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Führt ein Abbruch einer Fußballsaison wegen einer Pandemie automatisch zu einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Frage beantwortet.

Die aktuelle Bundesligasaison hat mit Bayern München seinen Meister gefunden. Schlagzeilen ereilten uns jedoch nicht nur aus München, sondern auch vom Bundesarbeitsgericht aus Erfurt. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.05.2023 (Az.: 7 AZR 169/22) entschieden, dass ein pandemiebedingter Saisonabbruch wegen Corona nicht automatisch zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages eines Profifußballers führt. Herr Rechtsanwalt Dominik Kranz erläutert die wesentlichen Aspekte der aktuellen Entscheidung und nimmt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Anlass, nochmals die arbeitsrechtliche Position eines Profifußballers einzuordnen.

In der Rechtsprechung ist schon lange anerkannt, dass Profifußballer Arbeitnehmer sind. Aufgrund ihres hohen Gehalts und ihrer außergewöhnlichen Tätigkeit haben sie nur wenig mit dem durchschnittlichen Arbeitnehmer gemein. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits in den neunziger Jahren entschieden, dass Profifußballer im Verhältnis zu ihrem Verein Arbeitnehmer mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten sind.

Mit einer jüngeren Entscheidung aus dem Jahre 2018 (Urteil vom 16.01.2018 -7 AZR 312/16) hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass die Befristung des Arbeitsvertrages eines Profifußballers wegen der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt und insofern wirksam sei. Im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport werden von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet, die dieser nur für eine begrenzte Zeit erbringen könne. Dies sei eine Besonderheit, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründet – so das Bundesarbeitsgericht.

Profifußballern steht auch ein Beschäftigungsanspruch zu. Sie können daher von ihrem Verein verlangen, dass sie entsprechend als Profifußballer beschäftigt werden. Zwar besteht kein Anspruch darauf, in Pflichtspielen oder in der Meisterschaft eingesetzt zu werden, da der Trainer aufgrund des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts darüber entscheiden kann, welche elf Profis er in den Spielen einsetzt. Jeder Profifußballer hat jedoch Anspruch darauf, am Trainingsbetrieb zu partizipieren, da fehlende Trainingspraxis die Gefahr des Verlustes berufsspezifischer Fähigkeiten mit sich bringt.

Aufgrund ihrer Befristung beinhalten viele Arbeitsverträge Vertragsklauseln, nach denen sich der für eine Spielzeit befristete Arbeitsvertrag um eine weitere Spielzeit verlängert, wenn der Fußballer eine bestimmte Anzahl an Spielen absolviert hat. Eine solche Klausel verfolgt den Sinn und Zweck, den Fußballer einerseits für seine Leistungen mit einer weiteren Spielzeit zu belohnen. Andererseits wird durch das Erreichen der Mindestanzahl an Spielen für den Arbeitgeber deutlich, dass der Spieler der Mannschaft auch in der nächsten Spielzeit weiterhelfen kann.

Eine solche Verlängerungsklausel lag auch der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2023 zu Grunde. Die Parteien hatten einen befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 01.09.2019 bis zum 30.06.2020 für den Einsatz in der 1. Mannschaft in der Regionalliga Südwest abgeschlossen.

Nach der streitgegenständlichen Vertragsklausel sollte sich der Arbeitsvertrag um eine weitere Saison verlängern, wenn der Kläger mindestens 15 Einsätze von mindestens jeweils 45 Minuten in der Meisterschaft absolviert hat.

Bis zum 15.02.2020 kam der Kläger auf insgesamt zwölf Einsätze von mindestens jeweils 45 Minuten. Danach ist der Kläger aufgrund einer sportlichen Entscheidung des neu installierten Trainers nicht mehr eingesetzt worden. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der Spielbetrieb Mitte März 2020 in der Regionalliga Südwest eingestellt. Am 26.05.2020 ist die Saison, welche ursprünglich mit 34 Spieltagen angesetzt war, vorzeitig pandemiebedingt abgebrochen worden. 

Mit seiner eingereichten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass sich sein Arbeitsvertrag um eine weitere Spielzeit, somit bis zum 30.06.2021, verlängert habe. Die vereinbarte Bedingung (mindestens 15 Einsätze von jeweils 45 Minuten) sei aufgrund des unvorhergesehenen und pandemiebedingten Saisonabbruchs bereits aufgrund seiner zwölf Einsätze in der Meisterschaft eingetreten.

Wäre der pandemiebedingte Saisonabbruch vorhersehbar gewesen, hätten die Arbeitsvertragsparteien nach den Ausführungen des Klägers die tatsächliche Mindestanzahl an Spieleinsätzen entsprechend reduziert oder nur eine Mindesteinsatzquote vereinbart. Der Kläger habe aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen überhaupt keine Chance gehabt, durch entsprechende Trainingsleistung sich für einen Einsatz in der Meisterschaft zu qualifizieren.

Das Arbeitsgericht Offenbach und das Hessische Landesarbeitsgericht wiesen jeweils die Klage ab. Auch die Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Zur Begründung führte das höchste deutsche Arbeitsgericht aus, dass eine einsatzabhängige Verlängerungsklausel nicht dahin ergänzend auszulegen oder anzupassen sei, dass sich der Arbeitsvertrag im Hinblick auf das pandemiebedingte vorzeitige Ende der Spielzeit bei weniger als den festgelegten Einsätzen verlängert.

Vielmehr haben die Arbeitsvertragsparteien die Vertragsverlängerung an eine vom Kläger unstreitig nicht erreichte absolute Mindesteinsatzzahl geknüpft. Diese sei nach den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf den unvorhersehbaren pandemiebedingten Saisonabbruch weder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu korrigieren noch habe der Kläger einen Anspruch auf entsprechende Anpassung der Verlängerungsvereinbarung aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB).

Interessanterweise führt das Bundesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang noch aus, dass es nicht darauf ankomme, ob die einsatzgebundene Verlängerungsklausel des Arbeitsvertrages wirksam sei.

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zu begrüßen. Die Parteien haben unmissverständlich eine absolute Mindesteinsatzzeit für eine Vertragsverlängerung vereinbart.  Es war für beide Seiten erkennbar und ausdrücklich vor dem Beginn der Spielzeit festgehalten, wie viele Spiele der Arbeitnehmer absolvieren muss, damit sich sein Arbeitsvertrag verlängert.

Hinzu kommt in der streitgegenständlichen Angelegenheit, dass der Kläger mehrere Wochen vor dem Saisonabbruch bereits aufgrund sportlicher Leistungen nicht mehr eingesetzt worden ist.

Dominik Kranz, Rechtsanwalt

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