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Kanzlei-Blog Ulrich Weber & Partner

Handyverbot während der Arbeitszeit

Immer wieder kommt es in der betrieblichen Praxis vor, dass ein Arbeitgeber in seinem Betrieb ein Rauch- und Handyverbot ausspricht. Dabei stellt sich vor allem für den vorhandenen Betriebsrat die Frage, darf der Arbeitgeber dieses alleine oder löst diese Untersagung ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus.

 So war dies auch bei einer Arbeitgeberin, die Brems- und Kraftstoffsysteme für Fahrzeuge herstellt. An einigen Arbeitsplätzen in der Produktion sowie den Bereichen Versand- und Wareneingang kam es aufgrund des notwendigen Maschinenumbaus zu Arbeitsunterbrechungen. Während dieser Zeiten wurden die Arbeitnehmer anderweitig eingesetzt oder sie haben andere Nebenarbeiten erledigt, unter anderem Aufräumen des Arbeitsplatzes oder das Nachfüllen von Verbrauchsmaterial. Die Arbeitgeberin wies die Arbeitnehmer durch eine im Betrieb ausgehängte Mitarbeiterinformation darauf hin, dass jede Nutzung von Mobiltelefon/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nicht gestattet sei. Bei Verstößen sei mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung zu rechnen.

Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei dieser Entscheidung gegeben sei und beantragte beim Arbeitsgericht der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, die Nutzung von Mobiltelefon/Smartphone zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit zu verbieten, so lange er dem Verbot nicht zugestimmt habe oder seine fehlende Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden sei.

 Der Fall führte bis zu einer Entscheidung durch das BAG am 17.10.2023 (BAG, 1 ABR 24/22). Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, die Arbeitgeberin habe mit der einseitigen Anordnung sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt. Danach hat der Betriebsrat bei Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Das Verbot betreffe das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb und die Arbeitgeberin könne daher nur mit Zustimmung des Betriebsrats ein Handyverbot aussprechen.

 Der Betriebsrat ist mit seinem Antrag in allen drei Instanzen unterlegen.

 Das BAG hat nochmals klargestellt, dass das Ordnungsverhalten nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG berührt sei, wenn die Maßnahme der Arbeitgeberin auf der Gestaltung des kollektiven Miteinanders oder die Gewährleistung und Aufrechterhaltung der vorgegebenen Ordnung des Betriebs ziele. Gegenstand des Mitbestimmungsrecht sei ausschließlich das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Diese beruhe darauf, dass sie ihre vertraglich geschuldete Leistung innerhalb einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation erbringe und deshalb seinem Weisungsrecht unterlege. Das berechtige die Arbeitgeberin dazu, Regelungen vorzugeben, die das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb beeinflussen und koordinieren sollen. Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei diesen Maßnahmen solle gewährleisten, dass die Arbeitnehmer gleichberechtigt in die Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens einbezogen werden. Das schränke das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die auf die betriebliche Ordnung bezogene Regelungsmacht des Arbeitgebers ein.

Davon zu unterscheiden seien Maßnahmen, die das sogenannte Arbeitsverhalten regeln sollen. Dabei handele es sich um solche Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar abgefordert oder konkretisiert werde. Diese Maßnahmen seien nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

Es muss daher unterschieden werden zwischen Maßnahmen die das Ordnungsverhalten betreffen und Maßnahmen die das Arbeitsverhalten betreffen. Nur bei den ersteren Maßnahmen ist ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gegeben.

 Wirkt sich allerdings eine arbeitgeberseitige Maßnahme sowohl auf das Arbeits- als auch auf das Ordnungsverhalten aus, so sei der überwiegende Regelungszweck für die Einordnung maßgebend und diese wiederum richte sich nach dem objektiven Inhalt der Maßnahme sowie der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens.

Das von Seiten der Arbeitgeberin ausgesprochene Handyverbot sei in erster Linie auf die Steuerung des Arbeitsverhaltens gerichtet und nach ihrem objektiven Inhalt ziele die Weisung darauf ab, während der Arbeitszeit keine Mobiltelefone oder Smartphones zu privaten Zwecken zu benutzen, zügiges und konzentriertes Arbeiten der Arbeitnehmer sicherzustellen und die mögliche Ablenkung privater Natur durch die Verwendung dieser Geräte zu unterbinden. Die Handys wurden über eine Vielzahl unterschiedlichster Funktionen verfügen, die die Aufmerksamkeit der Arbeitnehmer binden und sie von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung abhalten oder zumindest ablenken könnten. Während der Arbeitszeit soll dagegen jegliche aktive Bedienung des Handys unterbleiben und dieses würde das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betreffen.

Das BAG hat zwar gesehen, dass sich das von der Arbeitgeberin ausgesprochene Verbot auch auf das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer auswirken könne, weil beispielsweise Musik oder Videos zu laut abgespielt werden könnten und damit auch das Ordnungsverhalten betreffen. Dies sei aber im Hinblick auf den überwiegenden Regelungszweck des Handyverbots unerheblich.