martin Pröpper

Die Freude währt meist nicht lange: Bei den beträchtlichen Abfindungen, die heute in vielen Aufhebungsverträgen, bei betriebsbedingten Kündigungen und im Rahmen von Sozialplänen vereinbart werden, hält der Fiskus kräftig die Hand auf. Waren die Zahlungen in der Vergangenheit vollständig steuerfrei, haben Gesetzesänderungen die Steuerschlupflöcher mittlerweile mehr und mehr geschlossen. Wichtig ist deshalb die richtige Taktik, um bei der Abfindung immer noch den Höchstbetrag steuerfrei kassieren zu können.

Gegenwärtig sind Abfindungen «brutto gleich netto» bis 16.000 DM (8.181 Euro) völlig steuerfrei. Beträge bis zu dieser Höhe werden jedem Arbeitnehmer bei der Beendigung der Beschäftigung ohne Abzüge ausgezahlt. Bei höheren Abfindungen gilt: Je älter der Arbeitnehmer, desto besser ? orientiert an Lebensalter und Beschäftigungsdauer steigen die Steuerfreibeträge. Danach bleibt die Abfindung bis zu 20.000 DM steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer mindestens 50 Jahre alt ist und 15 Jahre für denselben Arbeitgeber tätig war. Der Freibetrag erreicht sogar 24.000 DM, wenn der Arbeitnehmer mindestens 55 Jahre alt ist und dabei 20 Jahre für den gleichen Chef gearbeitet hat. Es kann also ein Fehler sein, eine Abfindung verfrüht zu akzeptieren: Wird mit der Beendigung des Arbeitsvertrages noch gewartet, kann womöglich der höhere Freibetrag ausgenutzt werden, und das Finanzamt kassiert nicht mit.

Bei höheren Abfindungen wird der Teil, der die Freibeträge von maximal 24.000 DM überschreitet, zumindest ermäßigt besteuert. Dabei wird die so genannte Fünftelungsmethode angewandt: Die Einkommensteuer für den steuerpflichtigen Teil der Abfindung beträgt das Fünffache der Differenz aus der Steuer des Einkommens und der Steuer des Einkommens zuzüglich einem Fünftel des steuerpflichtigen Abfindungsteils.

Diese graue Theorie lässt sich am besten an einem Beispiel erklären: Angenommen, zum Jahresende trennt sich ein Betrieb von einem Mitarbeiter, der 56 Jahre alt ist und 21 Jahre im Betrieb beschäftigt war. Er verdient 5.000 DM brutto im Monat, vereinbart ist eine Abfindung von 60.000 DM. Aufgrund seines Lebensalters und der Beschäftigungsdauer gilt für den Mitarbeiter der höchste steuerliche Freibetrag, so dass 24.000 DM «brutto gleich netto» kassiert werden können.

Der Restbetrag von 36.000 DM wird wie folgt versteuert: Das Jahresarbeitsentgelt beträgt 60.000 DM (5.000 DM mal zwölf). Für die Berechnung wird von der steuerpflichtigen Abfindung nur ein Fünftel zu Grunde gelegt, also 7.200 DM. Die Einkommensteuer auf einen Jahresverdienst von 67.200 DM beträgt 8.086 DM. Bei 60.000 DM werden hingegen nur 5.846 DM fällig. Die Differenz beträgt also 2.246 DM, welche mit fünf zu multiplizieren ist, um die Steuerlast zu errechnen. Im Ergebnis wird der steuerpflichtige Teil der Abfindung von 36.000 DM also mit 11.230 DM besteuert, plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) kann diese Fünftelungsmethode nur angewandt werden, wenn die Abfindung zu einer so genannten Zusammenballung von Einkünften führt. Das heißt, der Arbeitnehmer muss im Jahr der Zahlung insgesamt höhere Einnahmen erzielen, als wenn er das alte Arbeitsverhältnis fortgesetzt hätte.

Wann aber liegen überhaupt Abfindungen vor, die steuerfrei und steuerermäßigt in den beschriebenen Grenzen gezahlt werden können? Dazu zählen alle Entschädigungen, die der Arbeitnehmer als Ausgleich für die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile erhält, also insbesondere für den Verlust des Arbeitsplatzes. Die Abfindung muss dabei in einer Summe fließen. Werden mit der Zahlung dagegen bereits zuvor entstandene Ansprüche erfüllt, wie beispielsweise noch ausstehender Arbeitslohn, anteiliges Urlaubsgeld oder Tantiemen, handelt es sich nicht um eine Abfindung. Zudem ist für die Steuerfreiheit grundsätzlich immer entscheidend, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat. Keine Chance auf eine steuerfreie Abfindung hat, wer selber kündigt.


Alle sind gleich

Financial Times Deutschland

Dienstag, 30. Oktober 2001

von Ulrich Weber

Nahezu von der Öffentlichkeit unbemerkt hat die europäische Union die Richtlinie 2000/78/EG verabschiedet. Diese verbietet Arbeitgebern, Mitarbeiter bei ihrer Einstellung, ihrem beruflichen Aufstieg und bei der Aus- und Weiterbildung zu benachteiligen. Jede Diskriminierung wegen der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, wegen des Alters oder der sexuellen Ausrichtung ist untersagt. Des weiteren liegt ein Vorschlag der europäischen Kommission für eine Neufassung der Richtlinie 76/207 EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen auf dem Tisch. Da das geltende europäische Recht unmittelbare Auswirkungen auf das nationale Recht haben wird, liegt es auf der Hand, dass beide Richtlinien das deutsche Arbeitsrecht massiv beeinflussen werden.

So könnte die Regelung 2000/78/EG dazu führen, dass Arbeitgeber künftig nur noch neutralisierte Bewerbungsunterlagen anfordern dürfen, aus denen sich weder Alter noch Religionszugehörigkeit, Geschlecht oder eine Behinderung ergeben. Ob bei der Sozialauswahl anlässlich einer betriebsbedingten Kündigung das Alters der Betroffenen noch ein Auswahlkriterium bleiben kann, ist ebenso zweifelhaft wie die Benachteiligung älterer, rentennaher Arbeitnehmer bei Sozialplanabfindungen.

Bisher durfte der Arbeitgeber nach einer möglichen Schwerbehinderung eines Bewerbers fragen. Bei einer falschen Beantwortung konnte der Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten werden. Es bestehen Zweifel, ob diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes in Zukunft noch haltbar sein wird. Der Schutz der sexuellen Orientierung könnte zudem massive Auswirkungen auf das Recht der betrieblichen Altersversorgung haben. Zu klären ist, ob gleichgeschlechtliche Lebenspartner künftig bei Betriebsrenten weiterhin ausgeschlossen werden können.

Bei all diesen Fragestellungen wird sich das Bundesarbeitsgericht streng an die europäischen Vorgabe halten müssen. Auch wird der Arbeitgeber nach der Richtlinie 2000/78 EG nunmehr beweisen müssen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt ist, wenn es den betroffenen Mitarbeitern nur gelingt, Verletzungen dieser Regelung glaubhaft zu machen.

Bei der beabsichtigten Änderung der Richtlinie 76/207 EWG handelt es sich in erster Linie um die Anpassung an die Erfordernisse der Gegenwart. Dazu gehört, dass die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ausdrücklich als Diskriminierung wegen des Geschlechtes verboten wird. Sogar auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesteht sie Betroffenen ein Beschwerderecht zu. Weiterhin wird Frauen das Recht garantiert, nach dem Mutterschutz auf den gleichen Arbeitsplatz zurückzukehren. Zudem wird festgeschrieben, dass in Diskriminierungsfällen angemessen Strafen vereinbart werden müssen.

Energische Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sind selbstverständlich zu begrüßen. Problematisch ist indes, dass der Arbeitgeber auch für sexuelle Belästigungen eines Arbeitnehmers durch einen anderen wirtschaftlich haften soll. Es soll ein umfassender gerichtlicher Rechtsschutz im Form eines Schadensersatzanspruchs ohne finanzielle Obergrenze geschaffen werden. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er in seinem Betrieb vorbeugende Maßnahmen ergreifen muss, um solche sexuellen Belästigung zu verhindern. Wie dies in der Praxis aussehen soll, bleibt offen.


Vieles bleibt ungeklärt

Financial Times Deutschland 

Dienstag, 2. Oktober 2001

von Ulrich Weber

Die aktuelle wirtschaftliche Situation lässt erwarten, dass auch in Deutschland Betriebsstilllegungen und Personalabbau zunehmen werden. Arbeitnehmer, die von künftigen Einschränkungen, Stillegungen, Verlegungen und Spaltungen ihres Betriebes erfasst sein können, werden sich nun damit beschäftigen, welche Auswirkungen sich aus der aktuellen Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) für sie ergeben. Spannend ist diese Frage natürlich auch für die betroffenen Unternehmen. In der Neufassung des Paragraphen 111 BetrVG stellt der Gesetzgeber für die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei einer Betriebsänderung nicht mehr auf die Größe des einzelnen Betriebes, sondern des gesamten Unternehmens ab.

In Zukunft hat der Unternehmer den Betriebsrat von geplanten Betriebsänderungen zu unterrichten, wenn im Unternehmen mehr als 20 wahlberechtigte Unternehmer vorhanden sind. Im Interesse der Waffengleichheit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat enthält die gesetzliche Neuregelung zudem einen Anspruch des Betriesrats auf Unterstützung durch einen externen Berater. Der Betriebsrat kann sich bei Betriebsänderungen ebenso qualifiziert anwaltlich vertreten lassen, wie dies Arbeitgeber in der Vergangenheit regelmäßig getan haben. Insoweit hat der Gesetzgeber hier einen wichtigen Schritt zur Chancengleichheit zwischen beiden Parteien getan.

Eine weitere Neuregelung weist die Einigungsstelle an, bei Sozialentscheidungen auch die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber will Einigungsstelle und Betriebsparteien dazu anregen, den Sozialplan nicht mehr als reines Abfindungsinstrument zu behandeln.

Diese Gesetzesänderung bei der Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten sind sicherlich für die betriebliche Praxis wichtig, eine erhebliche Veränderung der bisherigen Gesetzeslage stellen sie jedoch nicht dar. Der Blick auf das, was der Gesetzgeber in diesem Bereich nicht geregelt hat, ist möglicherweise interessanter. Dem Wunsch vieler Betriebsräte, ihnen auch ein Beteiligungsrecht bei der Frage einzuräumen, ob ein Betrieb stillgelegt wird und ob eine Änderung der Betriebsorganisation vorgenommen wird, ist der Gesetzgeber nicht nachgekommen. Auch Sozialplan und Interessenausgleich können den Arbeitnehmern weiterhin nur dazu dienen, Konsequenzen einer unumstößlichen Organisationsentscheidung des Arbeitgebers zu mildern. Die unternehmerische Freiheit bleibt unangetastet.

Ebenso hat der Gesetzgeber den Arbeitgebern wesentliche Wünsche nicht erfüllt. Ein enges Zeitgerüst für die Verhandlungen über den Sozialplan, Interessenausgleich und die Durchführung des Einigungsstellenverfahrens, wie es die frühere Bundesregierung schon einmal festgelegt hatte, ist nicht vorgesehen. Auch eine Verordnung zur Regelung der Einigungsstellenhonorare bleibt Wunschtraum der Arbeitgeber. Bei allem, was der Gesetzgeber nicht geregelt hat, hat er aber eine Aufforderung an die Betriebsparteien deutlich gemacht: Bei unumgänglichen organisatorischen Änderungen und massivem Personalabbau soll das künftige Ziel von Sozialplänen die Schaffung neuer Arbeitsplätze sein.


Das Euro-Hinterland

brand eins 10/01

Montag, 1. Oktober 2001

Mit der Einführung des Euros wird für jeden spürbar: Europa ist Realität.

Doch nicht nur die Währung wird sich verändern ? schon heute gilt auch in Deutschland europäisches Arbeitsrecht. Und auf diese Veränderung, fürchtet der Kölner Arbeitsrechtler Ulrich Weber, haben sich die wenigsten Unternehmen bisher eingestellt.

Interview: Gabriele Fischer

brand eins: Herr Weber, gestern galt deutsches Arbeitsrecht, heute europäisches ? was ist der Unterschied?

Weber: Nehmen wir das klassische Beispiel: Darf ich eine Arbeitnehmerin im Einstellungsgespräch nach einer Schwangerschaft fragen? Das Bundesarbeitsgericht hat dazu immer gesagt: ja. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sagt: nein.

brand eins: Und was gilt nun?

Weber: Grundsätzlich gilt, dass das Bundesarbeitsgericht in einer Frage, die der EuGH entschieden hat, nicht gegen den EuGH entscheiden kann. Europarecht ist praktisch geltendes Recht in Deutschland.

brand eins: In welchen Fragen entscheidet der EuGH?

Weber: Das ist das Problem. In allen Fragen, die europäische Bestimmungen betreffen und die ihm von irgendeinem deutschen Gericht zur Entscheidung vorgelegt werden. Das heißt: Wo immer sich ein Richter profilieren will, wendet er sich an den EuGH, auch wenn seine Fragestellung nicht eben brillant ist.

brand eins: Was hat Schwangerschaft mit Europarecht zu tun?

Weber: Frauenbenachteiligung. Die entsprechenden EU-Richtlinien verbieten jegliche Benachteiligung unter anderem wegen des Geschlechts, des Alters, der Nationalität, der Religion.

brand eins: Aber ist Diskriminierung nicht auch nach deutschem Recht verboten?

Weber: Sicher, aber in der Vergangenheit ist mit dem Thema in der deutschen Rechtsprechung wesentlich laxer umgegangen worden. Der EuGH trägt da massiv zur Bewusstseinsbildung bei.

brand eins: Was grundsätzlich nicht so schlecht ist ? wo beginnen die Probleme?

Weber: Zum Beispiel beim Thema Teilzeitkräfte. Ich denke, wir werden uns damit abfinden müssen, dass in Deutschland noch für viele Jahre der überwiegende Teil der Teilzeitkräfte Frauen sind. Und wenn ich Teilzeitkräfte schlechter behandle als Vollzeitkräfte, dann sind wir mittendrin in der Frauendiskriminierung. Da hat es bereits einige Turbulenzen gegeben, Stichwort: innerbetriebliche Altersvorsorge. Sowohl die Telekom wie die Deutsche Post AG hatten die Teilzeitkräfte nicht in ihrer Altersversorgung drin ? das auszugleichen hat Milliarden gekostet. Die Kaufhäuser haben versucht, sich an der EuGH-Entscheidung vorbeizudrücken mit dem Argument: Das würde ihrer aller Ruin bedeuten. Es hat ihnen nichts genutzt, und wie wir sehen, sind sie nicht ruiniert. Nach den europäischen Richtlinien muss ich nun einmal Frauen und Männer gleich behandeln und darf Frauen auch nicht benachteiligen, wenn sie Teilzeit arbeiten. Das ist inzwischen auch geltendes deutsches Recht.

brand eins: Haben die Anti-Diskriminierungsregeln noch andere Auswirkungen?

Weber: Manche können wir bisher nur erahnen. Zum Beispiel stellt sich die Frage, ob ich in einem Einstellungsgespräch überhaupt noch nach dem Alter fragen darf. Natürlich wäre es albern, wenn man es nicht dürfte. Aber nach der neuen Richtlinie soll eine Benachteiligung aufgrund des Alters verboten werden. Und es wird schon noch einiger EuGH-Entscheidungen bedürfen, um zu klären, wo Diskriminierung im Arbeitsleben anfängt. Darf das Alter zum Beispiel bei einer betriebsbedingten Kündigung oder bei Massenentlassungen eine Rolle spielen? Noch ist es ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, dass die Sozialauswahl im Wesentlichen nach Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltsverpflichtungen erfolgt. Aber wenn ich niemanden wegen seines Alters diskriminieren darf: Darf ich dann jemanden, nur weil er jünger ist, rausschmeißen?

brand eins: Und Betriebszugehörigkeit hat ja auch etwas mit Alter zu tun: Der 30-Jährige bringt es kaum auf 20 Jahre in der Firma.

Weber: So ist es ? und das könnte bedeuten, dass die Sozialauswahl auf die Unterhaltsverpflichtungen zusammengedampft wird. Das wäre ein Horror-Szenario.

brand eins: Du, glückliches Österreich, heirate ?

Weber: Genau ? kein potenter Österreicher könnte in Deutschland mehr entlassen werden. Nicht einstellen darf ich ihn natürlich auch nicht, sonst diskriminiere ich ihn aufgrund seiner Nationalität. Da steckt noch eine Menge Zündstoff drin.

brand eins: Ähnlich brisant scheint auch das Thema Betriebsübergang zu sein. Da hat der EuGH im Fall der Putzfrau Christel Schmidt ebenfalls deutsches Recht ein wenig umgeschrieben.

Weber: Die zu klärende Frage war: Ab wann ist von einem Betriebsübergang auszugehen, der ja zur Folge hat, dass alle Arbeitnehmer übernommen werden müssen. Nach deutschem Recht war die Voraussetzung für einen Betriebsübergang, dass alle sächlichen und immateriellen Betriebsmittel übertragen werden. Das sah der EuGH anders. Nach seiner Auffassung geht es im Wesentlichen darum, "ob die wirtschaftliche Identität der betrieblichen Organisation beim Erwerber beibehalten wird?.

brand eins: Das heißt im Klartext?

Weber: Angenommen, eine andere Zeitschrift steht zum Verkauf. Sie sind jedoch nur an fünf der zehn Mitarbeiter und zum Beispiel an der Abonnenten-Kartei interessiert. Das geht nicht, da müssen Sie schon den ganzen Laden übernehmen.

brand eins: Und wenn ich nur die Abonnenten-Kartei haben wollte ? und vielleicht den Namen?

Weber: Das ist kein Betriebsübergang. Sie müssten schon eine betriebliche Einheit übernehmen.

brand eins: Was wäre, wenn eine große Agentur einer kleinen Agentur das beste Team abwirbt?

Weber: Das ist möglich. Kritisch kann es werden, wenn die große Agentur der kleinen einen Etat abwirbt und gleichzeitig den größten Teil des Teams, das auf diesem Etat gearbeitet hat. Nach der Christel-Schmidt-Entscheidung hätte schon die Abwerbung des Teams gereicht. Das wurde aber in einer Folgeentscheidung korrigiert: Nun reicht nicht mehr die reine Funktionsnachfolge, ein Betriebsübergang liegt erst vor, wenn ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil der Belegschaft übernommen worden ist, die der Vorgänger bei der betreffenden Tätigkeit eingesetzt hat.

brand eins: Der EuGH hat den Schutz der Schwachen im Sinn. Tatsächlich können sie trotzdem nach dem Betriebsübergang betriebsbedingt gekündigt werden?

Weber: Sicher ? doch Sie übernehmen die Arbeitnehmer mit allen Rechten und Pflichten, das heißt, sie sind den Mitarbeitern der übernehmenden Firma gleichgestellt. Bei einer Sozialauswahl müssen Sie also alle Mitarbeiter einbeziehen, das ist nicht so einfach.

brand eins: Was dräut uns noch aus Brüssel?

Weber: Eine der weit reichendsten Veränderungen betrifft die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Da wird es eine Verschärfung geben: Künftig hat der sexuell Belästigte ? egal, ob Mann oder Frau ? einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber. Wenn also beispielsweise eine Sekretärin von ihrem Vorgesetzten belästigt wird, kann sie nicht nur diesen Vorgesetzten verklagen, sondern auch den Arbeitgeber. Und zwar ohne die Begrenzungen, wie sie bisher im deutschen Recht üblich waren. Das kann richtig Geld kosten.

brand eins: Das ist immer auch eine Frage des Nachweises.

Weber: Nicht mehr: Nach der EU-Richtlinie muss der Arbeitgeber nachweisen, dass es keine Diskriminierung gegeben hat. Ob man also künftig einem Mann noch raten kann, allein mit einer Frau im Aufzug zu fahren, wage ich zu bezweifeln.

brand eins: Die Haltung der EU-Richter ist durchaus sympathisch, aber vielleicht nicht ganz tauglich für den Alltag?

Weber: Ich bin persönlich auch der Meinung, dass die EU-Richter beim Thema sexuelle Diskriminierung am Arbeitsplatz ein wenig übers Ziel hinausgeschossen sind. Aber im Grunde stellen sie auch hochinteressante Fragen zur Gesellschaftspolitik. Zum Beispiel darf auch niemand mehr wegen seiner sexuellen Neigung benachteiligt werden. Das könnte bedeuten, dass ich künftig einem schwulen Lebensgefährten nicht länger die Hinterbliebenenversorgung oder die betriebliche Altersversorgung verweigern darf.

brand eins: Das würde die Kosten der Altersversorgung dramatisch erhöhen.

Weber: Richtig ? und ich habe das Gefühl, dass unsere Politiker noch gar nicht gemerkt haben, dass in Brüssel Entscheidungen getroffen werden, die enorme praktische Auswirkungen haben. Allein die Beweislastumkehr bei der sexuellen Belästigung: Natürlich bin ich dafür, dass man einen Vorgesetzten, der seiner Mitarbeiterin in den Ausschnitt greift, vor die Tür setzt. Aber was ist mit der Sekretärin, die ständig mit hochgeschobenem Rock vor ihm sitzt? Da kommt einiges auf uns zu. Es wird Zeit, dass wir diese EU-Richtlinien richtig ernst nehmen.


Fehlstart vermeiden

Focus Money 37/2001

Sonntag, 30. September 2001

Viele Arbeitsverträge bergen Fallstricke. Wer sie erkennt und gut verhandelt, kann geldwerte Vorteile für sich herausschlagen.

von Melanie Rübartsch

Besonders stolz war Bettina Schneider (Name geändert), weil sie ihrem Chef statt der üblichen sechsmonatigen Probezeit eine dreimonatige abgerungen hatte. Deshalb fiel die frisch gebackene Marketing-Managerin aus allen Wolken, als der ihr bereits nach fünf Monaten ohne Begründung mitteilte, der nächste Erste sei der Letzte. Empört verwies sie auf die überstandene Probezeit ? aber vergeblich. Ihr Fehler: Weil der gesetzliche Kündigungsschutz erst nach sechs Monaten greift, sind kürzere Probezeiten wirkungslos. Nur wenn auch ein vorgezogenes Einsetzen der Schutzvorschriften vereinbart ist, darf sich der Arbeitnehmer sicher fühlen.

Riskante Regeln.
»Ein typisches Versäumnis beim Abschluss von Arbeitsverträgen«, weiß Anwalt Knut Müller vom Münchner Büro der Kanzlei Weber und Partner. Fallstricke verbergen sich oft auch hinter scheinbar harmlosen Formulierungen. "Viele erkennen die Folgen solcher Klauseln nicht, müssen sich nach der Unterschrift aber meist daran halten", bestätigt Oliver Grimm, Arbeitsrechtler der Kanzlei Wessing in München.

Ein alltägliches Risiko: Allein im Jahr 2000 wurden in Deutschland laut Bundesanstalt für Arbeit rund 8,8 Millionen neue Arbeitsverhältnisse begonnen. Da der Vertrag den Jobneuling oft für viele Jahre bindet, lohnt es sich, seinen Inhalt genau unter die Lupe zu nehmen. Und wer Klauseln mit doppeltem Boden übersetzen kann, hat gute Chancen, nachteilige Konsequenzen in klugen Verhandlungen zu entschärfen.

Vertragsfibel.
"Häufig stolpern Angestellte über Details", weiß Anwalt Grimm. So willigen Arbeitnehmer, die "für die Dauer vom 1. Januar bis zum 30. Juni zur Probe eingestellt" werden, nicht etwa in eine halbjährige Probezeit, sondern in ein befristetes Arbeitsverhältnis ein. Folge: Gibt es Ende Juni keinen neuen Vertrag, läutet die bestandene Probe nicht den Übergang ins vollwertige Arbeitsleben ein, sondern sein Ende.

Wer durch schlampiges Lesen Rechte verspielt, spürt die Folgen schnell im Portemonnaie. Sind etwa Ausschlussfristen vereinbart (s. Kasten), hat der Mitarbeiter nur begrenzt Zeit, ausstehenden Lohn oder Prämien beim Chef geltend zu machen. Verpasst er die Deadline, geht er leer aus. Doch manchmal kann sich der Unterzeichner auch beruhigt zurücklehnen. Anwalt Müller: "Ausschlussklauseln sind ungültig, wenn sie keine genauen oder zu kurze Fristen regeln."

Immer wieder versuchen Chefs außerdem, ihren Angestellten bei grundsätzlich üblichen Vereinbarungen, etwa Wettbewerbsverboten oder Freistellungen, unwirksame Bedingungen unterzujubeln. "Solche Klauseln werden, sofern sie nicht gänzlich ungültig sind, auf ihr zulässiges Maß reduziert", erläutert Grimm. So kann ein Chef Ex-Managern Jobs im Konkurrenzbetrieb räumlich und zeitlich nur insoweit untersagen, wie der neue Job seine eigenen Geschäfte tatsächlich gefährdet ?, egal ob der Vertrag ein fünfjähriges weltweites Verbot vorschreibt.

Penible Paragraphen.
Den Spielraum für Überraschungen begrenzen Arbeitnehmer, wenn sie den Vertrag möglichst konkret aushandeln. "So sollten die Bedingungen für Tantiemen oder Boni klar definiert werden", rät Müller. Und eine detaillierte Jobbeschreibung bietet Schutz vor plötzlichen Versetzungen. Grund: Der Kandidat muss einen vergleichbaren Posten bekommen. »Wurde er aber für eine bestimmte Abteilung oder ein konkretes Projekt eingestellt, hat der Chef weniger Versetzungsmöglichkeiten«, erklärt Anwalt Grimm.

Zum kritischen Vertragscheck raten deshalb nicht nur Anwälte, sondern auch der Volksmund: "Drum prüfe, wer sich ewig schindet, ob sich nicht noch was Besseres findet."

Nicht jede Regel ist erlaubt

  • Nebentätigkeit. Ein Verbot ist unwirksam, die Meldung beim Chef kann vorgeschrieben werden. Der muss zustimmen, wenn der Nebenjob die Hauptarbeit nicht stört.

  • Wettbewerbsverbote. Sie sind nur wirksam, wenn der Vertrag eine Entschädigung vorsieht. Das Verbot darf maximal zwei Jahre dauern.

  • Ausbildung. Der Chef kann Seminarkosten zurückverlangen, wenn der Mitarbeiter kündigt. Nach maximal fünf Jahren ist die Rückforderung allerdings ausgeschlossen.

  • Dienstwagen. Der Chef kann die Rückgabe des Autos direkt nach der Kündigung nur verlangen, wenn er einen Ausgleich zahlt. Freistellung. Klauseln, die jederzeit eine bedingungslose Freistellung erlauben, sind unwirksam.

  • Prozesse. An Vereinbarungen zum Gerichtsstand für Arbeitsgerichtsverfahren müssen sich Angestellte nicht halten.

  • Probezeit. Der Chef darf die Probezeit nach Ablauf von sechs Monaten nicht nochmals verlängern.

Knifflige Klauseln und ihre Bedeutung
Knifflige Klauseln und ihre Bedeutung

"Die ersten drei Monate gelten als Probezeit."

Obwohl die Probezeit verkürzt ist, kann der Chef dem Mitarbeiter in den ersten sechs Monaten ohne Begründung kündigen. Zusätzlich zur Verkürzung sollten Arbeitnehmer aushandeln, dass auch der gesetzliche Kündigungsschutz früher greift.

"Die Gesellschaft behält sich vor, dem Arbeitnehmer auch andere, seinen Fähigkeiten entsprechende, zumutbare Aufgaben zu übertragen und ihn an einen anderen Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort zu versetzen."

Auf Verlangen des Chefs muss der Arbeitnehmer auch kurzfristig in eine Abteilung oder Unternehmenstochter in einer anderen Stadt umziehen. Das lässt sich mit einer Klausel vermeiden, nach der die Versetzung nur einvernehmlich möglich ist.

"Es gilt eine Ausschlussfrist von zwei Monaten."
Der Mitarbeiter muss ausstehende Forderungen gegenüber dem Chef binnen zwei Monaten ? am besten schriftlich ? geltend machen, sonst verfallen sie.

"Die Gewährung der Gratifikationen erfolgt freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht."
Der Chef kann die Zahlung von Weihnachts- oder Urlaubsgeld jederzeit einstellen. Die Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf Zahlung.

"Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsgehalt zu zahlen, wenn er die Arbeit rechtswidrig nicht aufnimmt."
Findet der Mitarbeiter noch vor Dienstantritt einen besseren Job, kommt er aus dem bereits unterzeichneten Vertrag nur raus, wenn er zahlt.

Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer für die Dauer des Arbeitsverhältnisses einen Dienstwagen zur Verfügung."
Der Manager kann bei solch unbestimmten Formulierungen keinen bestimmten Wagen verlangen ? der Chef darf das Auto aussuchen. Unsicher ist auch, ob der Mitarbeiter den Wagen privat nutzen darf.


Der leitende Angestellte ? ein Status mit Tücken?

SesselWechsel, Newsletter 09/01

Samstag, 1. September 2001

Teil 2: Der leitende Angestellte nach der Definition des Betriebsverfassungsgesetzes

von Rechtsanwalt Peter Rölz und Rechtsanwältin Stephanie Lenze

Dass der Status eines leitenden Angestellten aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht gerade erstrebenswert ist, hat bereits der letzte Beitrag gezeigt. Der leitende Angestellte steht zwischen Arbeitgeber und der Arbeitnehmerschaft und wird deshalb vom Gesetz nicht wie die anderen Arbeitnehmer geschützt. Dabei ist vielen Führungskräften nicht bekannt, dass der Begriff des leitenden Angestellten kein einheitlicher ist, sondern der Status nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft ist.

Bestimmung des Status nach § 5 Abs. 3 BetrVG
Die Grundlage für die Statusbestimmung ist in KSchG und BetrVG gleich: Hier kommt es nicht auf das Selbstverständnis, des Angestellten oder dessen Bezeichnung an, sondern entscheidend ist allein die aktuelle, tatsächliche Stellung im Betrieb oder Unternehmen. Ohne Bedeutung ist daher die Regelung im Anstellungsvertrag nach der die Führungskraft "leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG" ist. Zwar muss der leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes nach dem Gesetzeswortlaut die Kriterien des § 5 Abs. 3 nach Arbeitsvertrag und Stellung im Betrieb oder Unternehmen erfüllen, doch reicht es hierzu aus, dass er die leitende Funktion mit der Billigung des Arbeitgebers praktisch ausübt. Einer schriftlichen Vereinbarung bedarf es nicht.

Danach ist der Personenkreis der leitenden Angestellten im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes kleiner als erwartet. Der Anteil der "Leitenden" bezogen auf die gesamte Arbeitnehmerschaft liegt je nach Branche und Betriebsgröße lediglich zwischen 0,8 und 4,3 Prozent.

Einstellungs- und Entlassungsbefugnis
Leitender Angestellter ist nach Nr. 1 des § 5 Abs. 3 BetrVG, wer zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Die Berechtigung muss im Innenverhältnis zum Arbeitgeber, d.h. aufgrund einer internen Befugnis vorliegen, eine bloße Außenvollmacht (Handlungsvollmacht, Prokura) genügt nicht. Die Kompetenz muss sowohl für die Einstellung als auch für die Entlassung vorliegen. Ist die Führungskraft nur alternativ zu Entlassung oder Einstellung berechtigt, begründet dies nicht den Status eines "Leitenden" nach Nr. 1. "Selbständig" handelt nur derjenige, der einen eigenen Entscheidungsspielraum hat und weder an die Zustimmung des Arbeitgebers noch an die eines Dritten gebunden ist. Ein Personalleiter, der nur gemeinsam mit dem Fachvorgesetzten Entscheidungen treffen kann, entscheidet deshalb nicht selbständig im Sinne der vorstehenden Definition.

Schließlich muss nach der Rechtsprechung die Kompetenz eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern (mindestens eine Arbeitnehmergruppe, einen Betrieb oder einen Betriebsteil) erfassen. Ein nur eng umgrenzter Personenkreis genügt nicht. Das Bundesarbeitsgericht stellte kürzlich zum Status des leitenden Angestellten nach § 14 Abs. 2 KSchG (Urteil vom 18.10.2000, 2 AZR 465/99) klar, dass die Personalkompetenz auch einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen muss, was gleichermaßen für den Status nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG gilt. Vereinzelte Einstellungen und Entlassungen sind deshalb nicht ausreichend.

Generalvollmacht oder Prokura
Nach Nr. 2 ist leitender Angestellter, wer über Generalvollmacht oder Prokura verfügt, wobei die Prokura im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend sein darf. Die sogenannten "Titularprokuristen", die zwar formal als Prokurist im Handelsregister eingetragen, aber im Innenverhältnis nicht befugt sind, von ihrer Prokura Gebrauch zu machen, gehören deshalb nicht zum Kreis der leitenden Angestellten.

Das Bundesarbeitsgericht verlangt vielmehr, dass der Prokurist unternehmerische Leitungsaufgaben nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG wahrnehmen muss und diese unternehmerischen Befugnisse sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber bestehen.

Da der unternehmerische Einfluss von Angestellten in Stabsfunktionen auf das Verhältnis zum Arbeitgeber beschränkt ist und ihm regelmäßig keine unmittelbare Wirkung nach außen zukommt, sind Prokuristen mit Stabsfunktion keine leitenden Angestellten im Sinne der Nr. 2 des § 5 Abs. 3 BetrVG. Allerdings können sie auf der Grundlage der Nr. 3 zum Kreise der "Leitenden" gehören.

Entscheidung über unternehmerische Gesamtaufgaben
Angestellte, die regelmäßig über einen beachtlichen Teilbereich unternehmerischer Gesamtaufgaben entscheiden können und dürfen, sind leitende Angestellte nach Nr. 3 des § 5 Abs. 3 BetrVG.

Voraussetzung dafür ist, dass die von diesen Arbeitnehmern wahrgenommenen Aufgaben für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind und die Wahrnehmung dieser Aufgaben besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt. Dabei muss der Angestellte die Entscheidungen im wesentlichen frei von Weisungen treffen oder sie zumindest maßgeblich beeinflussen. Eine maßgebliche Einflussnahme liegt dabei vor, wenn die Entscheidungsträger an den Vorschlägen der Führungskraft nicht vorbeigehen können, wie dies insbesondere bei Angestellten mit Stabsfunktion der Fall sein kann.

Die Entscheidungsbefugnis muss sich auf einen beachtlichen Teilbereich der Gesamtaufgaben erstrecken, wie beispielsweise die Leitung des Rechnungswesens, der Öffentlichkeitsarbeit, der Forschung oder der Personalabteilung. Diese Aufgabe muss den Schwerpunkt der Tätigkeit des Angestellten darstellen und seine Beschäftigung prägen.

Auslegungshilfe in § 5 Abs. 4 BetrVG
Bleiben Zweifel, ob die Führungskraft als "leitend? im Sinne der Nr. 3 gilt, kann die Auslegungsregel des § 5 Abs. 4 BetrVG weiterhelfen. Danach ist im Zweifel leitender Angestellter nach Nr. 3, wer:

  • aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftig gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist,

  • einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind,

  • ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt enthält, das dem Arbeitsentgelt der Angestellten entspricht, die vergleichbare Aufgaben wahrnehmen,

  • und, sofern dies zweifelhaft ist, ein regelmäßiges Arbeitsentgelt erhält, welches das dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (in den alten Bundesländern zur Zeit DM 161.280-, in den neuen DM 136.080.-) überschreitet.

Zu beachten ist, dass diese Kriterien nicht selbständig zur Statusbestimmung herangezogen werden können, sondern nur eine Entscheidungshilfe für Zweifelsfälle der Nr. 3 geben können. Aus diesem Grunde ist es durchaus denkbar, dass auch Angestellte mit einem "Millionengehalt" nicht als "Leitende" anzusehen sind.

Rechtliche Folgen für den leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG
Ist die Führungskraft nach den vorgenannten Kriterien als leitend zu qualifizieren, finden die Vorschriften des BetrVG nach § 5 Abs. 3 BetrVG auch nach der zum 28. Juli dieses Jahres in Kraft getretenen Reform bis auf wenige Ausnahmen keine Anwendung.

Der Betriebsrat ist deshalb nicht für die Wahrnehmung der Interessen des leitenden Angestellten zuständig, an seine Stelle tritt der Sprecherausschuss. Betriebsvereinbarungen haben für den leitenden Angestellten keine Gültigkeit. Sofern keine Richtlinie zwischen Sprecherausschuss und Unternehmensleitung besteht, sind deshalb allein die Bestimmungen des Anstellungsvertrages maßgeblich.

Auch unterfallen leitende Angestellte nicht der wirtschaftlichen Mitbestimmung. Sie sind deshalb von den Ansprüchen aus einem Sozialplan ausgeschlossen und müssen durch einzelvertragliche Vereinbarung einen entsprechenden Ausgleich aushandeln. Gerade im Zeitalter von Personalabbau droht hier dem "Leitenden" der Jobverlust ohne Abfindungsanspruch.

Während die Nachteile für den leitenden Angestellten nach dem Betriebsverfassungsgesetz noch überschaubar sind, muss der leitende Angestellte im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes akzeptieren, dass sein Anstellungsverhältnis für den Arbeitgeber relativ einfach zu beenden ist. Hierüber und über die Unterschiede der Statusbestimmung gibt der nächste Beitrag Aufschluss.



Und plötzlich ist alles neu

Berliner Morgenpost 

Sonntag, 12. August 2001

Nicht jede Änderung, die der Chef anordnet, muss akzeptiert werden

von RA Dr. Martin Pröpper

Seit viereinhalb Jahren arbeitet Sebastian G. jetzt schon im Betrieb. Doch von einem Tag auf den anderen ist alles anders. Unruhe macht sich unter den Kollegen breit. Bei einer Betriebsversammlung hat die Geschäftsleitung mitgeteilt, ein Teil des Betriebs werde bald an einen anderen Standort verlegt. Ein Großteil der Kollegen werde betroffen sein, heißt es. Und das ist noch nicht alles. Am neuen Arbeitsort sollen sich die Aufgaben für die Betroffenen ganz erheblich ändern. Diese Ankündigungen verunsichern nicht nur Sebastian G. Viele Kollegen fragen sich, ob sie sich die vom Chef geplanten Änderungen zum Arbeitsort und zur -aufgabe gefallen lassen müssen? Müssen alle Veränderungen im Job akzeptiert werden?

Hier hilft zunächst ein Blick in den Arbeitsvertrag. Er bestimmt, unter welchen Bedingungen die Firma berechtigt ist, Arbeitnehmer zu versetzen. Ist dort, was aber eher selten der Fall ist, nichts vereinbart, muss sich der Arbeitnehmer keine Versetzung gegen seinen Willen gefallen lassen. In aller Regel konkretisieren Arbeitsverträge aber das Weisungsrecht des Arbeitgebers bei Versetzungen. Dabei verstehen die Arbeitsgerichte unter Versetzungen zum einen die örtliche Veränderung des Arbeitsplatzes ? also den Wechsel an einen neuen Standort. Zum anderen gehören aber auch inhaltliche Veränderungen im Job dazu ? also zusätzliche Arbeiten oder Wegfall bisheriger Aufgaben.

Zum Einsatzort finden sich in Arbeitsverträgen zum Beispiel oft einseitige Regelungen zugunsten der Firma wie «Der Beschäftigte hat seinen Arbeitsort in Berlin, kann aber auch andernorts eingesetzt werden.» Ist eine solche Bestimmung vorgesehen, kann die Firma einen neuen Arbeitsort zuweisen. Fehlt eine solche Bestimmung ganz oder ist nur Berlin als Arbeitsort vorgesehen, muss die Firma allerdings eine Änderungskündigung aussprechen, um einen neuen Arbeitsort durchsetzen zu können.

Typisch in Sachen Jobinhalt sind in Arbeitsverträgen Klauseln wie «Der Mitarbeiter ist verpflichtet, alle gleichwertigen und zumutbaren Arbeiten auszuführen» oder auch «Die Firma behält sich vor, dem Mitarbeiter andere seiner Vorbildung und Fähigkeiten entsprechende Aufgaben zu übertragen». So versucht die Firma, sich schon im Voraus einen möglichst weiten Spielraum für die Zuteilung neuer Aufgaben zu verschaffen.

Denkbar ist aber auch die Festlegung auf einen ganz bestimmten Job wie «Autoverkäufer.» Dann kann der Arbeitnehmer auch wirklich nur zum Verkauf von Autos eingesetzt werden, andere Verkaufsaufgaben muss er nicht akzeptieren. Anders ist es, wenn der Job lediglich fachlich umschrieben wird, zum Beispiel als «Verkäufer.» Dann müssen alle Verkaufstätigkeiten erfüllt werden, die der Chef vorgibt. Soweit der Arbeitsvertrag also die vom Chef vorgesehene Veränderung abdeckt, kann er durch sein Weisungsrecht vom Arbeitnehmer verlangen, der Versetzung nachzukommen. Doch solche Klauseln sind nicht grenzenlos einseitig zum Vorteil der Firma möglich. Jede vertragliche Versetzungsklausel ist immer daraufhin zu überprüfen, ob nicht geltendes Recht verletzt wird, wie insbesondere das Kündigungsschutzgesetz. Auch der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben findet Anwendung: Niemals kann der Arbeitgeber deshalb mit der Versetzung dem Mitarbeiter das Gehalt kürzen. Das ist selbst dann nicht möglich, wenn eine solche Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag vorgesehen ist.

Aus diesem Grund sind Klauseln immer unwirksam, mit denen dem Unternehmen die Versetzung des Mitarbeiters auf einen anderen Job gestattet, der dann eine geringere Vergütung zur Folge hat. Will der Arbeitgeber dennoch eine geringere Vergütung durchsetzen, muss er daher immer zum Mittel der Änderungskündigung greifen. Sein Weisungsrecht reicht für die Gehaltskürzung auf keinen Fall aus.



Tanja Szewczenko im Clinch mit Atze Brauners Filmfirma

Berliner Morgenpost 

Samstag, 11. August 2001

Den Film «Kasachstan Lady» wird Tanja Szewczenko wohl in ihrem ganzen Leben nicht vergessen. Am Anfang der Dreharbeiten, im Sommer 1999, lernte die Ex-Eiskunstläuferin ihre große Liebe, den GZSZ-Schauspieler Daniel Fehlow, kennen. Doch nach Drehschluss brachte der Film ihr eine Menge Ärger ein ? und führte sie jetzt sogar vors Berliner Landgericht. Dort stritt sie sich mit Filmmogul Artur «Atze» Brauner um ihr Künstlerhonorar.

Der Fall: Ende 1998 unterschrieb Tanja Szewczenko einen Vertrag für eine Rolle in «Kasachstan Lady», eine Filmproduktion der CCC Filmkunst GmbH, die Atze Brauner gehört. Inhalt: Die Eisprinzessin erhält eine Tagesgage von 3.500 Mark, wobei mindestens zehn Drehtage garantiert werden. Die Dreharbeiten in Weißrussland und Babelsberg verzögerten sich, Tanja Szewczenko stand fünf Tage länger vor der Kamera, wollte von Atze Brauner dafür das entsprechende Honorar. «Doch das wollte Herr Brauner nicht bezahlen. Mit der Begründung, Tanja hätte bei den Dreharbeiten in Weißrussland seinem Bruder Wolf Brauner gegenüber geäußert, sie würde auch mehr als zehn Tage für das gleiche Honorar vor der Kamera stehen», sagt Szewczenko-Anwalt Dr. Martin Pröpper von der Berliner Kanzlei Weber & Partner GbR. «Das stimmt natürlich nicht. Welche Motivation sollte Tanja auch gehabt haben, fünf Tage einfach herzuschenken?»

Im September erhob Tanja Szewczenko Klage beim Landgericht Berlin ? und bekam jetzt in erster Instanz Recht. Nicht nur, was die Zahlung des ausstehenden Honorars für die Mehr-Tage angeht. Auch eine Schadensersatzforderung in Höhe von «mindestens 50 000 Mark», die Brauner wiederum gegen Tanja Szewczenko anstrengte (weil sie sich in der Öffentlichkeit negativ über das Filmprojekt geäußert habe) schlug das Gericht nieder.

Ebenso erfolgreich war Dr. Martin Pröpper bei der Durchsetzung ausstehender Spesen. «Dabei ging es vor allem um Flugkosten. Wenn längere Drehpausen anstanden, flog Tanja von Russland nach Berlin. Herr Brauner wollte diese Kosten nicht voll tragen. Weil Tanja nicht so häufig hätte fliegen sollen, auch mal vor Ort hätte warten können.»

Artur Brauner bedauert den Streit, weil Tanja Szewczenko «eine begnadete Schauspielerin und ein anständiges Mädchen» sei. Dennoch ging er als Chef der verklagten Filmfirma gerade in Berufung. Der Verhandlungstermin vor dem Berliner Kammergericht steht noch nicht fest.



Peter Rölz - bei ihm verliert sogar die Kündigung ihren Schrecken

Bild Frankfurt/Main 

02.08.2001

Der beste Arbeitsrechtler setzt nicht nur auf Paragraphen

Modische Brille, hellwacher Blick. Hemdsärmelig sitzt Peter Rölz hinter seinem dunklen Schreibtisch, ohne Schlips. Die Hände ruhen in seinem Schoß. Keine Zigarette nach der er nestelt. Keine Kaffeetasse mit der er klappert. Der Mann ist die Ruhe selbst. Es gibt 400 Fachanwälte für Arbeitsrecht in Frankfurt. Peter Rölz ist der Beste. 35 Jahre alt. Manager, Abteilungsleiter, große Firmen sind seine Klienten, wenn ein Job in die Brüche geht. Manche heuern ihn an, damit er nicht die Gegenseite vertreten kann. Anwälten ist das verboten.

Was macht einen guten Anwalt aus?

"Gutes Gespür", sagt er. "Beim Arbeitsrecht helfen Paragraphen wenig. Eine Kündigung darf nicht unsozial sein, sagt der Gesetzgeber. Aber nirgendwo steht, was das konkret bedeutet."

Also braucht der Anwalt Strategie und Taktik. So wie bei zwei Bank- Geschäftsführern, die fristlos gefeuert worden waren. Rölz überzeugte den Richter, dass der komplette Aufsichtsrat als Zeugen geladen werden müsse.

Das wollten die Herren lieber nicht. Man einigte sich auf Abfindungen.

Ziel erreicht. Denn: "Ein Anwalt, der die meiste Zeit im Arbeitsgericht verbringt, kann kaum Geld verdienen." Gerichtsgebühren bringen´s nicht. Außergerichtliche Einigungen (= Vergleiche) lohnen mehr.

700,00 DM pro Stunde kalkuliert der Anwalt als Honorar. Dafür nimmt er in Kauf, der Buhmann zu sein. Aber: "Firmen, die mich vor Gericht am heftigsten beschimpfen, rufen danach manchmal an, ob ich sie nicht in Zukunft vertreten wolle."

Seine Karriere begann in der Opel ? Rechtsabteilung: "Eine tolle Zeit, ein tolles Unternehmen." Vor fünf Jahren gründete er die Frankfurter Niederlassung der Kanzlei Ulrich Weber & Partner. Mit einer Sekretärin und einem Aktenschrank.

Heute arbeiten vier Kollegen und drei Sekretärinnen in seiner Kanzlei im Westend. Und auch das wird bald nicht mehr reichen: "Wir suchen langsam was Größeres."

Der Tagesablauf des Anwalts: 5.00 Uhr: Aufstehen. 7.00 Uhr: Arbeitsbeginn, die ersten Mandanten kommen um halb acht. 9.00 bis 12.00 Uhr: Gericht. Schnell eine Stulle. Dann Mandanten-Gespräche. Vor 19.30 Uhr ist er selten daheim.

"Dafür gibt?s die eiserne Regel: Am Wochenende wird nicht gearbeitet." Dann steht er als Libero des FC Höchst auf dem Fußballplatz. Und kümmert sich um Sohn Christopher (9) und Ehefrau Christina. Die hat er als Referendar beim Praktikum kennen gelernt.

"Damals fuhr ich noch einen klapprigen Golf", schmunzelt er. Heute einen 530er BMW mit Navigationssystem.

Goldene Regeln
Bei Einstellung/Jobwechsel Arbeitsvertrag vom Anwalt prüfen lassen. Sonst könnte es schon hier die falsche Weichenstellung geben, weil das Papier rechtlich bedenklich ist.

Korrektes Verhalten: Wenn´s kriselt, werden Dinge hochgespielt, die vorher toleriert wurden ? z.B. private Telefonate oder das dienstlich abgerechnete Essen mit der Ehefrau.

Droht Unheil, frühzeitig zum Anwalt gehen. Der sollte zunächst aber nur im Hintergrund beraten ? sonst ist das Tischtuch zum Arbeitgeber sofort zerschnitten.

Auseinandersetzungen ums Prinzip vermeiden: Eine Abmahnung verursacht keinen unmittelbaren Schaden.

Ist der Riss nicht mehr zu kitten: Raushalten, Anwalt machen lassen. Der Betroffene ist meist zu emotional.


Der leitende Angestellte ? ein Status mit Tücken?

Sesselwechsel Newsletter 08/01

Mittwoch, 1. August 2001

Teil 1:

Ein Überblick über die Besonderheiten der Stellung des leitenden Angestellten

von Rechtsanwalt Peter Rölz, RA Weber & Partner, Frankfurt a. M. und Rechtsanwältin Stephanie Lenze

In Führungskreisen herrscht nicht immer Klarheit über den eigenen Status. Führungspositionen werden sowohl von Arbeitnehmern, von Organmitgliedern juristischer Personen (Vorstände und Geschäftsführer) als auch von leitenden Angestellten ausgeübt. Der Begriff des leitenden Angestellten ist im Arbeitsleben zwar weit verbreitet, doch sind tatsächlich nur die wenigsten leitende Angestellte im arbeitsrechtlichen Sinne.

Die rechtlichen Besonderheiten, die dieser Status begründet, sind weitgehend unbekannt. So streben viele Führungskräfte die Position des leitenden Angestellten an, ohne zu wissen, dass sie ihnen arbeitsrechtlich gesehen nur Nachteile bringt. Eine fehlerhafte Einschätzung des eigenen Status kann insbesondere bei Aufhebungsverhandlungen zu unangenehmen Überraschungen und letztlich auch zu finanziellen Nachteilen führen. Diese Beitragsreihe zeigt zum einen auf, welche Personen zum Kreis der leitenden Angestellten gehören, denn nicht jede Führungskraft, die nach dem Anstellungsvertrag die Position eines "Leitenden? inne hat, ist tatsächlich leitender Angestellter im Sinne arbeitsrechtlicher Bestimmungen. Der Status lässt sich nämlich nicht einfach vertraglich bestimmen. Zum anderen werden von den Autoren die rechtlichen Auswirkungen dargestellt, die mit diesem Status verbunden sind.

Arbeitnehmereigenschaft
Rechtliche Grundlage für die Beziehung zwischen Führungskraft und Unternehmen ist stets ein Dienstverhältnis, das nur dann als Arbeitsverhältnis arbeitsrechtlichen Vorschriften unterliegt, wenn die Führungskraft Arbeitnehmereigenschaft besitzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Arbeitnehmer, wer in besonderem Maße persönlich abhängig ist und eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer der versprochenen Dienste besteht. Der "klassische? Arbeitnehmer kann also nicht unabhängig und frei über seine Dienstleistung entscheiden, sondern er ist in den Betrieb seines Vertragspartners eingegliedert, wo er seine Dienste nach dessen Weisungen erbringt.

Vorstände und Geschäftsführer sind als Vertreter des Unternehmens "Gegenspieler? der Arbeitnehmerschaft. Sie üben selbst die oberste Weisungsbefugnis in der Gesellschaft aus und sind deshalb grundsätzlich nicht als Arbeitnehmer anzusehen. Dies hat zur Folge, dass ihre Dienstverhältnisse nicht den arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften unterliegen, insbesondere genießen Vorstände und Geschäftsführer keinen Kündigungsschutz. Ihr Anstellungsverhältnis kann daher im Gegensatz zum Arbeitsverhältnis, das dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unterliegt, ohne einen Grund, der in der Person der Führungskraft, ihrem Verhalten oder in betrieblichen Belangen begründet ist, unter Einhaltung einer Frist beendet werden. In der Praxis wird die ordentliche Kündbarkeit von Dienstverhältnissen mit Organmitgliedern durch den Abschluss befristeter Verträge ausgeschlossen, die nur außerordentlich, d.h. mit wichtigem Grund, kündbar sind.

Diese Umstände sollte die Führungskraft bedenken, bevor sie ihren Arbeitnehmerstatus etwa für eine Position als Geschäftsführer aufgibt. Die Führungskraft kann ihren Arbeitnehmerstatus in diesem Fall dadurch schützen, dass sie mit der Gesellschaft vereinbart, ein vorheriges Arbeitsverhältnis aus Anlass der Berufung zum Geschäftsführer ruhend zu stellen, um es nach Beendigung der Organmitgliedschaft wieder aufleben zu lassen.

Auch der Gesetzgeber sieht Organmitglieder nicht als Arbeitnehmer an, denn in arbeitsrechtlichen Gesetzen legt er unabhängig von einer tatsächlichen Weisungsabhängigkeit fest, dass Organmitglieder keine Arbeitnehmer sind. Zu diesen Regelungen gehört beispielsweise § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz, weshalb Streitigkeiten zwischen Organvertretern und der Gesellschaft nicht vor den Arbeitsgerichten, sondern vor den ordentlichen Gerichten ausgetragen werden.

Die Personen, die als leitende Angestellte angesehen werden, sind keine Organmitglieder. Sie unterscheiden sich bereits offenkundig von Vorständen und Geschäftsführern, da sie nicht als gesetzliche Vertreter im Handelsregister eingetragen sind.

Unterschiede zum "klassischen? Arbeitnehmer
Leitende Angestellte sind Arbeitnehmer. Im Unterschied zu den übrigen Arbeitnehmern, nehmen sie aber unter eigener Verantwortung typische Unternehmerfunktionen mit einem eigenen erheblichen Entscheidungsspielraum wahr. Sie stehen durch ihre besondere Funktion und ihre Aufgabe daher in einem gewissen Interessengegensatz zur Arbeitnehmerschaft und werden deshalb sowohl kraft Gesetzes als auch durch die Rechtsprechung differenziert behandelt. Arbeitsrechtlich sind mit dem Status des leitenden Angestellten zahlreiche Nachteile verbunden.

Arbeitszeitgesetz
Leitende Angestellte unterliegen nicht dem Schutz des Arbeitszeitgesetzes (AZG). Das Arbeitszeitgesetz verbietet beispielsweise eine höhere regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit als 48 Stunden, es schreibt eine Höchstdauer der Arbeitszeit von maximal 10 Stunden täglich vor und untersagt grundsätzlich die Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Hält sich der Arbeitgeber nicht an die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, wird ihm ein Ordnungsgeld von bis zu DM 30.000 auferlegt, bei beharrlicher Wiederholung sieht das Gesetz sogar strafrechtliche Konsequenzen vor.

Betriebsverfassungsgesetz
Leitende Angestellte gelten nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Nach § 5 Abs. 3 BetrVG finden die Vorschriften des BetrVG, von wenigen Ausnahmen abgesehen, für sie deshalb keine Anwendung. Dies hat zur Folge, dass der leitende Angestellte weder aktiv noch passiv wahlberechtigt ist und der Betriebsrat nicht für die Wahrnehmung seiner Interessen zuständig ist. Betriebsvereinbarungen, die der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber abschließt, haben für den leitenden Angestellten keine Gültigkeit. Auch bei personellen Maßnahmen, wie beispielsweise der Versetzung oder der Kündigung, kann der Betriebsrat auf die Entscheidung des Arbeitgebers keinen Einfluss nehmen. Der Regierungsentwurf zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, die bereits im Juli dieses Jahres umgesetzt werden soll, sieht diesbezüglich keine Änderungen vor.

Der Betriebsrat ist vor der Kündigung eines leitenden Angestellten nicht nach § 102 BetrVG anzuhören. Dass eine Kündigung beabsichtigt ist, hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat lediglich nach § 105 BetrVG rechtzeitig mitzuteilen. Unterlässt er die Mitteilung, ist die Kündigung aber nicht wie bei Missachtung des Anhörungserfordernisses nach § 102 BetrVG nichtig, sondern dies hat auf die Wirksamkeit der Kündigung keinen Einfluss.

Im Falle von Personalabbau und betriebsbedingten Kündigungen führt die Unzuständigkeit des Betriebsrats dazu, dass leitende Angestellte nicht zu den begünstigten Arbeitnehmern eines Sozialplanes gehören. Sie haben nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch auf Sozialplanleistungen.

Sprecherausschuss
Die Interessenvertretung des leitenden Angestellten ist der Sprecherausschuss. Er kann in Betrieben mit regelmäßig mindestens zehn leitenden Angestellten gebildet werden. In der Praxis finden sich Specherausschüsse allerdings regelmäßig nur in Großunternehmen.

Der Sprecherausschuss hat im Gegensatz zum Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte. Es stehen ihm aber Rechte auf Anhörung, Unterrichtung und Beratung zu. So muss der Arbeitgeber vor der Kündigung eines leitenden Angestellten den Sprecherausschuss nach § 31 Abs. 2 Sprecherausschussgesetz (SprAuG) anhören. Eine Kündigung ohne eine ordnungsgemäße Anhörung des Sprecherausschusses ist unwirksam.

Kündigungsschutz
Auch für leitende Angestellte gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Allerdings beinhaltet § 14 KSchG eine nachteilige Besonderheit. Erweist sich eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess als sozial nicht gerechtfertigt, kann das Arbeitsverhältnis mit dem leitenden Angestellten auf Antrag des Arbeitgebers durch das Gericht gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst werden, und zwar ohne dass der Arbeitgeber Gründe für eine Auflösung vorbringen muss. Dieser Umstand stellt in der Praxis einen großen Nachteil bei Aufhebungsverhandlungen dar. Die Höhe der vom Arbeitgeber zu zahlenden Abfindung wird durch § 10 KSchG auf 12 Bruttomonatsgehälter beschränkt, für ältere, langjährig Beschäftigte auf 18 Monate. Nach örtlich differierender Praxis der Arbeitsgerichte wird die Höhe der Abfindung in diesen Grenzen üblicherweise aus einem halben bis einem Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr errechnet. Das Risiko des Arbeitgebers besteht daher selbst bei einer ungerechtfertigten Kündigung maximal in dieser Höhe, weshalb der Arbeitgeber sich kaum auf eine höhere Abfindungssumme einlassen wird.

Zu beachten ist, dass es keinen einheitlichen Begriff des leitenden Angestellten gibt. Vielmehr verlangen die arbeitsrechtlichen Gesetze für die Position des leitenden Angestellten die Erfüllung unterschiedlicher Kriterien. So muss beispielsweise der leitende Angestellte im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes andere Voraussetzungen erfüllen als der leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. In diesem Zusammenhang entschied das Bundesarbeitsgericht erst kürzlich (Urteil vom 18.10.2000 ? 2 AZR 465/99), dass nicht jeder Betriebsleiter ein leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes ist.

Besondere Pflichten
Schließlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Pflicht des leitenden Angestellten zur Wahrung der Interessen des Arbeitgebers erheblich weiter als bei anderen Arbeitnehmern. Es wird von ihnen ein besonderes Maß an Arbeitsleistung verlangt, so dass Überstunden in der Regel nicht besonders vergütet werden. Wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses zum Arbeitgeber sind an die Kündigungsgründe geringere Anforderungen zu stellen. Auch kleine Verfehlungen können sich deshalb bei der im Rahmen Kündigung zu stellenden Frage der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu ihren Lasten auswirken. Leitende Angestellte haben außerdem erhöhte Rechenschafts-, Prüfungs-, Warnungs- und Überwachungspflichten.

Die folgenden Beiträge der Serie zeigen auf, wie sich der Status des leitenden Angestellten nach den verschiedenen Gesetzen bestimmt und wie die Führungskraft ihren eigenen Status erkennen kann.


Arbeitgeber sind bei Betriebsrente frei

Frankfurter Allgemeine Zeitung 

Sonntag, 22. Juli 2001

Ein Rechtsgutachten schreibt dem Tarifvorbehalt kaum Relevanz zu

hig. BERLIN, 20. Juli. Der Arbeitgeber darf den Weg, auf dem er die Betriebsrente regelt, auch dann selbst bestimmen, wenn die Rente auf der Umwandlung von Arbeitnehmerentgelt beruht. Sein gesetzliches Wahlrecht kann durch Tarifverträge nicht eingeschränkt werden. Zu diesem Urteil kommt ein Gutachten, das der frühere Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht, Friedrich Heither, für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erstellt hat. Heither begründet sein Urteil damit, dass der Durchführungsweg für den Arbeitgeber enorme finanzielle Auswirkungen habe. Der Gesetzgeber habe das Wahlrecht eingeräumt, damit die Unternehmen eine auf ihre Situation zugeschnittene Regelung treffen könnten.

Das Gutachten untersucht die Wirkung des sogenannten "Tarifvorbehalts". Unter diesen Vorbehalt hat Bundesarbeitsminister Walter Riester den mit der Rentenreform geschaffenen Anspruch auf Entgeltumwandlung der Arbeitnehmer für eine Betriebsrente gestellt. Danach dürfen tarifgebundene Arbeitnehmer vom kommenden Jahr an nur dann bis zu 4 Prozent ihres Bruttolohns in eine Betriebsrente umwandeln, wenn ein Tarifvertrag dies durch eine Öffnungsklausel vorsieht. In der Praxis schreibt Heither dem Tarifvorbehalt jedoch wenig praktische Relevanz zu. Arbeitsrechtlich sehe er keine Schwierigkeit, sich über den Vorbehalt hinwegzusetzen. Liege zu Jahresbeginn in einer Branche noch kein Tarifvertrag vor, könne Tarifgehalt trotzdem umgewandelt werden, wenn der Arbeitnehmer das wolle. Zu Schwierigkeiten könne es allenfalls kommen, sollten die Sozialversicherungen auf der Abführung von Sozialbeiträgen bestehen.

Der Tarifvertrag dürfe zudem weder vorschreiben, welchen der drei gesetzlich zugelassenen Durchführungswege ? Pensionskasse, Pensionsfonds, Direktversicherung ? der Arbeitgeber wähle, noch dürfe er den Anspruch auf Entgeltumwandlung in der Höhe beschränken, sagte Heither bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin. Geregelt werden könne jedoch, welche Teile des Tariflohns umgewandelt werden könnten, ebenso Kündigungsfristen. Für den GDV relativiert das Gutachten damit die starke Stellung, die der Tarifvertrag der Bauwirtschaft der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes einräume. Generell seien Tarifverträge über branchenbezogene Versorgungswerke unzulässig, wenn sie den Unternehmen und deren Beschäftigten vorschrieben, Mitglied zu werden.


Weiterbildung: Der Betriebsrat hat jetzt viel mehr zu sagen

Berliner Morgenpost

Sonntag, 8. Juli 2001

Nach der jüngst beschlossenen Betriebsverfassungsreform werden die Unternehmen stärker zur Weiterbildung ihrer Mitarbeiter verpflichtet. Was sich genau ändert, erklärt Dr. Martin Pröpper, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Kanzlei Ulrich Weber & Partner GbR, Köln.

Gibt es einen vorgeschriebenen Schulungsumfang?

Eine feste Stundenzahl gibt es nicht, denn der Qualifizierungsbedarf ist erst zu ermitteln. Nach der Reform erhält der Betriebsrat dabei aber mehr Einfluss.

In welcher Weise darf der Betriebsrat mitbestimmen?

Bislang durfte der Betriebsrat immer nur über die Art und Weise der Berufsbildung mitbestimmen, aber nicht, ob eine solche Berufsbildung überhaupt durchgeführt wird. Neu ist nun, dass der Betriebsrat die Einführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen verlangen kann. Dieses Recht besteht immer dann, wenn der Arbeitgeber technische Anlagen oder Arbeitsverfahren geplant hat, durch die sich die Tätigkeit der Betroffenen ändert und ihre beruflichen Kenntnisse nicht mehr ausreichen. Der Betriebsrat kann außerdem bei Kündigungen von Arbeitnehmern, die mangels rechtzeiter Schulung mit der neuen Technik nicht umgehen können, widersprechen.

Welche Schulungen müssen Arbeitgeber anbieten?

Nach den zum alten Betriebsverfassungsgesetz vorliegenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts gehören zur Berufsbildung Lehrgänge über technische Fragen, über Werkstoffkunde, Arbeitspsychologie, Wirtschaftskunde, Arbeits- und Sozialrecht, Arbeitssicherheit und Führung von Mitarbeitern. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (1 ABR 41/91) gehören aber Veranstaltungen, in denen der Arbeitgeber die Arbeitnehmer befähigen will, gegenüber Kunden freundlicher zu sein, nicht zu Maßnahmen der beruflichen Bildung.


"Eine eigenartige Vorstellung von Unternehmertum"

brand eins 07/01

Sonntag, 1. Juli 2001

Sind Unternehmen nur für die Aktionäre da? Selten wird diese Frage drängender, als wenn ein Unternehmen ein anderes übernimmt, behauptet der Kölner Arbeitsrechtler Ulrich Weber.

brand eins: Die Aktienkurse sind im Keller, und damit steigt die Gefahr von Übernahmen. Dennoch hat die Bundesregierung im europäischen Parlament jene Gesetzesinitiative gestoppt, die solche Übernahmen regeln sollte. Und jetzt?
Weber: Die Bundesregierung hat einen Alternativ-Entwurf vorgelegt, der dem Problem für mein Gefühl gerechter wird. Denn der europäische Entwurf hatte einen entscheidenden Mangel: Er ging davon aus, dass bei einer Übernahme vor allem die Rechte der Aktionäre zählen. Wenn aber ein Unternehmen attraktiv genug für eine Übernahme ist, ist das mindestens in gleichem Maß den Leistungen der Mitarbeiter und den Vorständen zu verdanken.

brand eins: Werden deren Interessen nicht sowieso geschützt?
Weber: Nicht unbedingt. Nehmen wir zuerst einmal die Arbeitnehmer. Auf den ersten Blick scheinen sie bei Übernahmen in einer relativ komfortablen Position: Der Paragraph 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) stellt sicher, dass wegen des Betriebsübergangs keine Kündigungen ausgesprochen werden dürfen. Zudem bestimmt er, dass ein Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang regelmäßig mit allen Rechten und Pflichten aus seinem bisherigen Arbeitsvertrag übernommen werden muss und dass sich das Arbeitsverhältnis wegen des Betriebsüberganges mindestens ein Jahr nicht ändern darf. Das ist die Theorie.

In der Praxis allerdings lassen sich verhaltens- und krankheitsbedingte Kündigungen auch nach dem Betriebsübergang ganz normal durchsetzen. Vor allem aber sind während oder nach der Übernahme auch betriebsbedingte Kündigungen möglich: im Rahmen eines Sanierungsprogramms. Das erleben wir immer wieder. Der Übergeber kündigt zuvor seinen Betrieb schlank, um ihn zu einem höheren Preis zu verkaufen, oder der Übernehmer zahlt einen niedrigeren Kaufpreis, um dann im Zuge einer Reorganisation Teilen der Belegschaft zu kündigen. Bei Übernahmen sind Arbeitnehmer also nur scheinbar geschützt, deshalb muss der Gesetzgeber auch die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen.

brand eins: Wie soll das gehen?
Weber: Zum Beispiel durch frühzeitige Information. Derzeit sind die Betriebsräte in der Regel die Letzten, die von einer Übernahme erfahren, obwohl das Betriebsverfassungsgesetz seine Auskunfts- und Informationsansprüche festschreibt und im Paragraph 79 BVG auch die Geheimhaltungsverpflichtung geregelt ist. Im Entwurf der Bundesregierung werden die Rechte der Betriebsräte im Fall einer Übernahme gestärkt, und ich halte das für eine gute Sache. Entscheidend ist, dass Verstöße gegen die Informationspflichten vernünftig sanktioniert werden, damit sie nicht einfach in den Kaufpreis einkalkuliert werden können.

brand eins: Gut ? aber was kann ein Betriebsrat groß ausrichten, wenn er von einer geplanten Übernahme erfährt?
Weber: Er kann zum Beispiel frühzeitig mit Vorständen und Gesellschaftern darüber verhandeln, dass der Übergang sozialverträglich laufen muss. Und er kann noch mehr, wie der Fall Krupp/Thyssen zeigt: Krupp-Chef Gerhard Cromme wollte die feindliche Übernahme von Thyssen. Dass sie zunächst scheiterte, lag maßgeblich am Betriebsrat von Thyssen, der ? frühzeitig informiert ? die Gegenwehr organisiert hatte. Der Druck der Öffentlichkeit hat die Übernahme letztlich gekippt. Ob ein Betriebsrat durch solche Aktionen auch sinnvolle Übernahmen verhindert könnte, ist sicher die Frage. Andererseits kann man nicht so tun, als ob bei einer Fusion allein die Aktionäre schützenswerte Interessen haben.

brand eins: Wie sieht die Position des Vorstands aus?
Weber: Für Vorstände gilt der Paragraph 613a BGB nicht. Wenn ein Betriebsübergang stattfindet und ein Unternehmen nicht fortgeführt wird, etwa, weil eine neue Firma gegründet wird oder eine Eingliederung erfolgt, dann ist der Vorstand in der Regel seinen Job los ? auch wenn er einen Fünfjahresvertrag hat.

brand eins: Aber dafür wird er doch entschädigt?
Weber: Wo soll der Vorstand seine Abfindung denn herbekommen? Das Amt endet. Eine Chance hat er nur, wenn mit dem Vorstandsamt nicht auch der Anstellungsvertrag aufgelöst wird. Dazu muss man wissen, dass es für den Vorstand zwei Rechtsverhältnisse gibt: eines aus der Organstellung, das andere aus dem Anstellungsvertrag. In vielen Vorstandsverträgen findet sich deshalb eine so genannte Kopplungsklausel, die besagt, dass mit der Organstellung auch der Anstellungsvertrag endet. In diesem Fall ist mit der Auflösung der AG das Thema Vorstand und Anstellung erledigt. Ohne eine solche Klausel kann der Vorstand zumindest darüber verhandeln, ob der Vertrag ausbezahlt wird. Grundsätzlich stehen seine Chancen dafür nicht schlecht. Aber einen Anspruch auf einen Job in der neuen Firma hat er nicht.

brand eins: Und was ist, wenn die AG zwar mehrheitlich übernommen wird, aber bestehen bleibt?
Weber: Dann ändert sich erst einmal für den Vorstand nichts. Das haben auch die obersten Bundesgerichte mehrfach entschieden: Der bloße Aktientausch übt keinerlei rechtliche Wirkung auf das Verhältnis zu Vorständen oder Arbeitnehmern aus. Trotzdem ist es relativ einfach, einen Vorstand loszuwerden, wenn ich eine Mehrheit habe. Ich mache eine außerordentliche Hauptversammlung oder entziehe dem Vorstand auf der nächsten ordentlichen HV das Vertrauen. Dann beruft der Aufsichtsrat den Vorstand aus dem Amt ab. Hat er dann wenigstens noch seinen Anstellungsvertrag, kann er versuchen, eine Entschädigung zu kassieren. Allerdings vertreten einige Oberlandesgerichte die Auffassung, dass der ehemalige Vorstand aufgrund des Anstellungsvertrages verpflichtet ist, auch eine Leitungsfunktion unterhalb der Vorstandsebene anzunehmen. Lässt er sich darauf nicht ein, riskiert er unter Umständen seine Abfindungsansprüche.

brand eins: Am Neuen Markt sind viele Vorstände gleichzeitig auch Anteilseigener. Verändert das die Situation?
Weber: Wird die AG aufgelöst, wäre auch in einem solchen Fall das Vorstandsamt weg. Ob und mit welcher Mehrheit eine AG aufgelöst werden kann, ist eine Satzungsfrage und insofern höchst unterschiedlich. Aber selbst wenn die AG bestehen und der Vorstand im Amt bleibt, ist er noch nicht auf der sicheren Seite: Gern wird der Vorstand in solchen Fällen nach und nach erweitert und der einstige Gründer verliert immer mehr an Kompetenzen. Er wird zu einer Art Frühstücksdirektor.

brand eins: Kann er sich dagegen wehren?
Weber: Entscheidend ist, ob der Kompetenzverlust so drastisch ist, dass er eine fristlose Eigenkündigung rechtfertigt. Wenn man das allerdings zu früh versucht, ist die Kündigung im Streitfall vor Gericht nicht durchsetzbar. Die Gegenseite kann dann im Gegenzug argumentieren, der Vorstand habe durch sein Verhalten das Vertrauensverhältnis zerstört, und kann ihrerseits fristlos kündigen.

brand eins: Die Diskussion beim Übernahmegesetz dreht sich vor allem um die Frage, inwieweit der Vorstand einen Merger verhindern kann. Geht es da um mehr als Einzelinteressen?
Weber: Das war die interessanteste Frage bei der Diskussion im Europa-Parlament: Welche Rolle hat der Vorstand einer AG? In Deutschland besagen die Kommentare zur Rechtsprechung einhellig, dass der AG-Vorstand eine unternehmerische Rolle hat, auch wenn ihm das Unternehmen meist nicht gehört. Das beschreibt eine Zwittersituation. Der Vorstand soll unternehmerisch handeln ? und ist trotzdem so etwas wie ein Angestellter. Bei einer Übernahme stellt sich nun die Frage: Kann ein Vorstand berechtigt sein, eine Übernahme zu torpedieren, weil er sie als Unternehmer für falsch hält? Eine Menge Leute sagen: Nein, das kann er nicht ? die Aktionäre müssen allein entscheiden können, ob sie Kasse machen wollen oder nicht. Ich persönlich halte das für eine eigenartige Vorstellung von Unternehmertum. Ein Vorstand, der unternehmerisch handelt, ist nicht nur den Eigentümern verpflichtet, sondern ebenso dem Unternehmen, den Arbeitnehmern, den Kunden und Lieferanten. Insofern halte ich es für richtig, dass die EU-Richtlinie, die den Vorstand zum Stillhalten verpflichtet hätte, auf deutsche Initiative im EU-Parlament gekippt worden ist.

brand eins: Was ist besser an der deutschen Regelung?
Weber: Entscheidender Unterschied ist ein so genannter Vorrangsbeschluss der Hauptversammlung, der 18 Monate lang Wirkung haben soll. Ein solcher Beschluss bedeutet konkret: Der Vorstand darf alles tun, was auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft tun würde. Er kann einen anderen Käufer suchen; er könnte aber zum Beispiel auch mit seinem Betriebsrat Verhandlungen über die Schaffung einer verbesserten betrieblichen Altersversorgung aufnehmen. Obwohl das Unternehmen dadurch für einen Übernehmer unattraktiver wird.

brand eins: Öffnet das nicht alle Schleusen für Missbrauch?
Weber: Sicher, auch das haben wir erlebt. Verhandlungen werden in die Länge gezogen, der Aktienkurs steigt, und der Vorstand bekommt von den dankbaren Aktionären eine exorbitante Abfindung. Der Paragraph 33, Absatz 3 der vorgesehenen gesetzlichen Neuregelung verbietet dies ausdrücklich. Da hat man aus den Vorgängen bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone gelernt, die dem Vorstandschef Klaus Esser am Ende eine Abfindung in zweistelliger Millionenhöhe eingebracht haben.

Interview: Gabriele Fischer, Christiane Sommer


Reisende kann man kaum aufhalten

Capital 18/2001

Freitag, 22. Juni 2001

Kündigungsfristen. Der vorzeitige Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber ist ein eindeutiger Rechtsverstoß ? doch die Sanktionen sind völlig unklar. Eine rechtzeitig vereinbarte Vertragsstrafe schafft ein Mindestmaß an Kalkulierbarkeit.

Das Angebot war verlockend: Die Konkurrenz bot dem Jungmanager ein gutes Gehalt, hervorragende Karrieremöglichkeiten und einen Arbeitsplatz gleich um die Ecke. Doch es gab auch einen Pferdefuß: Der neue Arbeitgeber brauchte ihn jetzt oder nie" ? der Vertrag der aufstrebenden Führungskraft war aber nur mit einer Frist von fünf Monaten kündbar.

Der Manager entschied sich für die Flucht nach vorn und verhandelte mit seinem Noch-Arbeitgeber über einen vorzeitigen Ausstieg. Als dies erfolglos blieb, ging er trotzdem und bekam prompt die Quittung: Sein ehemaliger Arbeitgeber bestand auf der vereinbarten Kündigungsfrist und beauftragte zudem eine Anwaltskanzlei, alle Ansprüche gegen die untreue Führungskraft zu prüfen.

Die Antwort der Juristen war unbefriedigend: Selbst beim vorsätzlichen Missachten der Kündigungsfrist lässt sich das Verbleiben in der alten Firma gerichtlich nicht durchsetzen. Ein entsprechendes Urteil zu vollstrecken, ist schlicht unmöglich. Schließlich kann selbst ein Gerichtsvollzieher niemanden zwingen, seiner vertraglichen Arbeitspflicht nachzukommen.

Auch die Tätigkeit für das Konkurrenzunternehmen kann der Ex-Arbeitgeber nur verbieten, wenn er durch sie nachweisbare Wettbewerbsnachteile hat. Diese fehlten im Beispiel des Jungmanagers.

Wer stattdessen Schadensersatzansprüche gegen fahnenflüchtige Manager durchsetzen will, hat ähnlich große Schwierigkeiten. Dazu muss der vorzeitige Abgang des Mitarbeiters zusätzliche Kosten verursacht haben, die bei einem fristgemäßen Ende nicht entstanden wären. Auf den Rechnungen für Stellenanzeigen oder von Headhuntern bleibt der ehemalige Arbeitgeber somit sitzen. Diese wären bei einer fristgerechten Kündigung zeitversetzt angefallen.

Eine stärkere Position hat der ehemalige Chef nur, wenn bereits schon im Arbeitsvertrag eine Regelung für den Verstoß gegen die Kündigungsfristen vereinbart wurde. Allerdings darf sich eine solch vereinbarte Strafklausel dann nicht irgendwo in dem Vertragstext verstecken, sondern muss klar und deutlich geregelt werden.

Dazu gehört natürlich auch die Höhe der Sanktion. Sie kann vorab pauschal festgelegt werden oder sich nach dem Jahresgehalt zum Kündigungszeitpunkt richten. Üblich ist eine Strafe von einem Bruttogehalt pro Monat des vorzeitigen Ausscheidens. Die gleiche Summe kann gegen neu angeworbene Arbeitnehmer eingeklagt werden, die ihren Job gar nicht antreten.

Managern, die sich beim Abschluss des Arbeitsvertrags auf eine höhere Summe eingelassen haben, bleibt immer noch die Möglichkeit, diesen Betrag durch ein Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Die Strafe an sich ist aber bei einem offensichtlichen Verstoß gegen Kündigungsfristen auf jeden Fall zulässig.

Dies gilt auch für Klauseln zum Schutz von Betriebsgeheimnissen. Hier muss das Unternehmen im Streitfall nur beweisen, dass der untreue Arbeitnehmer Geschäftsinterna ausgeplaudert hat. Ob dadurch ein wirtschaftlich messbarer Schaden entstanden ist, spielt dann keine Rolle.

Aber auch vereinbarte Sanktionen bieten dem Arbeitgeber keine Garantie für die Einhaltung des Vertrags. Geschickte Manager reden vor dem Missachten der Kündigungsfrist oder dem Ausplaudern von Betriebsgeheimnissen mit ihrem neuen Chef. Erklärt sich dieser bereit, etwaige Vertragsstrafen zu übernehmen, muss die untreue Führungskraft keine finanziellen Einbußen fürchten.


Krisen-Management

Focus-Money 34/2001

Freitag, 22. Juni 2001

Seit Stellenabbau wieder ein Thema ist, fürchten viele um ihren Job. Doch längst nicht jede Kündigung ist auch wirksam

von Melanie Rübartsch und Thomas Wolf

Mehr als das Doppelte seines Jahresgehalts konnte sich Harald Fritsch (Name von der Redaktion geändert) auf einen Schlag sichern ? ausgerechnet mit seiner Entlassung. Der 45-Jährige hatte sieben Jahre lang als Personalleiter des Münchner Büros einer Unternehmensberatung rund 120.000 Mark jährlich verdient, als ihn die Düsseldorfer Zentrale an die Luft setzte. Um Kosten zu sparen, wolle man Abteilungen zusammenlegen, die Stelle werde ersatzlos gestrichen. Doch der Geschasste zog vors Arbeitsgericht. Mit Erfolg: Als sich herausstellte, dass sein Chef bereits einen Nachfolger eingestellt hatte, war der Prozess reine Formsache. Die Firma zahlte Fritsch statt der im Vorfeld gebotenen 40.000 Mark Abfindung satte 300.000 Mark, schließlich hatte sich der vorgeschobene Kündigungsgrund als konstruiert erwiesen.

Ausfallquote.
Solche Fälle dürften sich künftig häufen, wenngleich sie auch nicht immer so spektakulär verlaufen. Denn deutsche Unternehmen begegnen der Wirtschaftsflaute zunehmend mit Kündigungen: So streicht Siemens etwa weltweit 10.000 Stellen, Infineon 5.000. In der New Economy stehen laut Expertenschätzung sogar Hunderttausende von Jobs zur Disposition. Wenn sich der Konjunkturtrend nicht dreht, seien in den nächsten anderthalb Jahren 500.000 weitere Stellen in Gefahr, schätzt Tom Sommerlatte, Chef der Unternehmensberatung Arthur D. Little. Aus dem Sommerurlaub zurück, beerdigte dann auch Kanzler Gerhard Schröder öffentlich sein Versprechen, bis zur Bundestagswahl 2002 die Arbeitslosenzahl auf 3,5 Millionen zu senken.

Starker Schutz.
Doch längst nicht jede Kündigung ist auch wirksam. "Wegen des Zeitdrucks, unter dem viele Unternehmen Stellen abbauen, häufen sich Fehler", weiß Stefan Daub, Arbeitsrechtler bei der Freiburger Kanzlei Bappert Witz & Selbherr. Wer dann seinen Rausschmiss vom Arbeitsgericht prüfen lässt, hat gute Chancen: Die Klage bringt zwar nicht immer den Job zurück, führt aber oft zu finanziellen Vorteilen.

"Selbst renommierte Konzerne machen Anfängerfehler", berichtet Anwalt Knut Müller vom Münchner Büro der Kanzlei Weber und Partner GbR. Das beginnt mit simplen Formfragen. Dass jede Kündigung schriftlich erfolgen muss, wissen Personalchefs inzwischen. "Doch dass ein Fax nicht genügt, ist weniger bekannt", weiß Müller. So versandte ein Münchner Unternehmen die Kündigungsschreiben an Mitarbeiter seiner ostdeutschen Filialen per Fax, die Telekopien wurden den Betroffenen ausgehändigt. Folge: Die Freisetzungen waren samt und sonders unwirksam.

Fehlerträchtig sind auch Vollmachtsfragen. Besonders in Großunternehmen setzt Kündigungen nicht der Personalchef um, sondern von ihm beauftragte Mitarbeiter. Doch selten wird eine solche Vollmacht dem Kündigungsschreiben beigefügt. Anwalt Müller rät: "Weiß der Betroffene nicht definitiv, dass seine Kündigung von einer befugten Person unterschrieben wurde, sollte er die fehlende Bevollmächtigung immer rügen." Weil das beim Arbeitgeber unverzüglich moniert werden muss, dürfen Betroffene maximal eine Woche warten. Die Rüge lohnt dann, wenn durch die Zeitverzögerung ein neuer Kündigungstermin erreicht wird.

Banale Begründungen.
Auch bei der Begründung arbeiten Firmen oft schlampig, Chefs dürfen Mitarbeiter betriebsbedingt nur raussetzen, wenn die Stelle wegen Rationalisierung, Umorganisation oder Auftragsrückgang ersatzlos wegfällt. "Häufig nehmen sie aber erst unliebsame Mitarbeiter ins Visier und denken sich dann passende Gründe aus", weiß Müller. Vermutet der Mitarbeiter solche Schachzüge, sollte er sie im Prozess bemängeln. Grund: Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass seine unternehmerische Entscheidung zur Streichung der konkreten Stelle geführt hat. So hebelte Anwalt Müller vor kurzem eine Kündigung aus, bei der die Firma den Wegfall von Software-Entwicklern einzig mit der Schließung einer Lagerhalle begründen wollte.

Eine gute Wahl.
Die meisten Fehler schleichen sich bei der Auswahl der betroffenen Mitarbeiter ein. Hier muss der Arbeitgeber soziale Aspekte berücksichtigen: Ältere Angestellte, die seit langem im Betrieb sind oder Familie haben, sind schutzwürdiger als junge und ledige Kollegen. " Unternehmen wollen ihre Belegschaft im Zuge von Stellenabbau aber oft auf eine Olympia-Mannschaft reduzieren ", weiß Anwalt Daub. Ein Fehler, der teuer werden kann, denn Arbeitsrichter segnen eine solche Auswahl selten ab. Prozessniederlagen sind auch dann programmiert, wenn Schwangere oder Schwerbehinderte ohne Zustimmung der zuständigen Behörde gehen sollen. Die Kündigung von Betriebsratsmitgliedern ist so gut wie immer ausgeschlossen.

Um riskanten Verfahren aus dem Weg zu gehen, setzen Firmen gern auf einvernehmliche Regelungen. "Oft wird dem Mitarbeiter im dem Prozess vorgeschalteten Gütetermin beim Arbeitsgericht eine Abfindung angeboten, wenn er einen Vergleich schließt", so Anwalt Daub. Zu früh sollten Betroffene aber keine Kompromisse eingehen. Anwalt Müller: "Der Arbeitgeber muss die Berechtigung der Kündigung erst einmal belegen. Oft zeigt sich im Prozess, dass er schwache Argumente hat, was regelmäßig zu deutlich höheren Angeboten führt."

Wenn der Gekündigte das Verfahren in erster Instanz sogar gewinnt, wird es für den Betrieb oft richtig teuer. Grund: Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Wiedereinstellung, der bis zur rechtskräftigen Entscheidung besteht ? was Jahre dauern kann. In dieser Situation werden Chefs meist spendabel: "Dann geht es nur noch um das Abkaufen des Arbeitsplatzes", berichtet Müller.

Abfindungspoker.
Wer in Sachen Abfindung dagegen nur auf das Gesetz baut, hat schlechtere Karten. Anspruch auf Zahlungen haben Arbeitnehmer nur, wenn das Unternehmen einen Sozialplan aufstellt. Dazu ist der Arbeitgeber etwa dann verpflichtet, wenn er sich von mehreren Mitarbeitern auf einmal trennen will, Beispiel: Sollen in einem Betrieb mit 500 Beschäftigten zehn Prozent gehen, muss der Chef mit dem Betriebsrat über Ausgleichszahlungen verhandeln. Wichtig: Auch die Vereinbarungen im Sozialplan können Arbeitsrichter prüfen. Für Betroffene eine wichtige Argumentationshilfe im Abfindungspoker: "Oft lassen sich auf diesem Weg höhere Summen erzielen", rät Müller.

Wer ein solches Polster mitnimmt, kann wesentlich ruhiger nach einem Job suchen. Und Gelassenheit ist für Personalberater wie Karsten Beutnagel von der Düsseldorfer Agentur Spencer Stuart die beste Voraussetzung für die nächste Bewerbung.

"Es lohnt sich, jede betriebsbedingte Kündigung sofort nach Ausspruch kritisch zu überprüfen "
Dr. Knut Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Sozialrecht in der Kanzlei Weber und Partner GbR



Chef hört mit

Focus-Money 31/2001

Freitag, 22. Juni 2001

Arbeitgeber machen Front gegen Privatgespräche und Internet-Ausflüge am Arbeitsplatz. Aber nicht jede Kontrolle ist erlaubt

Big Boss is watching: Chefs überwachen die Arbeit der Angestellten

Unter Aufsicht: Dient das Büro nicht nur dem Dienst, sondern auch dem Privatvergnügen, kann es Ärger geben.

Lange Telefonate kosten nicht nur Geld, sondern bisweilen auch den Job. Nach 18 Jahren bekam ein Sachbearbeiter die Kündigung ? seine Privatgespräche wollte der Chef nicht mehr zahlen. Als Betrug wertete auch das Arbeitsgericht Würzburg das Verhalten und segnete den fristlosen Rausschmiss ab. Glück hatte dagegen eine Sekretärin obwohl sie täglich 14-mal mit Freunden telefonierte. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen pfiff ihren Chef zurück denn der hatte Privatanrufe nicht generell untersagt und die Mitarbeiterin ohne Abmahnung vor die Tür gesetzt.

In Deutschland surfen 41 % aller Arbeitnehmer privat am Arbeitsplatz
Private Plauderstündchen

bieten reichlich Zündstoff zwischen Chef und Angestellten. "Es ist ein offenes Geheimnis, dass die meisten Mitarbeiter Privates über das Diensttelefon regeln", weiß der KöIner Arbeitsrechtler Ulrich Weber aus seiner Beratungspraxis. Dabei ist das Telefon nicht mehr das einzige Kommunikationsmittel, das Mitarbeiter nutzen. Nach einer Studie des Software-Herstellers Websense verbringen 41 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer durchschnittlich drei Stunden pro Woche beispielsweise damit, online Reisen zu buchen, Aktien zu handeln oder Mails an Freunde zu schicken. Nach Schätzungen des Softwarehauses Sterling Commerce schlägt vor allem vergeudete Arbeitszeit mit rund 104 Milliarden Mark Miesen pro Jahr bei den Unternehmen zu Buche. Kosten, die Chefs mit allen arbeitsrechtlichen Konsequenzen bekämpfen.

Konsequenz Kündigung.
Grundsätzlich ist die Sache klar. Der Mitarbeiter muss privat die Finger von Hörer und Mail-Account lassen. Aber auch wenn außerdienstliche Gespräche geduldet sind, gilt: "Wer seine Arbeitsstunden mit Privatkommunikation vertrödelt, muss mit der Kündigung rechnen", so Weber. Den Lohn für solche Stunden und die aufgelaufenen Kosten kann der Chef außerdem als Schadenersatz verlangen. Angestellte, die aber nur mal schnell bei der kranken Tochter anrufen oder anstehende Überstunden ankündigen, haben in der Praxis nichts zu befürchten. "Der Manager, der Pornos runterlädt oder regelmäßig Betriebsinterna nach außen mailt, muss dagegen mit aller Härte rechnen ", weiß der Anwalt.

Mitarbeiter sollten sich darüber im Klaren sein, dass private Worte im Betrieb nicht immer privat bleiben "Rein technisch kann jedes Unternehmen, das über vernetzte Computer verfügt, die komplette Kommunikation überwachen", weiß Ralf Röhrig, IT-Security-Leiter bei TÜV Secure IT. Per Knopfdruck ist ein minutiöses Protokoll angeklickter Internet-Seiten erstellt, spezielle Überwachungssoftware kann Mail-Inhalte auswerten und jede Mausbewegung nachvollziehen. Auch moderne Telefonanlagen spucken auf Wunsch detaillierte Listen aller gewählten Nummern aus.

Big Brother.
Doch ob der Chef all sein Wissen auch gegen den Angestellten verwerten darf, steht auf einem anderen Blatt. "Nicht jede Kontrollmaßnahme muss sich der Arbeitnehmer bieten lassen", mahnt der Kölner Wirtschaftsjurist Holger Grauel. Ein seit langem geplantes Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz, das hier Klarheit schaffen soll, ist noch immer Zukunftsmusik (s. Interview). Doch schon die geltende Rechtslage schiebt technischen Kontrollen einen Riegel vor. ,,Solche Methoden muss der Betriebsrat absegnen", so Grauel. Strikt verboten ist Bespitzelung. Beispiel: Der Chef hört Telefonate heimlich mit oder schaltet sich diskret auf den Monitor des Mitarbeiters.

Offiziell greifen deutsche Unternehmen daher zu anderen Mitteln. So nutzen viele etwa Firewalls, die unerwünschte Web-Inhalte ? vom Wetter his zum Sex ? sperren. Beim Chemiekonzern BASF warnt die Software bei jedem Surfgang, dass die Nutzung nur zu dienstlichen Zwecken erlaubt ist. ,,Bei begründetem Missbrauchsverdacht wird eine Überwachung eingeleitet", so eine BASF-Sprecherin. Mittels Telefon- oder Mail-Protokollen klärt die HypoVereinsbank solch einen Verdacht gemeinsam mit dem Betroffenen und dem Betriebsrat.

Kulante Konzerne.
Ist Privatnutzung erlaubt, setzen Betriebe oft auf Selbstverantwortung der Mitarbeiter. Kollegen, die eine halbe Stunde surfen, bleiben abends eben länger lautet etwa die Devise bei Volkswagen. Eine Philosophie im Sinne von Rainer Schmidt-Rudloff, Personalexperte bei der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände: "Wer zu lange surft, wird auch ohne technische Kontrolle durch schlechte Arbeitsergebnisse auffallen."

Surfen statt Schuften ? Viele Arbeitgeberversuchen, private Telefon- und Netzausflüge am Arbeitsplatz einzuschränken. Rechtliche Konsequenzen können drastisch ausfallen. Bei ihrer Kontrolle müssen Chefs jedoch auch den Datenschutz im Auge haben.
Arbeitnehmer

  • Verbot. Privates Surfen und Telefonieren ist am Arbeitsplatz verboten. In Arbeitsvertragen, Betriebsvereinbarungen oder über Aushänge kann der Chef jedoch Privatausflüge generell oder zeitlich begrenzt erlauben.

  • Arbeitsleistung. Doch auch wenn eine Erlaubnis besteht, darf der Mitarbeiter nicht über die Strange schlagen. Er muss in erster Linie seine Arbeitsleistung voll erbringen.

  • Konsequenz. Bei Vorstoß droht die Kündigung. Dabei kann der Chef auf eine Abmahnung verzichten, wenn der Mitarbeiter strafrechtlich relevante Seiten angeklickt oder Betriebsgeheimnisse versandt hat.

  • Rechte. Erfährt der Mitarbeiter, dass der Chef ihn heimlich kontrolliert und unberechtiqt Daten über ihn sammelt, kann er über den Betriebsrat oder vor dem Arbeitsgericht Unterlassung fordern.

Arbeitgeber

  • Kontrolle. Der Chef darf mit Zustimmung des Betriebsrats oder, wenn keiner existiert, nach öffentlichem Aushang technische Überwachungseinrichtungen nutzen. Der Mitarbeiter muss erfahren, welche Daten über ihn erhoben werden. Verboten ist heimliches Bespitzeln, etwa über Abhöranlagen oder Bildschirm-Scans.

  • Inhalte. Die Inhalte von Privattelefonaten und -Mails sind tabu. Nur bei generellem Verbot darf der Chef bei konkretem Missbrauchsverdacht auch inhaltliche Stichproben nehmen.

  • Listen. Mail- und Telefonlisten darf der Chef grundsätzlich auswerten. Auf Vorrat darf er aber auch diese Verbindungsprotokolle nicht sammeln.

  • Überwachung. Daten, die Sicherheitsanlagen wie Firewalls oder Videokameras ausspucken, darf der Chef im Streit um private Kommunikation nicht nutzen.


Fest im Sessel

Focus Money 28/2001

Freitag, 22. Juni 2001

Die Fusionswelle sowie New-Economy-Pleiten kosten auch in Führungsetagen immer mehr Arbeitsplätze. Vertragsvorsorge tut Not.

von Melanie Rübartsch

Ausgerechnet ein Aufstieg läutete für Martin Franzen (Name von der Redaktion geändert) das berufliche Ende ein: Feierlich berief die Geschäftsleitung den Controller, seit fast neun Jahren im Betrieb, zum Geschäftsführer einer gerade gegründeten Tochterfirma. Ein Jahr später der Schock: Franzen bekam die Kündigung auf den Tisch. Tragisch: Als Geschäftsführer konnte er sich nicht mehr auf den gesetzlichen Kündigungsschutz berufen, der in vielen Fällen die Kündigung erschwert. Und da sein Vertrag nichts anderes regelte, galten nun wieder die üblichen Fristen. Gerade mal drei Monate blieben Franzen, um aufzuwachen.

Risiko Rausschmiss. "Diese Taktik ist ein Klassiker, wenn Unternehmen missliebige Manager loswerden wollen", weiß der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Ulrich Weber. Solche Missgeschicke lassen sich jedoch vermeiden. Und wer klug handelt, kann einen Rausschmiss zumindest vergolden.

Eine Überlegung, die für leitende Angestellte immer wichtiger wird. Fusionen wie die zwischen Veba und Viag oder Übernahmen à la Vodafone-Mannesmann bieten Synergiepotenziale unversehens stehen ganze Managementetagen als teurer Ballast zur Disposition. Führungskräfte werden hellhörig: "Seit Jahresbeginn häufen sich bei uns Anfragen zum Kündigungsschutz", berichtet Manfred Erasmi, Geschäftsführer des Kölner Verbands Angestellter Führungskräfte.

Leid der Leitenden. Der Gesetzgeber hat leitende Angestellte drastisch benachteiligt: Selbst wenn Richter eine Kündigung für unwirksam halten, muss der Chef den Manager nach Prozessende nicht weiter beschäftigen. Vor Gericht ist ein Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses stets erfolgreich. Denn anders als bei anderen Angestellten muss der Chef diesen Antrag bei leitenden Kräften nicht begründen. Was dem Ex-Manager bleibt, ist eine vergleichsweise bescheidene Abfindung in Höhe von maximal 18 Monatsgehältern.

Leitender Angestellter im Sinne des Gesetzes ist jedoch nur, wer eigenverantwortlich Personal einstellen darf. Eine Definition mit paradoxen Folgen: So trifft die harte Regelung zwar den Leiter einer Fast-Food-Filiale mit gerade mal zehn Mitarbeitern und einem Bruttogehalt von 6.000,00 Mark, den gut dotierten Chefarzt, der Einstellungen mit dem Personalchef abstimmen muss, dagegen nicht. Das Wissen um diesen Unterschied ist Bares wert. Oft genug setzen nämlich auch Personalchefs fälschlicherweise auf die Karte "leitender Angestellter", verabschieden den Manager mit lapidaren Begründungen und lassen es auf einen Prozess ankommen. "Legt der Manager dann eine Anweisung auf den Richtertisch, dass er für Personalangelegenheiten das Okay des Vorstands brauchte, ist die Gegenseite schnell zu lukrativen Vergleichen bereit ", weiß Antje Burmester, Anwältin in Webers Kanzlei. Oft wird der Abgang dann mit Abfindungen in siebenstelliger Größenordnung versüßt.

Klauseln statt Klagen. Gänzlich ausgeschlossen ist der gesetzliche Kündigungsschutz für Vorstände und Geschäftsführer. Sie können sich nur vertraglich absichern. Anwältin Burmester. Solche Manager sollten ihren Posten befristen.

Drei Jahre bei Geschäftsführern und fünf Jahre bei Vorständen seien heute durchaus üblich. Zwar läuft der Vertrag ? wenn er nicht verlängert wird ? nach Ende dieser Frist einfach aus. Der Vorstand hat jedoch einen entscheidenden Vorteil: Für den Rausschmiss vor Fristablauf braucht der Aufsichtsrat einen außerordentlichen Grund. "Kann er solch einen Diebstahl goldener Löffel aber nicht nachweisen, muss er dem unerwünschten Vorstand die Restlaufzeit mit hohen Abfindungen abkaufen", so Burmester. Weiterer Vorteil: Der Manager weiß, wann sein Amt endet, und kann frühzeitig den Jobwechsel planen. Wer sich dennoch auf unbefristete Verträge einlässt, sollte wenigstens vom Gesetz abweichende, lange Kündigungsfristen ? heute meist sechs Monate zum Halbjahresende ? aushandeln.

Mittel bei Mobbing. Doch gute Verhandlungen schützen nicht vor schlechter Chemie. "Will die Geschäftsführung einen Manager loswerden, hat der meist selbst kein Interesse mehr an seinem Job", weiß Fritz Grupe, Geschäftsleitungsmitglied der Unternehmensberatung Kienbaum. Typische Signale für die Fahrt aufs Abstellgleis: Der Manager erhält nicht mehr alle Informationen oder hört abstruse Gerüchte über sich. Berater Grupe: "Jetzt geht es darum, mittels Aufhebungsvertrag lukrative Abfindungen oder adäquate Altersversorgung zu verhandeln. Doch Vorsicht: Schon Kleinigkeiten wie manipulierte Spesen- oder Reisekostenabrechnungen können alle Chancen zunichte machen.

Manager Franzen hätte eine ganz andere Strategie geholfen. Anwalt Weber: "Hätte er bei der Beförderung zum Geschäftsführer das Ruhen seines alten Vertrags vereinbart, könnte er sich nach seinem Rausschmiss immer noch auf das alte Anstellungsverhältnis berufen.

Abfindung für den Fiskus
Sollen Manager ihren Posten räumen, handeln sie oft zum Abschied eine satte Abfindung aus. Doch nicht alles gelangt aufs eigene Konto. Auch der Fiskus hat ein Wörtchen mitzureden.

Von der gesamten Summe bleiben mindestens 16.000,00 Mark steuerfrei. Ist der Ex-Angestellte über 50 und mindestens 15 Jahre im Betrieb, darf er 20.000,00 Mark steuerfrei kassieren. 55-Jährige, seit 20 Jahren im Betrieb, haben einen Bonus von 24.000,00 Mark.

Seit 1998 wird nicht mehr bloß der halbe Durchschnittssteuersatz veranschlagt, sondern es gilt die Fünftelregel: Die Steuer wird auf Grundlage eines Fünftels der Abfindung berechnet. Die so ermittelte Steuerlast wird mit fünf multipliziert. Folge: Bei der Berechnung der Gesamtsteuerlast verfünffacht sich der Progressionsvorteil. Bitter für Spitzenkräfte: Ab einem Jahreseinkommen über 107.568 Mark (Ledige) bringt die Regelung keine Steuererleichterung mehr.

Angestellte
Kündigungsschutz.

Angestellte, die länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als fünf Mitarbeitern beschäftigt sind, kann der Chef ordentlich nur darin kündigen, wenn er triftige Gründe vorweisen kann. Zum Beispiel: Ausplaudern von Betriebsgeheimnissen, massiver Stellenabbau oder lange Krankheiten.

Prozess.

Stellen Arbeitsrichter im Prozess fest, dass eine Kündigung unwirksam ist, kann der Chef beantragen, das Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung von maximal 18 Monatsgehältern aufzulösen. Er muss jedoch nachweisen, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist.

Vertrag.

Oft können Angestellte eine Probezeit ausschließen. Das nutzt jedoch nur, wenn sie zugleich die 6-monatige Wartezeit bis zum Eintritt des gesetzlichen Kündigungsschutzes abbedingen.

Leitende
Der Kündigungsschutz

ist für leitende Angestellte eingeschränkt.

Selbst bei einer an sich unwirksamen Kündigung kommt der Chef bei ihnen mit einem Auflösungsantrag immer durch, weil er diesen nicht begründen muss.

Personenkreis.

Im Sinne des Gesetzgebers leitet aber nur, wer tatsächlich eigenverantwortlich Personalentscheidungen treffen kann.

Gehalt oder Bezeichnung im Vertrag sind dabei nicht ausschlaggebend. Um Manager günstig loszuwerden, schicken Chefs ihnen daher gern ein kurzes Schreiben, das ihnen Personalkompetenz zusichert. Ausweg: Der Manager sollte den Vorstand dennoch stur bei jeder Einstellung einbinden.

Abmahnung.

Chefs müssen Führungskräfte nur bei Leistungsmängeln, bei Vertrauensproblemen abmahnen.

Organe
Kündigungsschutz.

Für Vorstand und Geschäftsführer fällt der gesetzliche Kündigungsschutz flach. Aufsichtsrat oder Gesellschafter müssen sie zwar nicht abmahnen, jedoch durch formellen Beschluss abberufen.

Befristung.

Ein Vorstand sollte seinen Posten auf drei bis fünf Jahre befristen. Dann kann er vorher nur per außerordentlicher Kündigung fliegen. Bei unbefristeten Verträgen sollte er eine lange Kündigungsfrist rausschlagen. Sonst gelten kurze gesetzliche Fristen, etwa sieben Monate bei 20-jähriger Betriebszugehörigkeit. Top-Manager können Kündigungsfristen bis zu einem Jahr oder den Ausschluss von ordentlichen Kündigungen aushandeln.

Abfindung.

Gerichte gewähren meist ein halbes Bruttogehalt pro Lebensjahr. Möglich: vertraglich höhere Pauhalen vereinbaren


Zweischneidige Personalkompetenz

Capital 15/2001

Freitag, 22. Juni 2001

Kündigungsschutz.

Als leitender Angestellter gilt, wer selbstständig Mitarbeiter einstellen und entlassen darf. Macht diese Aufgabe einen wesentlichen Teil der Tätigkeit aus, kann der Manager auch selbst einfacher seine Stelle verlieren.

Die Zeit des Managers war abgelaufen: Aus Sicht seines Unternehmens passte er nicht mehr zur Firma. Doch die Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag scheiterten an der angeblich zu hohen Forderung der Führungskraft. Der Arbeitgeber entzog ihm daraufhin die Befugnisse des Regionaldirektors und übertrug ihm eine Sonderaufgabe. Danach wurde er freigestellt. Der Manager fügte sich. Wenig später beschloss der Arbeitgeber, die Vertriebsnetze zweier Konzerngesellschaften zusammenzulegen. Aus der Regionaldirektion wurde eine Vertriebsdirektion, die Stelle des Vertriebsdirektors wurde etwas aufgepeppt und einem jüngeren Manager übertragen.

Der Arbeitgeber sah seine Chance, sich kostengünstig von dem aus seiner Sicht überflüssigen ehemaligen Regionaldirektor zu trennen. Er kündigte das Anstellungsverhältnis fristgemäß und begründete dies mit der weggefallenen Position. Im Prozess trug der Arbeitgeber vor, der Ex-Regionaldirektor sei leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Das Unternehmen könne deshalb allenfalls zur Zahlung einer geringen Abfindung verurteilt werden.

Für den Manager eine gefährliche Argumentation. Denn leitende Angestellte haben faktisch keinerlei Kündigungsschutz. Im Gegensatz zu anderen Beschäftigten braucht der Arbeitgeber hier für eine Entlassung nicht nachzuweisen, dass der Arbeitsplatz weggefallen ist. Er muss lediglich die vom Arbeitsgericht festgelegte Abfindung zahlen. In der Regel ist dies höchstens ein Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr.

Sich von anderen Angestellten zu trennen, kann hingegen wesentlich teurer sein. Doch worin unterscheidet sich ein leitender Angestellter von einem anderen Beschäftigten? Das wesentliche Kriterium für die Justiz ist die Personalverantwortung: Wer selbstständig Mitarbeiter einstellen und entlassen kann, ist leitender Angestellter, so die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Voraussetzung ist allerdings immer, dass die Personalkompetenz gegenüber mehr als nur einer Hand voll von Mitarbeitern besteht und dass sie einen wesentlichen Teil der Tätigkeit der Führungskraft ausmacht.

Ob dies bei dem geschassten ehemaligen Regionaldirektor der Fall war, beschäftigte nach seiner Kündigung mehrere Justizinstanzen. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden und dem entlassenen Manager auf der ganzen Linie Recht gegeben (2 AZR 465/99).

Nach den Urteilsgründen war der Manager zwar als Ex-Regionaldirektor leitender Angestellter. Doch laut Bundesarbeitsgericht war die Personalkompetenz der Führungskraft nicht prägend für seinen Arbeitsbereich. Dem Manager waren lediglich fünf Mitarbeiter direkt unterstellt. Zudem hatte der ehemalige Regionaldirektor zu keiner Zeit selbstständig Personen eingestellt oder entlassen. Jedenfalls konnte das beklagte Unternehmen weder einen Arbeitsvertrag noch eine Kündigung mit der Unterschrift des entlassenen Managers vorlegen.

Damit kam es auf den eigentlichen Kündigungsgrund an. Den hält das Bundesarbeitsgericht für unzureichend. Nach Ansicht des höchsten deutschen Arbeitsgerichts ist die Position des Vertriebsdirektors keine neue, geschweige denn eine höherwertige Aufgabe. Der Tätigkeitsbereich war nach Bedeutung und Verantwortung nicht wesentlich anspruchsvoller geworden und kam somit für den Manager durchaus in Frage. Jedenfalls gelang es dem Unternehmen nicht, eine mangelnde persönliche oder fachliche Eignung des entlassenen Regionaldirektors nachzuweisen. Für das Bundesarbeitsgericht war die Kündigung daher rechtswidrig.


Den Geschäftsführer vom Sockel gestoßen

Capital 11/2001

Freitag, 22. Juni 2001

Weisungsrecht. Geschäftsführer können nach einer Übernahme ihrer Firma gezwungen werden, einfache Sachbearbeitertätigkeiten auszuüben. Nach einem aktuellen Urteil darf die Mutterfirma die Aufgaben neu verteilen.

von RA Ulrich Weber

Der Mann schien am Ziel. Als Geschäftsführer einer GmbH, die Wohnungen bewirtschaftete, erhielt der 48-Jährige einen Dienstvertrag mit Laufzeit bis zu seinem Rentenbeginn. Ein gutes Gehalt, Dienstwagen und eine Altersversorgung sollten ihm ein angenehmes Leben sichern. Seine Tätigkeit war überschaubar und ihm vertraut. Gemeinsam mit sechs Mitarbeitern war er für 2000 Wohnungen zuständig.

Diese Idylle änderte sich schlagartig, als die GmbH komplett von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft gekauft wurde und der Geschäftsführer fortan von dort seine Weisungen erhielt. Die von ihm zuvor selbständig verwalteten Wohnungen gingen in dem Bestand der Konzernmutter auf, die auch seine Mitarbeiter weiter beschäftigte. Danach hielt die Wohnungsbaugesellschaft den Geschäftsführer für unterfordert und wies ihm einen neuen Aufgabenbereich zu. Ein Problem, das jeden Geschäftsführer treffen kann, dessen Gesellschaft übernommen wird.

In einem solchen Fall stellt sich zwangsläufig eine grundsätzliche Frage: Inwieweit kann sich ein Mitarbeiter mit Leitungsfunktion wehren, wenn ihm alte Aufgaben entzogen und neue zugeteilt werden? Dazu hat jetzt das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG 12 U 4408/98) eine Grundsatzentscheidung gefällt.

Nach Ansicht der Richter ist der Geschäftsführer aus dem Eingangsbeispiel durch die Neuorganisation der Arbeitsbereiche tatsächlich nicht mehr ausgelastet. Die OLG-Juristen prüften deshalb, ob der Führungskraft neue Tätigkeiten übertragen werden dürfen. Die Konzernmutter hatte von dem Geschäftsführer verlangt, sich ? wie ein normaler Sachbearbeiter ? um rund 300 Gewerberaumeinheiten zu kümmern und gleichzeitig ein neues Verwaltungsmanagement aufzubauen. Diese neuen Aufgaben hielten die Richter sowohl zeitlich als auch inhaltlich für zumutbar.

Die faktische Degradierung beurteilte das Gericht als zulässig. Zwar habe ein Geschäftsführer die Aufgabe, ein Unternehmen zu leiten. Diese Führungsfunktion könne aber abgeschwächt werden, urteilte das Oberlandesgericht. So dürfe von einem Geschäftsführer auch die Übernahme von Sachbearbeitertätigkeiten verlangt werden, zumal wenn er zuvor lediglich eine kleine GmbH mit gerade sechs Mitarbeitern leitete.

Allerdings ? so die rechtliche Einschränkung ? könne die Konzernmutter dem Geschäftsführer nicht jede beliebige Tätigkeit übertragen. Nach Ansicht des Oberandesgericht Nürnberg sind aktienrechtliche Grundsätze anzuwenden. Danach reiche das Weisungsrecht der herrschenden Gesellschaft nur so weit, wie es die Satzung der beherrschten Gesellschaft zulässt. Die Bewirtschaftung von Gewerberäumen bewege sich aber durchaus im Rahmen des bisherigen Tätigkeitsbereichs der Gesellschaft.

Dieses aktuelle Grundsatzurteil des Nürnberger OLG kann für alle GmbH-Geschäftsführer gefährlich werden. Denn bislang bestand wenig Klarheit, inwieweit sie sich mit der Beschneidung ihrer Rechte nach Eingliederung in ein größeres Unternehmen abfinden müssen. Durch die neue Entscheidung sind die Grenzen jetzt sehr weit gezogen.

Ob diese Regelung für alle verbindlich wird, zeigt sich vor dem Bundesgerichtshof. Dort hat der betroffene Geschäftsführer inzwischen Revision eingelegt (11 ZR 247/99).

Auf einen Blick
Degradierung.

Selbst langfristige Geschäftsführerverträge sind nach der Übernahme eines Unternehmens nicht viel wert. Insbesondere wenn der einstige Chef nur wenige Beschäftigte leitete, kann er sogar zum Sachbearbeiter heruntergestuft werden.

Zumutbarkeit.
Das Weisungsrecht der übernehmenden Firma hat allerdings auch Grenzen. Die neue Tätigkeit muss wesensverwandt mit der bisherigen Arbeit sein.


Vorsicht mit der mündlichen Auskunft

Capital 8/2001

Freitag, 22. Juni 2001

Arbeitszeugnis. Die schriftliche Beurteilung für ausscheidende Mitarbeiter ist oft nichtssagend. Will der Ex-Chef dem potenziellen neuen Arbeitgeber nachträglich unliebsame Wahrheiten vermitteln, steht viel Geld auf dem Spiel.

von Ulrich Weber

Erst vor dem Arbeitsgericht konnten sich die Firma und die einstige Führungskraft auf einen Wortlaut für das Arbeitszeugnis einigen. Als ein an der Einstellung des Managers interessiertes Unternehmen anfragte, teilte die alte Firma schriftlich mit, dass sie nicht in der Lage sei, zusätzliche Informationen zu geben. Sie könne aber "bestätigen, dass das Zeugnis im Verlauf eines arbeitsgerichtlichen Prozesses erlangt worden ist".

Nach dieser Auskunft verzichtete das Unternehmen auf die Einstellung. Landesarbeitsgericht Hamburg (2 Sa 144/83) verurteilte daraufhin den Ex-Arbeitgeber zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe der Vergütung, die der Mann bei der neuen Firma in der sechsmonatigen Probezeit verdient hätte ? das Arbeitslosengeld wurde verrechnet.

Das Urteil zeigt, wie sensibel Unternehmen mit Informationen über ehemalige Mitarbeiter umgehen sollten. Die Versuchung, dem möglichen neuen Arbeitgeber Auskünfte über Person und Leistung des Bewerbers zu geben, mag für manchen Firmenchef groß sein. Denn auch er weiß: Was wirklich interessiert, steht oft nicht im Zeugnis drin. Ist der scheidende Mitarbeiter mit einer zusätzlichen mündlichen Auskunft einverstanden, ist das für alle Beteiligten unproblematisch. Ohne eine solche Zustimmung bewegt sich der Arbeitgeber dagegen auf unsicherem Boden.

Die Rechtsprechung ließ in der Vergangenheit solche Auskünfte durchgehen, solange sich der Ex-Chef dabei an die Wahrheit hielt. Doch inzwischen betonen die Gerichte immer stärker den Persönlichkeitsschutz von Arbeitnehmern. In langwierigen Prozessen muss dann geklärt werden, ob das neue Arbeitsverhältnis gerade wegen der "üblen Nachrede" des alten Chefs nicht zu Stande kam.

Auch auf anderem Wege versuchen sich Arbeitgeber durch die Hintertür vom Zeugnisinhalt zu distanzieren. Zum Beispiel, indem nicht der Unternehmenschef die Beurteilung unterschreibt, sondern ein untergeordneter Mitarbeiter. Doch auch darin setzen die Gerichte enge Grenzen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, 9 AZR 893/98) stellte dazu klar, dass etwa der Namenszug der Sekretärin das Zeugnis entwerten kann. Zwar müsse ein Zeugnis nicht immer vom Geschäftsführer oder Vorstand erteilt werden. Doch zu tief dürfe man in der Hierarchie nicht gehen. Außerdem sei dafür zu sorgen, dass der Aussteller unter Angabe seiner Funktion tatsächlich selbst unterschreibt.

Solche Auseinandersetzungen lassen sich vermeiden, wenn beide Seiten die Zeugnisfrage emotionsfrei angehen: Es empfiehlt sich, den Wortlaut der Beurteilung festzulegen, bevor sie die Unterschrift unter den ? bei Führungskräften üblichen ? Aufhebungsvertrag setzen. Der Arbeitgeber sollte sich zudem verpflichten, Auskünfte an Dritte nur im Sinne dieses Zeugnisses zu erteilen. Dann ist der Arbeitnehmer gegen unliebsame Plaudereien besser geschützt.

Das frühzeitige Vereinbaren des Zeugnistextes schafft gerade bei Führungskräften Sicherheit. Denn manche Formulierungen sind nur auf den ersten Blick wohlwollend, wie es die Gerichte verlangen: Wird etwa einer Führungskraft bescheinigt, sie sei ein "energischer Vorgesetzter", werden damit nichts anderes als Mängel in der Personalführung attestiert. Verweist das Zeugnis auf einen temperamentvollen Führungsstil, werden die damit angesprochenen Wutausbrüche kaum kaschiert. Derartige Klauseln sind für Manager inakzeptabel.

Auf einen Blick
Bewertung.
Über ehemalige Mitarbeiter dürfen Arbeitgeber ? zusätzlich zu den wohlwollenden Aussagen im schriftlichen Zeugnis ? keine negativen Informationen weitergeben. Sonst drohen Schadensersatzansprüche.

Vereinbarung.
Bevor Führungskräfte ihre Unterschrift unter den Auflösungsvertrag setzen, sollten sie sich mit dem Chef übers Arbeitszeugnis einigen.


Kampf um Arbeitsplatz und Abfindung

Berliner Morgenpost 

Sonntag, 10. Juni 2001

Wenn Betriebe Entlassungen planen, gibt es für die Beschäftigten mehrere Szenarien ? Beispiel Bankgesellschaft

von Annette Kuhn

Am Anfang waren es 1.600, jetzt ist schon von 3.000 die Rede, und dann geistert da noch die Zahl 4.000 herum. Es geht um die Zahl der Arbeitsplätze, die bei der Bankgesellschaft Berlin als Konsequenz ihrer Finanzkrise gestrichen werden sollen. Heute hat der Bankenriese noch 16.000 Mitarbeiter. Wie ihnen geht es den Beschäftigten immer, wenn Unternehmen größere Entlassungen ankündigen. Vielen raubt der drohende Jobverlust den Schlaf, und sie fragen sich: Wen wird es treffen? «Das richtet sich in erster Linie nach sozialen Faktoren», erklärt Dr. Martin Pröpper, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Kanzlei Ulrich Weber & Partner, Köln, «zu diesen gehören die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und eine mögliche Schwerbehinderung. Anhand dieser Faktoren wird ein soziales Ranking aufgestellt, das darüber Aufschluss gibt, wer sehr und wer weniger schutzbedürftig ist».

Mit einer solchen Regelung, die grundsätzlich bei Entlassungen greift, sollen vor allem die Arbeitsplätze der Mitarbeiter gesichert werden, die lange dabei sind und die aufgrund ihres Alters weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Doch wird ein Betrieb nicht nur junge Fachkräfte entlassen wollen. Denn darunter sind möglicherweise auch Mitarbeiter, die besser Englisch sprechen und im Umgang mit neuen Medien geschulter sind als ältere Kollegen. «Hier kommt der Begriff Leistungsträger ins Spiel», erläutert Dr. Heiko Peter Krenz, auch er Arbeitsrechtler in derselben Kanzlei. Das Unternehmen muss die Mitarbeiter, die es unbedingt behalten will, die aber aufgrund der sozialen Auswahl vor die Tür gesetzt werden müssten, als Leistungsträger deklarieren. «Generell gilt aber das Regel-Ausnahme-Prinzip, das heißt: Die Sozialauswahl muss die Regel sein, das Argument Leistungsträger die Ausnahme», ergänzt Krenz: «Wenn ein Unternehmen zehn Prozent als Leistungsträger deklariert, ist das sehr viel. Zumal sich der Arbeitgeber dann auch dem Vorwurf aussetzt: Warum wurden nicht alle Mitarbeiter entsprechend geschult?»

Entlassungen sind im Übrigen nur mit einem triftigen Grund möglich. So darf beispielsweise die Bankgesellschaft nicht sagen: ,Ich will 3.000 Leute entlassen?. «Sie muss für betriebsbedingte Kündigungen Begründungen nennen, zum Beispiel die Ausdünnung des Filialnetzes, aufgrund derer 3.000 Stellen entbehrlich werden», so Dr. Martin Pröpper. Dann wird der Betriebsrat eingeschaltet und mit ihm ein Sozialplan erstellt. Wie erläutert wird hier ermittelt, wer wo im sozialen Ranking steht, und es wird ein Interessenausgleich gesucht. Dabei geht es vor allem um Abfindungsregelungen. Zu berücksichtigen ist auch der Tarifvertrag für das private Bankgewerbe, der ebenfalls Regelungen zur Kündigung enthält.

Neben dem «normalen» Sozialplan kann ein so genannter Transfer-Sozialplan erstellt werden. «Dahinter steckt der Gedanke, Beschäftigung statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren», so Dr. Krenz. Die gekündigten Mitarbeiter kommen dann nach der Entlassung längstens für zwei Jahre in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG), in der sie eine Weiterbildung absolvieren, um so ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Finanziert werden die BQGs vom Arbeitsamt und vom Arbeitgeber, die Abfindungssumme fließt zumindest teilweise ein. «Bisher ist die Überleitung in eine BQG noch freiwillig und wird von den Arbeitgebern nur zögernd aufgegriffen», meint Dr. Pröpper, aber sie ist Teil der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, die voraussichtlich im Januar 2002 in Kraft tritt, und werde dann erheblich an Bedeutung gewinnen.

Welcher Sozialplan auch immer gilt, die Betroffenen können sich gegen ihre Entlassung wehren und eine Kündigungsschutzklage einreichen. Damit würden sie nichts verlieren, «denn die Sozialplan-Abfindung haben sie ohnehin in der Tasche. Wer vor Gericht zieht, kann aber davon ausgehen, dass der Arbeitgeber noch was drauflegt.» Als Faustformel für die Abfindungsberechnung vor dem Berliner Arbeitsgericht gilt aus Dr. Pröppers Erfahrung ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. «Das steht so nicht im Gesetz, ist aber Usus.» Doch auch wenn sich die Bankgesellschaft Berlin bei der Abfindungsregelung großzügig erweisen sollte ? eines wird den Entlassenen wohl ein Dorn im Auge sein: Dass sich der ehemalige Vorstandschef der Berlin Hyp, Klaus Landowsky, mit seinem Ausscheiden eine jährliche Pension von 350.000,00 DM gesichert hat. Eine Summe, von der die 1.600 bis 4.000 von einer Kündigung bedrohten Banker nur träumen können.


Neues Recht für Firmenchefs bei ...

Impulse Juni 2001

Auf einen Blick hier die wichtigsten neuen Regeln zu den Themen Teilzeit, Zeitverträge, Mitbestimmung und Kündigungsschutz. Dazu Praxistipps von Rechtsanwältin Gabriele Reinhardt: Wie Arbeitgeber ihre Interessen jetzt am besten wahren ? in der strategischen Planung und im Tagesgeschäft.

...Teilzeitarbeit
In Firmen mit mehr als 15 Leuten (ohne Azubis) können Mitarbeiter, die länger als sechs Monate an Bord sind, Teilzeitarbeit fordern.

Wer Teilzeit will, muss dies spätestens drei Monate vorher verlangen, und zwar inklusive der gewünschten Verteilung der Tage.

Reduzierungs- und Verteilungswunsch kann der Chef nur ablehnen, wenn "betriebliche Gründe entgegenstehen? (wesentliche Beeinträchtigung von Abläufen oder Sicherheit oder hohe Kosten).

Achtung: Das Argument, die nötige Ersatzkraft sei nicht zu bekommen, ist dezidiert zu belegen.

Reagiert der Chef nicht spätestens einen Monat vor dem Umstellungstermin, gilt die neue Arbeitszeit als genehmigt.

Hat die Firma aus gutem Grund abgelehnt oder will der Arbeitnehmer sein Pensum erneut ändern, muss er sich zwei Jahre gedulden.

Alle Firmen (auch bei höchstens 15 Leuten) sind verpflichtet, Jobs auch als Teilzeitstellen auszuschreiben. Es sei denn, "dringende betriebliche Bedürfnisse? stehen entgegen.

Praxistipps:
Die Ablehnung eines Teilzeitwunsches ist nur rechtzeitig zugegangen, wenn der Arbeitnehmer diese Erklärung vor Ablauf eines Monats schriftlich in die Hand bekommt.

Um alle Unwägbarkeiten auszuschließen, sollten Unternehmer oder Personalchef unterschreiben, nicht der direkte Vorgesetzte des Teilzeitwilligen.

...Betriebsräten und Mitbestimmung
Auch wenn die Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes noch nicht in Kraft ist ? die wesentlichen Veränderungen stehen de facto fest. Die für Mittelständler wichtigsten Punkte:

In Betrieben mit höchstens 50 Mitarbeitern reicht der Vorstoß von drei Leuten (die dann ein halbes Jahr lang unkündbar sind!), um binnen zwei Wochen einen Betriebsrat zu installieren. Da bei der Wahl eine Mindeststimmenzahl nicht vorgegeben ist, kann also eine Minderheit der Mehrheit einen Betriebsrat aufzwingen.

Unterhält eine Firma mehrere Kleinstbetriebe, wählen diese gemeinsame Betriebsräte. Frauen müssen anteilig vertreten sein. Auch Heimarbeiter und Außendienstler dürfen mitwählen. Ebenso Leiharbeiter, die länger als drei Monate im Betrieb im Einsatz sind.

Vielerorts wachsen die Betriebsräte: So werden bis zu 150 Mitarbeiter heute von einem fünfköpfigen Betriebsrat vertreten. Künftig treten schon bei 101 Mitarbeitern die Belegschaftsvertreter Nummer sechs und sieben auf den Plan. Ab 201 Mitarbeitern (heute: 301) werden es neun.

Die Schwelle für das erste freigestellte Betriebsratsmitglied sinkt von 300 auf 200 Mitarbeiter.

Der Betriebsrat kann ? was bisher keiner Erwähnung bedurfte ? dem Arbeitgeber Vorschläge zur Beschäftigungssicherung unterbreiten (etwa für Teilzeitmodelle oder Qualifizierungsprogramme). Neu: In Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern muss sich der Arbeitgeber schriftlich rechtfertigen, wenn er einen Vorstoß seiner Belegschaftsvertreter nicht aufgreifen möchte.

Zusätzliche Rechte erhält der Betriebsrat zu Themen wie Umweltschutz, Fremdenfeindlichkeit im Betrieb oder Gruppenarbeit.

Praxistipps:
Falls Mitarbeiter einen Betriebsrat installieren wollen, sollte der Chef keinesfalls auf Konfrontation schalten. Andernfalls holt er sich die Gewerkschaft ins Haus.

Behalten Sie bei Einstellungen besonders die magischen Belegschaftsschwellen 101 und 200 im Auge.

Lassen Sie notfalls Ihren Anwalt prüfen, ob eine Aufteilung Ihrer Firma in mehrere Unternehmen sinnvoll sein könnte.

...Zeitverträgen
Seit 1985 können Firmen neue Mitarbeiter ohne besondere Rechtfertigung auf Zeit einstellen ("Befristung nach Beschäftigungsförderungsgesetz?). Diese Verträge dürfen bis auf insgesamt zwei Jahre dreimal verlängert werden. Weitere Befristungen sind nur möglich, wenn dafür ein so genannter sachlicher Grund vorliegt, etwa Urlaubs- oder Schwangerschaftsvertretung. All dies gilt nach wie vor.

Schied der Mitarbeiter anschließend aus, konnte diese Prozedur bislang nach vier Monaten Pause von vorn beginnen. Diese Vier-Monats-Regel entfällt. Stattdessen funktioniert die Befristung nach Beschäftigungsförderungsgesetz für jeden Arbeitnehmer nur noch einmal im Leben. Außerdem ist die Strategie "Erst mit sachlichem Grund befristen, dann viermal ohne? nicht mehr möglich.

Immerhin: Bis Ende 2000 waren Zeitverträge für Mitarbeiter ab 60 Jahren uneingeschränkt zulässig. Jetzt liegt diese Grenze schon bei 58 Jahren.

Praxistipps:
Lassen Sie sich von Mitarbeitern, die Sie auf Zeit einstellen wollen, schriftlich zusichern, dass diese nie zuvor für Ihre Firma tätig waren.

Auch befristete Verträge stets schriftlich vereinbaren ? sonst gelten diese als unbefristet geschlossen.

...Kündigungsschutz in Kleinstbetrieben
Bislang galt: Wer höchstens fünf Mitarbeiter beschäftigt, braucht sich um das Kündigungsschutzgesetz nicht zu kümmern. Teilzeitkräfte zählen nur anteilig. Konsequenz: Der Chef konnte nach Belieben entlassen, sofern kein besonderer Schutz ins Spiel kam, etwa für werdende Mütter oder Schwerbehinderte. Darüber hinaus könnte eine Entlassung in der Theorie wegen "Verstoßes gegen die guten Sitten? unwirksam sein. Soll heißen: Wenn sie "das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verletzt?.

Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden: Unabhängig von der Betriebsgröße ist eine Kündigung bereits nichtig, sobald sie gegen das äußerst schwammige Gebot von "Treu und Glauben? verstößt. Konkret hatte ein Kleinunternehmer von vier Mitarbeitern den Ältesten entlassen. Dafür hätte es laut Bundesarbeitsgericht einer besonderen Rechtfertigung bedurft. impulse wird in einer der nächsten Ausgaben und unter www.impulse.de ausführlicher berichten, sobald das Bundesarbeitsgericht die Urteilsgründe vollständig formuliert hat.

Praxistipps:
Chefs von Kleinbetrieben sollten die Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters jetzt sorgfältig begründen. So lässt sich der Eindruck von Willkür dämpfen.

Argumente: Konterchancen bestehen, wenn jüngere Mitarbeiter für Führungsaufgaben vorgesehen oder mit dem Chef verwandt sind. Oder Überalterung der Belegschaft droht.


Doppeltes Risiko

Berliner Morgenpost 

Sonntag, 13. Mai 2001

Wird ein Betrieb verkauft, droht den Beschäftigten oft die Kündigung

von Martin Pröpper

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer: Der Betrieb soll verkauft werden! Aber was wird dann aus den Mitarbeitern? Welche rechtlichen Konsequenzen hat der Verkauf für die Beschäftigten? Kann der Arbeitgeber ihnen wegen der Betriebsveräußerung kündigen, oder ist der Bestand der Arbeitsverhältnisse geschützt? Fragen wie diese beschäftigen Arbeitsrechtler zunehmend. Denn immer öfter übertragen Unternehmen Teilbereiche, um sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Betriebe werden abgespalten, um mit Sparten anderer Unternehmen zu fusionieren. Selbst die öffentliche Hand gliedert bestimmte Bereiche in private Hände aus.

Arbeitsrechtlich stellt eine Umstrukturierung mit der Übertragung eines Betriebs oder Betriebsteils einen Betriebsübergang dar, geregelt in § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Das ist eine reine Arbeitnehmerschutzvorschrift, die für besonderen Kündigungsschutz sorgt. Grundsätzlich tritt demnach der Käufer eines Betriebs als neuer Arbeitgeber in alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ein. Das heißt, er bekommt die alleinige Arbeitgeberposition und hat voll und ganz die arbeitsvertraglichen Konditionen zu erfüllen, wie sie für den bisherigen Inhaber galten.

Für die Arbeitnehmer birgt die Situation ein doppeltes Risiko. Zum einen besteht die Gefahr, dass ihnen noch der alte Chef kündigt, um den Betrieb für den Erwerber personell abzuspecken. Zum anderen droht, dass der neue Arbeitgeber den Kauf mit einem Personalabbau verbindet. Für die Betroffenen ist es deshalb von Bedeutung, gegen Kündigungen anlässlich des Betriebsübergangs geschützt zu sein. Wann aber liegt ein solcher Betriebsübergang nach § 613 a BGB vor?

Die Eckpunkte dazu wurden in vielen Gerichtsentscheidungen gesetzt. Bei Produktionsbetrieben ist es erforderlich, dass die wesentlichen Betriebsmittel übergehen, beispielsweise Gebäude, Maschinen, Produktionsanlagen, Werkzeuge, Rohstoffe, Fahrzeuge und Transportgeräte. Bei Handels- und Dienstleistungsbetrieben kann es bereits ausreichen, wenn immaterielle Wirtschaftsgüter übergehen, wie beispielsweise Dienstleistungsverträge, Konzessionen, Kundenlisten, Geschäftspapiere oder Lizenzen und Patente. In Einzelfällen kann es sogar genügen, wenn als wirtschaftliche Einheit lediglich der Großteil der Belegschaft auf den neuen Arbeitgeber übergeht, ohne dass es zur Übertragung von Betriebsmitteln kommt. Dabei ist aber die Abgrenzung zur bloßen Funktionsnachfolge zu prüfen, bei der § 613 a nicht greift. Zum Beispiel bei einem so genannten Outsourcing, etwa wenn eine Kaufhauskette ihren Kundendienst künftig von einer Fremdfirma erledigen lässt, die dafür weder Arbeitsmittel noch Personal der Kette übernimmt.

Bei einem Betriebsübergang dagegen ist eine Kündigung durch den bisherigen oder durch den neuen Arbeitgeber unwirksam, wenn sie mit dem Übergang des Betriebs begründet wird. Die Kündigung aus anderen Gründen bleibt allerdings möglich, insbesondere aus verhaltens- oder personenbedingten Gründen. Problematischer abzugrenzen sind dagegen Fälle der betriebsbedingten Kündigung, sei es noch durch den Betriebsveräußerer oder bereits durch den Erwerber.

In diesen Fällen sollten Arbeitnehmer versuchen, sich gegen die Kündigung mit dem Argument zu wehren, dass letztlich doch der Betriebsübergang der Grund sei. Der kündigende Arbeitgeber wiederum wird sich bemühen, andere sachliche Gründe anzuführen. Nach der Rechtsprechung ist eine Kündigung nämlich nur dann anlässlich eines Betriebsübergangs unwirksam, wenn der Übergang für die Kündigung ursächlich war. Häufig kommt es dabei zu rechtlichen Streitigkeiten, weil sowohl der alte als auch der neue Chef oft versuchen, Kündigungen mit Umstrukturierungen oder Rationalisierungen zu begründen, die mit dem Betriebsübergang nichts zu tun haben.

Eine andere Gefahr droht, wenn es sich nicht um einen Betriebsübergang, sondern um eine Betriebsstilllegung handelt. Oft begründen Verkäufer eine Kündigung im Rahmen der Umstrukturierung damit, der Betrieb werde nicht übertragen, sondern stillgelegt. Der Käufer wird argumentieren, er habe keinen "lebenden" Betrieb übernommen, sondern nur einzelne Wirtschaftsgüter eines stillgelegten Betriebs aufgekauft. Trifft das zu, scheidet der besondere Kündigungsschutz für die Arbeitnehmer aus. Der Betriebserwerber tritt dann nicht als neuer Arbeitgeber ein, und der Verkäufer kann wirksam betriebsbedingt kündigen. Deshalb ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber endgültig entschlossen ist, den Betrieb wirklich stillzulegen ? es kann auch sein, dass nur eine Unterbrechung vorliegt, die eine Kündigung nicht rechtfertigt.


Anspruch auf Teilzeit: Freiheit mit Grenzen

IHK-Report Südhessen Mai 2001

Dienstag, 1. Mai 2001

mit RA Peter Rölz

Auch bei diesen neuen gesetzlichen Regelungen wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird", meinte Rechtsanwalt Peter Rölz aus Frankfurt bei einer Informationsveranstaltung der IHK Darmstadt zum Thema "Neues Teilzeit- und Befristungsgesetz". Vor 160 Teilnehmern führte er in die neuen Regelungen zum Anspruch der Arbeitnehmer auf Teilzeit-Beschäftigung ein, die zum 1. Januar trotz heftigster Proteste der Industrie- und Handelskammern ohne jegliche Übergangsregelung in Kraft getreten sind.

Die zahlreichen Fragen aus dem Zuhörerkreis im Anschluss an die Ausführungen von Peter Rölz machten das große Interesse der Unternehmen am neuen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit deutlich. Der Referent hob besonders hervor, dass den Arbeitgebern auch weiterhin genug Freiraum für ihre unternehmerischen Entscheidungen verbliebe und nicht jeder Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Teilzeitarbeit ohne Rücksicht auf die betrieblichen Belange durchsetzen könne.

Rölz stellte ausführlich die verschiedenen Möglichkeiten dar, den Teilzeitanspruch unter Hinweis auf betriebliche Gründe abzulehnen, so weit die Organisation, Arbeitsabläufe oder Sicherheit des Betriebes wesentlich beeinträchtigt würden. Im zweiten Teil der gemeinsam mit der IHK Offenbach organisierten Veranstaltung informierte er über die neuen Regelungen für befristete Arbeitsverhältnisse.


Überführte zahlen für Detektive

Berliner Morgenpost

Sonntag, 29. April 2001

Hegt ein Arbeitgeber gegen einen Arbeitnehmer einen konkreten Verdacht, kann er sogar Detektive einschalten, um ihm auf die Schliche zu kommen. Wird der Arbeitnehmer so überführt, sind die Kosten "als Schadensersatz zu erstatten", sagt Rechtsanwalt Dr. Martin Pröpper von der Kanzlei Weber und Partner GbR, Köln und verweist auf ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Berlin (1 Ca 283 60/00). Im verhandelten Fall hatte der Arbeitgeber vergebens versucht, seinen angeblich kranken Mitarbeiter zu erreichen und schließlich ein Detektivbüro eingeschaltet. Das ermittelte den "Kranken" in seinem schwedischen Ferienhaus, wo er sich mit Gartenarbeiten befasste. Nach dem Urteil kann der Arbeitgeber die Detektivkosten von mehr als 10.000,00 DM zurückfordern, weil der Arbeitnehmer ohne den Detektiveinsatz bei seinen Unwahrheiten zu der angeblichen Erkrankung geblieben wäre.

Auch das Bundesarbeitsgericht hat bereits Detektivkosten unter dem Gesichtspunkt Schadensersatz zuerkannt. In dem Fall (3 AZR 277/84) konnte eine Kassiererin durch Testkäufe von Detektiven der Geldveruntreuung überführt werden und musste deren Honorar als Schadensersatz übernehmen. Der Schadensersatzanspruch im Arbeitsverhältnis setzt allerdings immer voraus, dass Arbeitnehmer nachweislich überführt wurden.


Keinen Mucks, bitte

Berliner Morgenpost 

Sonntag, 8. April 2001

Wer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ausplaudert, riskiert seinen Job und kann sich strafbar machen: In Sachen Insiderwissen gelten strenge Regeln

von Martin Pröpper

Sie gilt für Ärzte, Anwälte, Geistliche ? aber im Grunde für jeden Arbeitnehmer: die Pflicht zur Verschwiegenheit. Um die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu schützen, sind die Beschäftigten zum Stillschweigen verpflichtet. Das gilt während des Arbeitsverhältnisses, aber auch ganz besonders nach Beendigung des Arbeitsvertrages. Doch wie weit muss diese Verschwiegenheit reichen? Kann ein Arbeitnehmer Insiderwissen, das er durch seine Tätigkeit erlangt hat, bei seinem neuen Arbeitgeber ausnutzen, oder gilt hier ein Geheimnisschutz?

Als arbeitsrechtlich relevantes Geschäfts- und Betriebsgeheimnis gilt allgemein, was im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb steht, was nach dem Willen des Arbeitgebers geheim gehalten werden soll und an dessen Geheimhaltung er ein berechtigtes Interesse hat. Inhaltlich wird zwischen Betriebsgeheimnissen unterschieden, die sich auf den technischen Betriebsablauf beziehen, und Geschäftsgeheimnissen, die den kaufmännischen Bereich betreffen.

Ein Geschäftsgeheimnis darf nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sein. Sobald es sich um allgemein bekannte Tatsachen handelt, ist der Geheimnischarakter nicht mehr gegeben. Dies wird nach der Rechtsprechung bereits dann angenommen, wenn es um Tatsachen geht, die Interessierte ohne besondere Mühe in Erfahrung bringen können. Allgemein bekannte und übliche Verfahren oder Tatsachen können keine Geheimnisse mehr sein, auch wenn der Arbeitgeber sie so bezeichnet. Beispielsweise endet der Geheimnisschutz immer dort, wo es um Fakten geht, die in einer Fachzeitschrift veröffentlicht wurden.

Zeitlich wird zwischen der Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers im bestehenden Arbeitsverhältnis sowie im nachvertraglichen Bereich unterschieden. Im Job besteht eine umfassende Verschwiegenheitspflicht, die als Nebenpflicht unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag selbst hergeleitet wird. Werden im Vertrag zusätzlich besondere Vereinbarungen zum Geheimnisschutz schriftlich getroffen, haben diese daher meist nur unterstreichende Bedeutung. Weitergehende Verschwiegenheitspflichten bestehen für Vorstände und Geschäftsführer, aber auch für Betriebsräte und Mitglieder eines Wirtschaftsausschusses.

Verletzt der Arbeitnehmer die Verschwiegenheitspflicht, wird er schadenersatzpflichtig. Darüber hinaus kann er bei Vertraulichkeitsverletzungen abgemahnt und womöglich gekündigt werden ? in gravierenden Fällen sogar außerordentlich. Zudem kann ein Geheimnisverrat auch strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Denn nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb macht sich ein Arbeitnehmer strafbar, der ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis während eines Dienstverhältnisses unbefugt an einen Dritten zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebs Schaden zuzufügen, mitteilt.

Im nachvertraglichen Bereich ist hingegen rechtlich umstritten, ob und in welchem Umfang eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Verschwiegenheitspflicht mit dem Arbeitsverhältnis endet. Generell gilt das Schweigegebot weiter, wenn ein Arbeitnehmer sein Wissen in einer gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßenden Weise erworben hat und es zum Schaden des Ex-Chefs nutzt.

Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über das Vertragsende hinaus zur Verschwiegenheit zwingen und dessen Wettbewerbstätigkeit insbesondere für Konkurrenten einschränken, muss er ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren. So kann sich der Arbeitgeber bis zu einer Höchstgrenze von zwei Jahren absichern und ehemalige Arbeitnehmer zur Wettbewerbsenthaltung zwingen. Hiervor schrecken Arbeitgeber jedoch oft zurück, da ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot finanziell ausgeglichen werden muss.


"Bloß kein Management-by-Terror"

Impulse 

Sonntag, 1. April 2001

Die Schlacht um die Reform der Betriebsverfassung scheint erst einmal geschlagen. Arbeitsrechts-Spezialist Ulrich Weber sagt, wie Mittelständler mit dem neuen Recht am besten umgehen.

Die Schlacht um die Reform der Betriebsverfassung scheint erst einmal geschlagen. Arbeitsrechts-Spezialist Ulrich Weber sagt, wie Mittelständler mit dem neuen Recht am besten umgehen.
impulse: Herr Weber, wer sind die größten Verlierer der Reform?
Weber: Ganz klar Firmen bis 500 Beschäftigte. Hier ist die Betriebsratsdichte besonders gering, was sie Gewerkschaften mit Hilfe des vereinfachten Wahlverfahrens ändern wollen. Hier machen sich auch die Kosten für größere Gremien und mehr freigestellte Betriebsratsmitglieder überproportional bemerkbar.

Was heißt das konkret?
Wenn eine Firma künftig bereits ab 200 Mitarbeitern einen hauptamtlichen Belegschaftsvertreter bezahlen muss, ist dies im Prinzip nicht zu ändern. Mein Tipp für Arbeitgeber: Ermuntern Sie ihren Betriebsrat, die Freistellung auf mehrere Schultern zu verteilen. Denn auch das ist neu. Vorteil: Alle Mitglieder des Betriebsrats bleiben im Produktionsprozess.

Und wie sollten Chefs jetzt agieren, die noch gar keinen Betriebsrat haben?
Zunächst einmal ist nicht damit zu rechnen, dass die Gewerkschaften jetzt ausschwärmen, um in jeder 30-Mann-Firma einen Betriebsrat zu installieren. Dafür fehlt ihnen schlicht die Manpower. Deshalb: Ruhe bewahren, nicht provozieren.

Und wenn die Belegschaft von sich aus einen Betriebsrat wählen möchte?
Wer jetzt auf Management-by-Terror schaltet, holt sich die Gewerkschaft ins Haus. Und hat am Ende einen aggressiven Betriebsrat mit Leuten, die nichts mehr zu verlieren haben. Deshalb rate ich Mandanten: Zeigt Euch kooperativ. Ermuntert loyale Mitarbeiter hinter vorgehaltener Hand, selbst zu kandidieren.

Also doch alles halb so schlimm?
Da muss man differenzieren. Erstens: Die Reform setzt ein falsches Signal. Zweitens: Es gab aber auch auf beiden Seiten eine Menge Theaterdonner. Drittens: Das ganze Ausmaß der Reform kann seriös niemand vorhersagen. Und Viertens: Was im Einzelfall passiert, hängt vor allem vom Unternehmer selber ab.


Alles auf Provision ? wenn der Lohn nur bei Erfolg fließt

Berliner Morgenpost 

Sonntag, 11. März 2001

Von den verschiedenen Varianten und den Tücken einer besonderen Vergütungsform

von Martin Pröpper

Wer erfolgsabhängig auf Provisionsbasis bezahlt wird, hat seinen Verdienst zum großen Teil selbst in der Hand. Das klingt verlockend, doch diese Vergütungsform ist nicht ohne Risiko. Wer sich für sie entscheidet, sollte sich vorher die arbeitsrechtlichen Konsequenzen klar gemacht haben, und er sollte die verschiedenen Spielarten kennen.

Bei der Vermittlungsprovision etwa wird eine Entlohnung für alle vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte gezahlt, die durch den Provisionsberechtigten zustande gekommen sind. Eine Variante ist die Bezirksprovision, bei der nur für Geschäfte mit Kunden eines bestimmten Bezirks oder eines festen Kundenkreises Geld fließt. Dagegen ist für die Umsatzprovision der Gesamtumsatz des Betriebs maßgebend, nicht die konkrete Tätigkeit des einzelnen Arbeitnehmers oder sein Verkaufserfolg.

Die Vergütung auf Provisionsbasis muss vertraglich geregelt sein, beispielsweise im Arbeitsvertrag. Dabei ist es sogar zulässig, dass Arbeitnehmer ausschließlich Provision und kein Fixum oder eine Provisionsgarantie erhalten. Die Grenze ziehen die Arbeitsgerichte allerdings mit dem Grundsatz der Sittenwidrigkeit ? wenn von vornherein absehbar ist, dass aus den Provisionen kein angemessener Verdienst zu erzielen ist (LAG Berlin, 9 Sa 65/86). Dazu muss der Arbeitnehmer im Streitfall nachweisen, dass er und alle anderen auf Provisionsbasis Beschäftigten keinen angemessenen Verdienst erzielt haben. Gelingt das, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den üblichen Festlohn für die geleistete Arbeit nachträglich zu zahlen.

Streitträchtig ist eine Regelung, bei der Provisionen mit einem Garantielohn verrechnet werden. Zulässig ist nach der Rechtsprechung zum Beispiel ein Modus, nach dem ein Provisionsanspruch nur entsteht, wenn die Provisionen die Summe aus Festgehalt und Reisekostenpauschale übersteigen. Wird ein monatlicher Mindestverdienst fixiert und garantiert, ist es aber unzulässig, Minderverdienste in einem Monat mit Verdienstspitzen in anderen Monaten zu verrechnen.

Auch die Berechnung des Provisionsanspruchs bei Urlaub und Krankheit sorgt häufig für Konflikte. Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank, sind ihm die Provisionen für die Geschäfte zu zahlen, die er geschlossen oder vermittelt hätte, wenn er nicht krank gewesen wäre. Dies folgt aus dem allgemeinen Lohnausfallprinzip. Die Höhe kann aus dem Provisionsdurchschnitt eines längeren Zeitraums vor der Krankheit ermittelt werden, oder sie wird geschätzt. Im Urlaub ist laut Bundesurlaubsgesetz der Provisionsdurchschnitt der letzten abgerechneten 13 Wochen vor Urlaubsantritt zu zahlen. Andere Vertragsregelungen zu Lasten des Arbeitnehmers sind nicht zulässig.

Es kann sich auch im Nachhinein herausstellen, dass bereits ausgezahlte Provisionen zurückgezahlt werden müssen ? beispielsweise wenn ein Kunde einen Vertrag storniert. Wenn der Arbeitgeber selbst ein einmal vermitteltes Geschäft ganz oder teilweise nicht ausführt oder nicht vertragsgemäß ausführt, besteht dagegen durchaus Provisionsanspruch.

Um den Anspruch vor Gericht durchsetzen zu können, dürfen Arbeitnehmer einen detaillierten Buchauszug aus den Handelsbüchern ihres Chefs verlangen. Dieser Auszug muss alles erläutern, was für die Berechnung des Anspruchs wichtig ist. Diese Einsichtnahme kann notfalls gerichtlich durchgesetzt werden.


Top-Seminar für Impulse-Leser

Impulse

Donnerstag, 1. März 2001

Durch ein Trommelfeuer neuer Arbeitsgesetze sind Unternehmer in Zugzwang geraten. Rasche Reaktion ist jetzt zwingend. Impulse hilft ? mit einem erstklassigen Praktiker-Seminar für Unternehmer und Führungskräfte. Mit Prominenten-Anwalt Ulrich Weber.

Seit 01. Januar 2001 können Mitarbeiter in Firmen mit mehr als 15 Beschäftigten einen Teilzeitjob einklagen. Gleichzeitig hat Berlin für alle Unternehmen die Möglichkeit befristeter Arbeitsverträge eingeschränkt. »Der schwerste Eingriff in die unternehmerische Freiheit seit 30 Jahren«, kommentiert Arbeitsrechts-Fachanwalt Ulrich Weber aus Köln.

Wie Unternehmer dennoch das Heft in der Hand behalten können, erfahren impulse-Leser jetzt aus erster Hand. Gemeinsam mit der Kanzlei Weber & Partner veranstaltet die Redaktion am 22. März im Kölner Queens Hotel ein Tagesseminar zur neuen Rechtslage. Hier erhalten schnell entschlossene Firmenchefs erstmals die Gelegenheit, sich die komplizierte Materie von einem der profiliertesten Arbeitsrechts-Spezialisten Deutschlands persönlich erläutern zu lassen. Erstklassige Praktikertipps inklusive.

Die Themen

  • Was sich für Unternehmer in Sachen Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge konkret ändert.

  • Mit welchen Argumenten Firmenchefs überbordende Teilzeitwünsche abwehren können.

  • Wie sich bewährte Aushilfen trotz der neuen Rechtslage auch weiterhin nach Bedarf einsetzen lassen.

  • Welche Rechtsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts weiter gelten. Und welche jetzt Makulatur sind.

»Schnelle Information zum neuen Recht kann für manchen Betrieb zur Existenzfrage werden«, warnt Anwalt Weber nach Analyse der neuen Regeln. Beispiel Teilzeit: Zwar könne der Chef manchen Teilzeitwunsch als unzumutbar zurückweisen.

Doch die Details seien alles andere als eindeutig formuliert. Weber: »Das Gesetz steckt voller Gummiparagraphen und ist deshalb vor allem Arbeitsbeschaffungsprogramm für die Arbeitsgerichte.« Um drohende Konflikte rasch zu entschärfen, ist demnach persönliche Sachkunde des Chefs gefragt. Die vermittelt anschaulich und praxisgerecht das impulse-Seminar. Achtung: Um konzentriertes Arbeiten in persönlicher Atmosphäre zu garantieren, ist die Teilnehmerzahl auf 30 begrenzt. impulse-Leser zahlen inklusive Unterlagen und Verpflegung nur 950,00 Mark plus Mehrwertsteuer. Info-Hotline: 0221-466719, Fax 466750, E-mail: buero-koeln@ra-weber-partner.de (Stichwort »impulse-Seminar«).


Die betriebliche Altersversorgung des Managers

SesselWechsel 

Montag, 19. Februar 2001

von RA Peter Rölz

5. Teil:
Tipps und Tricks bei Abschluss von Anstellungsverträgen bei Managern
Pensionszusage
Die betriebliche Altersversorgung ist eine besondere freiwillige Sozialleistung, d. h. seitens der Gesellschaft besteht keine Verpflichtung eine Pensionszusage zu gewähren. Eine großzügige Pensionsregelung ist für Manager aber absolut üblich und daher bei Vertragsverhandlungen mit gutem Gewissen einzufordern. Sagt die Gesellschaft Leistungen aus Gründen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass der Tätigkeit zu, so wird die Pensionszusage durch das seit 1974 bestehende Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) geschützt - vorausgesetzt, das BetrAVG gilt auch für den Manager.

Diese Frage ist gerade in Krisenzeiten von besonderer Wichtigkeit. Durch das BetrAVG sind nämlich die sicherungsbedürftigen Ansprüche und unverfallbaren Anwartschaften auf die betriebliche Altersversorgung für den Fall gesichert, dass die Gesellschaft wegen Insolvenz nicht mehr in der Lage ist, die zugesagten Leistungen zu erbringen. An die Stelle des insolventen Unternehmens tritt im Sicherungsfall der Pensionssicherungsverein (kurz: PSV) und übernimmt die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bis zu der in § 7 Abs. 3 BetrAVG festgelegten Höchstgrenze vom Dreifachen der zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.

§ 17 BetrAVG bestimmt, dass leitende Angestellte unterhalb der Organebene zum geschützten Personenkreis gehören. Zu diesem zählen nach der Rechtsprechung auch Geschäftsführer einer GmbH und Vorstandsmitglieder einer AG, wenn ihnen die Pension aus Anlass der Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen zugesagt worden ist. Deshalb sind vom Geltungsbereich des BetrAVG Einzelunternehmer ausgenommen, wogegen der Manager, der als Organperson gesellschaftsrechtlich nicht an dem Unternehmen beteiligt ist, persönlich in seinen Anwendungsbereich fällt. Für Allein- und Mehrheitsgesellschafter einer GmbH oder AG, die Kraft einer Mehrheitsbeteiligung die Leitungsmacht der Gesellschaft ausüben, findet das BetrAVG dagegen keine Anwendung.

Unterfällt die Versorgungszusage dem BetrAVG, so sind neben dem Insolvenzschutz die Mindestbedingungen der Versorgungsregelung bereits gesetzlich festgeschrieben und stehen ohne gesonderte einzelvertragliche Regelung fest. Von den gesetzlichen Bestimmungen darf nicht zum Nachteil des Managers durch vertragliche Regelungen abgewichen werden. Selbstverständlich bleibt es dem Manager unbenommen, auf eine günstigere Vertragsabrede hinzuwirken.

Die Regelung der Pension kann als Bestandteil des Anstellungsvertrages oder in einem gesondert abzuschließenden Pensionsvertrag vereinbart werden. Der Manager, der als Organ tätig ist, sollte bei Vertragsschluss beachten, dass die Zusage vom zuständigen Gegenüber getroffen wird, nämlich bei GmbH-Geschäftsführern von der Gesellschafterversammlung und bei AG-Vorständen vom Aufsichtsrat. Andernfalls ist die Versorgungszusage nicht wirksam.

Bei der Vertragsgestaltung ist darauf zu achten, dass die Pensionszusage sämtliche Anspruchsvoraussetzungen detailliert regelt. So sollten der Versorgungsfall und der Zeitpunkt seines Eintritts genau definiert sein. Zur Bestimmung einer festen Altersgrenze muss dabei nicht zwingend das 65. Lebensjahr gewählt werden.

Vertragliche Regelungen
Auch die Berechnungsgrundlagen und die Fälligkeit der Betriebsrente müssen eindeutig geregelt werden. Entscheidet sich der Manager für eine dynamische Versorgungsregelung, die sich an der Vergütung des Managers orientiert, wozu beispielsweise ein festgelegter Prozentsatz der zuletzt gezahlten monatlichen Bruttovergütung zu Grunde gelegt wird, so ist dieses Einkommen eindeutig zu bestimmen. Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden muss deshalb die Berücksichtigung von Tantiemen, Gewinnbeteiligungen, Dienstwagen etc. geklärt werden. Die Rundung des angefangenen Dienstjahres schafft Klarheit für die Zählung angefangener Dienstjahre.

Der Anspruch auf die Betriebsrente kann nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht mehr untergehen, nämlich dann, wenn die sogenannte Unverfallbarkeit der Anwartschaft nach dem BetrAVG eintritt. Gemäß § 1 BetrAVG wird eine Anwartschaft unverfallbar, wenn der Beschäftigte nach Vollendung des 35. Lebensjahres aus dem Unternehmen ausscheidet und entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens zehn Jahre bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für ihn mindestens drei Jahre bestanden hat.

Unverfallbarkeit bereits zu einem früheren Zeitpunkt festlegt. Wichtig ist dabei, auf die eindeutige Formulierung dieser Regelung zu bestehen, damit die Zusage später nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Betriebsrente lediglich nach den gesetzlichen Regelungen zugesagt wurde. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die vertragliche Festlegung eines früheren Unverfallbarkeitszeitpunktes grundsätzlich keinen Insolvenzschutz durch den PSV bietet. Etwas anderes gilt unter bestimmten Voraussetzungen nur bei der Anrechnung von früheren Vordienstzeiten:

Frühere Vordienstzeiten können im Rahmen der Pensionszusage bei einer anderen Gesellschaft auf die Dienstzeiten des neuen Anstellungsverhältnisses angerechnet werden. Ebenso wie die Festlegung eines früheren Unverfallbarkeitszeitpunktes führt die Anrechnung aber nicht zu einer insolvenzgeschützten Versorgungsanwartschaft, da das BetrAVG allein auf die tatsächliche Betriebszugehörigkeit abstellt. War die Dienstzeit bei der vormaligen Gesellschaft jedoch selbst von einer Versorgungszusage begleitet und reicht diese unmittelbar an das neue Dienstverhältnis heran, durch das selbst wieder eine Versorgungsanwaltschaft begründet wird, so besteht ein insolvenzgeschützter Versorgungsanspruch bereits früher. In diesem Fall hat bezüglich des Insolvenzschutzes lediglich der Versorgungsschuldner gewechselt. Auch bei einem Wechsel zu einem Unternehmen innerhalb desselben Konzerns, der mit dem Abschluss eines neuen Vertrages einhergeht, ist es wichtig, die Anrechnung der früheren Verdienstzeiten klarzustellen.

Unverfallbarkeitsfaktor
Möchte der Manager seinen Ruhestand vorzeitig antreten und bezieht er Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, so kann er gemäß § 6 BetrAVG auch vorgezogene Leistungen der betrieblichen Altersversorgung verlangen. In diesem Fall ist die Gesellschaft berechtigt, den Pensionsanspruch zu kürzen, denn bei vorzeitigem Ausscheiden wurde nicht die volle Betriebstreue erbracht und die Betriebsrente wird bei vorzeitigem Bezug auch für einen längeren Zeitraum gezahlt. Hier ist die Gesellschaft berechtigt, den Pensionsanspruch um den sogenannten "Unverfallbarkeitsfaktor" zu kürzen, der sich aus dem Verhältnis von möglicher zu tatsächlicher Dienstzeit errechnet. Diese zeitratierliche Kürzung um den Unverfallbarkeitsfaktor ist ohne ausdrückliche Regelung möglich, denn sie folgt aus § 2 BetrAVG. Sie kann nur dadurch vermieden werden, dass die Pensionsregelung diese Kürzung ausdrücklich ausschließt.

Ein versicherungsmathematischer Abschlag in Höhe von 0,5% pro Monat des vorzeitigen Bezugs der Betriebsrente ist nach der Rechtsprechung des BAG zusätzlich gerechtfertigt, allerdings nur, soweit die Pensionsregelung die Vornahme des versicherungsmathematischen Abschlags vorsieht. Der Manager sollte deshalb darauf achten, dass im Hinblick auf Art und Höhe der Kürzung bei vorgezogenem Altersruhegeld eine angemessene Regelung gefunden wird.

Bei der Pensionszusage des Managers ist die Vereinbarung vertraglicher Wartezeiten üblich, aber nicht zwingend. Für den Gesellschafter-Geschäftsführer empfiehlt sich die Festlegung der Vordienstzeit aber bereits aus steuerlichen Gründen. Zur Vermeidung des Verdachts einer verdeckten Gewinnausschüttung sollte für den Gesellschafter-Geschäftsführer eine angemessene Wartezeit vereinbart werden, denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft eine Pensionszusage erst nach Ablauf einer gewissen Wartezeit erteilen. Die Vereinbarung einer Wartezeit bleibt dabei für die Frage der gesetzlichen Unverfallbarkeit ohne Wirkung. Die Unverfallbarkeitsfrist läuft nämlich bereits ab Beginn der Wartezeit.

Wurde mit dem GmbH-Geschäftsführer beispielsweise am 01.01.1990 ein Anstellungsvertrag geschlossen, mit dem ihm eine Firmenpension nach einer Wartefrist von fünf Jahren zugesagt wird und scheidet der Geschäftsführer am 30.06.2000 aus dem Dienstverhältnis aus, so hat er die Zehnjahresfrist für die gesetzliche Unverfallbarkeit nach § 1 BetrAVG erfüllt, da die Pensionszusage zehn Jahre bestanden hat. Der Bestand der Versorgungszusage begann nach der Rechtsprechung des BAG nicht erst nach Ablauf der fünfjährigen Wartezeit, sondern bereits mit der Zusage der Pensionszusage, d.h. mit Abschluss des Anstellungsvertrages am 01.01.1990.

Übergangsgeld
Neben einer Pensionsregelung sind vor allem bei Vorständen auch Regelungen hinsichtlich der Zahlung eines Übergangsgeldes üblich und daher verhandelbar. Sie gewähren dem Organ eine Zahlung, wenn dessen Vertrag aus Gründen, die von ihm nicht zu vertreten sind, nicht verlängert wird. Die Höhe des Übergangsgeldes ist frei verhandelbar und liegt meist bei ca. 50% der vorher gezahlten Grundvergütung. Regelmäßig wird auf dieses Übergangsgeld aber anderweitiges Einkommen, welches der Vorstand bei einer neuen Tätigkeit bezieht, angerechnet. Sinn der Übergangsgeldzahlung ist die wirtschaftliche Absicherung des Vorstandes, im Falle der Arbeitslosigkeit die Versorgungslücke bis zur Rente schließen zu können.

DER AUTOR
Peter Rölz
ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Frankfurt. Er leitet das Frankfurter Büro der Rechtsanwälte Ulrich Weber & Partner. Herr Rölz war zuvor bei der Adam Opel AG als Leiter der Abteilung Arbeitsrecht tätig, wo er neben sämtlichen Fragestellungen des "Arbeitsrechts in der betrieblichen Praxis" auch an der Entwicklung und Implementierung eines Systems zur Krankenstandsreduzierung wesentlich beteiligt war. Herr Rölz ist seit mehreren Jahren mit der anwaltlichen Vertretung von Unternehmen und Führungskräften beim Abschluss von Aufhebungsverträgen und Abfindungsvergleichen befasst. Er berät daneben Firmen und Betriebsräte bei Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen innerhalb und außerhalb der Einigungsstelle.



Preiswerter zum Recht ohne Gerichte

Capital 4/2001

Donnerstag, 1. Februar 2001

Schlichtung. Arbeitsrechtliche Konflikte lassen sich außergerichtlich häufig besser und schneller lösen. Eine neu gegründete Vereinigung von Fachanwälten für Arbeitsrecht entwickelte dafür ein spezielles Angebot.

Von RA Ulrich Weber

"Wir sehen uns vor Gericht" mit dieser Floskel mag nur drohen, wer genügend Zeit und Geld hat, um sein Recht durchzusetzen. Das gilt erst recht für Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Managern. Geht ein Konflikt vor das Arbeitsgericht, dauert die erste Instanz bis zu einem Jahr. Dabei trägt jede Partei ihre Anwaltskosten selbst. Für Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Vorständen oder Geschäftsführern sieht es noch düsterer aus. Die für sie in der ersten Instanz zuständigen Landgerichte urteilen kaum schneller als die Arbeitsjustiz. Zudem muss der Prozess durch den Kläger vorfinanziert werden. Die Richter werden erst aktiv, wenn der gekündigte Manager die vollen Gerichtskosten eingezahlt hat. Zusätzlich trägt der Kläger das Risiko: Er zahlt nicht nur den eigenen Rechtsbeistand, sondern bei Prozessverlust auch noch den Gegenanwalt.

Da scheint die neu gegründete Vereinigung Mediation und Schiedsverfahren für Unternehmen und Führungskräfte e.V., kurz Arbitrium, gerade recht zu kommen. Der von acht bundesweit tätigen Fachanwälten für Arbeitsrecht ins Leben gerufene Verein mit Sitz in Frankfurt will langwierige und teure Gerichtsverfahren vermeiden und bietet dazu die Dienste seiner Mitglieder als Mediatoren oder Schiedsrichter an.

Ziel der Mediation ist eine Vereinbarung, die den Streit einvernehmlich löst. Der Mediator hat dabei keine Entscheidungskompetenz, sondern muss zusammen mit den Konfliktparteien einen Einigungsvorschlag erarbeiten. Dieser soll nicht nur die Rechtslage, sondern auch wirtschaftliche und soziale Aspekte berücksichtigen.

Für die Beteiligten ist dieser Versuch zunächst unverbindlich. Einzig die Verfahrensgebühr ist zwingend zu zahlen: Arbitrium erhält bei höchstens drei Sitzungen zwölf Prozent des Jahreseinkommens der Führungskraft. Diese Kosten werden im Zweifel zwischen den Beteiligten geteilt. Wer zusätzlich einen Anwalt beschäftigt, muss ihn selbst zahlen, eine beim Mediationsverfahren übliche Kostenregelung.

Allerdings wird bei den Konkurrenzorganisationen von Arbitrium nach Stundensätzen abgerechnet. Diese betragen bei dem in Bad Doberan ansässigen Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt (BMWA) und der in München beheimateten Gesellschaft für Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement (GWMK) zwischen 250,00 und 600,00 Mark. Bei beiden Verbänden kann der Kunde außer einem Fachanwalt für Arbeitsrecht auch einen Psychologen oder einen Betriebswirt als Vermittler wählen.

Zudem besteht auch beim BMWA und bei der GWMK die Möglichkeit, statt einer Mediation ein verbindliches Schiedsverfahren zu verlangen. Dann müssen sich die Führungskraft und das Unternehmen zunächst auf einen oder mehrere Schiedsrichter verständigen. Bei Arbitrium sollen im Regelfall drei Fachanwälte für Arbeitsrecht als Richter fungieren. Zusätzlich benötigt jede Partei zwingend einen Anwalt. Die Verfahrensgebühr beträgt 20 Prozent des Gesamteinkommens der Führungskraft bei höchstens drei Sitzungen. Jede weitere Verhandlungsrunde dieser Privatjustiz kostet extra. Wer am Ende wie viel zahlen muss, entscheidet das Schiedsgericht.

Bei BMWA und GWMK wird ein Schiedsverfahren hingegen genauso wie bei der Mediation nach Stundensätzen abgerechnet und dürfte deshalb im Vergleich zu Arbitrium wesentlich preiswerter sein. Das Ergebnis ist zumindest formal bei allen drei Organisationen identisch: Ein rechtskräftiges Urteil, das durch ein staatliches Gericht nicht mehr überprüft werden kann.

Auf einen Blick
Mediation.

Ziel ist eine einvernehmliche Lösung des Streits durch ein Aufeinanderzugehen der Konfliktparteien. Dabei hat der Mediator aber keine Entscheidungskompetenz, sondern soll zwischen den Beteiligten lediglich vermitteln.

Schiedsgericht.
Unter Ausschluss des staatlichen Rechtswegs entscheiden privat gewählte Richter zügig und verbindlich einen Konflikt.


Teure Abrechnung am Vertragsende

Capital 2/2001

Dienstag, 9. Januar 2001

Schadenersatz. Machen Manager Fehler, kann das betroffene Unternehmen sie persönlich in Regress nehmen. Geschickte Vertragsregelungen oder eine Haftpflichtversicherung schützen Führungskräfte vor solchen Ansprüchen.

von RA Ulrich Weber

Stellen Führungskräfte, die ein Unternehmen verlassen sollen, finanzielle Forderungen, kontert der Arbeitgeber oft mit hohen Schadenersatzansprüchen. Als Begründung dienen in solchen Fällen oft vom Manager längst vergessene Fehlleistungen, die das Unternehmen eine Stange Geld gekostet haben. Beim Ende eines Arbeitsverhältnisses werden diese Fehler gerne wieder ans Licht gezerrt Dabei haben Unternehmen gute Karten, die Abfindung zu drücken. Denn Manager, die ihre Firma schädigen, haften für die Folgen persönlich. Dies betrifft Aufsichtsratsmitglieder, Vorstände und Geschäftsführer gleichermaßen. Je höher die Funktion, desto höher sind die Anforderungen an die Entscheider. Das Gesetz verlangt von ihnen auch in Zeiten schnelllebigen Handelns stets die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes. Die Rechtsprechung hat zunehmend Gelegenheit, dieses Postulat mit Leben zu erfüllen: So etwa, wenn im Fall der Pleite gegangenen Balsam AG dem beklagten Aufsichtsratsmitglied vorgehalten wird, vertraulichen Hinweisen der Hausbank auf hohe operative Verluste und unseriöse Geschäfte nicht nachgegangen zu sein.

Doch auch ohne einen Konkurs der Firma lauern überall Gefahren: So zum Beispiel für den Vorstand einer Aktiengesellschaft am Neuen Markt, wenn er geschönte Ad-hocMeldungen veröffentlicht. Aber auch ein völlig falsch eingeschätzter Immobilienkauf kann für den Geschäftsführer einer GmbH schwerwiegende Folgen haben: Kann das Unternehmen belegen, dass durch den Fehler ein finanzieller Schaden entstanden ist, droht der persönliche Regress.

Die geschädigte Firma darf in einem solchen Fall auch eine fest zugesagte Pension einbehalten. Das funktioniert nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, 11 ZR 152/98) sogar dann, wenn der Widerruf des Ruhegeldes vertraglich nicht vorgesehen ist. Der BGH verlangt bei einer solchen Konstellation allerdings, dass der Manager dem betroffenen Unternehmen einen existenzbedrohenden Schaden zugefügt hat.

Absolute Sicherheit erlangt aber nur, wer seine Altersversorgung privat finanziert. Ansonsten können Manager mit Leichen im Keller lediglich hoffen, dass der von ihnen verursachte Schaden möglichst spät bemerkt wird. Denn Schadenersatzansprüche einer Gesellschaft gegen ihre Organträger verjähren nach fünf Jahren. Wird vorher Entlastung erteilt, hilft dies nur dort wo das Fehlverhalten schon bekannt war. Früher auf der sicheren Seite ist nur, wer mit seinem Arbeitgeber eine vertragliche Verfallfrist von zum Beispiel sechs Monaten für beiderseitige Ansprüche vereinbart.

Manager, die dies versäumt haben, sollten zumindest versuchen, sich bei ihrem Ausscheiden mit dem ehemaligen Arbeitgeber auf eine Ausgleichsklausel zu verständigen. Darin wird festgelegt, dass beide Parteien keinerlei Ansprüche mehr gegeneinander geltend machen können. Doch gerade wenn Unternehmen einer Führungskraft schwere Fehler mit teuren Konsequenzen vorwerfen, lassen sie sich auf eine solche Regelung nicht immer ein.

Verständlich also, dass viele Manager den Schutz einer Haftpflichtversicherung fordern, bevor sie Führungsverantwortung übernehmen. Diese steht in Form der so genannten Directors & Officers-Police bereit und deckt fast alle Vermögensschäden sowie die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten ab. Ausgenommen sind lediglich absichtliche Pflichtverletzungen sowie Umwelt- und Personenschäden.

Und selbst wenn der Vertrag wirksam gewesen wäre, hätte der BGH dem Geschäftsführer nicht zu der vereinbarten Abfindung verholfen. Eine solche Regelung schränke das Recht der Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung unzulässig ein. Der "goldene Handschlag" der besonderen Art war damit von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Auf einen Blick
Fehler.

Das Gesetz verlangt von Führungskräften stets "die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns". Für geschönte Ad-hoc-Meldungen oder falsch eingeschätzte Immobiliengeschäfte können Manager persönlich haften.

Hilfe.
Mit einer Haftpflichtversicherung können sich Führungskräfte schützen. Nicht abgedeckt sind allerdings vorsätzliche Pflichtverletzungen.


Handbuch der Managerverträge

NZA 13/2001

Montag, 1. Januar 2001

- Buchbesprechung -

Handbuch der Managerverträge.
Von Ulrich Weber, Axel Hoß und Antje Burmester ? Köln, Otto Schmidt 2000. XLII, 592 Seiten, geb. DM 168,00.

Die Autoren weisen in ihrem Handbuch zu Recht darauf hin, dass sowohl Unternehmen als auch Führungskräfte häufig dem Anstellungsvertrag, der die Grundlage der Zusammenarbeit bildet, zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Kommt es zwischen den Vertragspartnern im Laufe des Vertragsverhältnisses zu Differenzen, so kann sich in der Tat ein leichtfertig unterzeichneter Anstellungsvertrag als existenzgefährdender Fehler für den Manager oder auch als ärgerlicher Fehler für das Unternehmen erweisen. Das Werk verfolgt nicht nur das Ziel, Führungskräften und Unternehmen zu zeigen, welche Punkte bei einer ausgewogenen Vertragsgestaltung zu beachten sind, sondern dieses wird auch verwirklicht. Den Formulierungsvorschlägen und Hinweisen liegt die jeweils einschlägige Rechtsprechung (vor allem die des BAG und des BGH) zu Grunde. Diese wird ? soweit auf Grund von Stichproben festgestellt werden konnte ? zutreffend wiedergegeben und zitiert.

Das Handbuch gliedert sich in folgende Teile: (1) Abschluss des Anstellungsvertrags. (2) Inhalt des Anstellungsvertrags. (3) Besonderheiten im Konzern, (4) Auslandsarbeitsvertrag, (5) Haftung, (6) Anstellungsvertrag bei Betriebsübergang und Unternehmensumwandlung, (7) Der Manager in der Insolvenz, (8) Beendigung des Anstellungsvertrags und (9) Ruhestandsvereinbarung. Der Anhang enthält darüber hinaus je einen Muster-Anstellungsvertrag für den GmbH-Geschäftsführer, das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft und einen leitenden Angestellten sowie Verträge zur Entsendung, zur Auslandstätigkeit, für die Pensionierung, für die einvernehmliche Beendigung von Dienst- und Arbeitsverhältnissen und zur Altersteilzeit. Ein hinreichend ausführliches Stichwortverzeichnis sorgt schließlich dafür, dass das Werk von jedem Benutzer gut erschlossen werden kann. Lobend hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch der prägnante Sprachstil (kurze und präzise Sätze!).

Dem Leser bleibt nicht verborgen, dass das Handbuch den Federn von Praktikern entspringt, die ihr Handwerk verstehen. Deshalb kann es nicht nur Mitarbeitern von Rechts- und Personalabteilungen und juristischen Beratern beider Seiten, sondern auch unmittelbar betroffenen Managern aller Couleur empfohlen werden.

Rechtsanwalt Dr. Jobst-Hubertus Bauer, Stuttgart

 
Waldemar Pelke