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Kanzlei-Blog Ulrich Weber & Partner

Die 10 wichtigsten BAG-Urteile aus dem Jahr 2025

Der bevorstehende Jahreswechsel gibt Anlass für einen Rückblick auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dessen 10 wichtigste Urteile im Jahr 2025 waren nach Auswahl von Dr. Martin Pröpper die nachfolgenden Entscheidungen.

Fall 1: Betriebsvereinbarung, Zielvorgabe und Schadenersatz

Bundesarbeitsgericht vom 19.02.2025 – 10 AZR 57/25

Verstößt der Arbeitgeber schuldhaft gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, dem Arbeitnehmer rechtzeitig für einen Zeitraum die Ziele vorzugeben, an deren Erreichen die Zahlung einer variablen Vergütung geknüpft ist (Zielvorgabe), löst dies, wenn eine nachträgliche Zielvorgabe ihre Motivations- und Anreizfunktion nicht mehr erfüllen kann, grundsätzlich einen Anspruch des Arbeitnehmers nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung aus.

 

Fall 2: Rückforderung überhöhter Betriebsratsvergütung

Bundesarbeitsgericht vom 20.03.2025 – 7 AZR 46/24

Haben zurückliegende Anpassungen der Vergütung (Eingruppierungen) auf der Betriebsratstätigkeit basiert, trifft den Arbeitgeber die Darlegungsgrund Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit seiner fehlerhaften Eingruppierung, wenn er die Eingruppierung nachträglich korrigiert und deswegen überzahlte Vergütung zurückfordert.

 

Fall 3: Präventionsverfahren auch bei Probezeitkündigung?

Bundesarbeitsgericht vom 03.04.2025 – 2 AZR 178/25

Die Vorschrift des Präventionsverfahrens (§ 167 Abs. 1 SGB IX) kommt während der sechsmonatigen Probezeit (Wartezeit) nicht zur Anwendung.

Sie gilt ausschließlich für Kündigungen im zeitlichen Anwendungsbereich des KSchG, also erst nach sechs Monaten.

 

Fall 4: Betriebliche Altersversorgung und Elternzeit

Bundesarbeitsgericht vom 6.5.2025 – 3 AZR 65/24

In Systemen der betrieblichen Altersversorgung ist es zulässig, Monate ohne Entgelt – und damit auch Zeiten des ruhenden Arbeitsverhältnisses wegen Elternzeit – von der Berücksichtigung (Wartezeit) auszunehmen.

Das gilt jedenfalls bei umlagebasierten Systemen, die an vergütungspflichtige Zeiten anknüpfen.      

 

Fall 5: Datenweitergabe im Konzern

Bundesarbeitsgericht vom 08.05.2025 – 8 AZR 209/21

Bei einer rechtswidrigen Datenweitergabe im Konzern besteht der immaterielle Schaden des Arbeitnehmers in dessen Kontrollverlust an seinen personenbezogenen Daten.

Der Schadenersatz beträgt hierfür aber nicht die eingeklagten 3.000 €, sondern nur 200 €.

Das gilt jedenfalls dann, wenn die Übertragung der Daten im Übrigen rechtens war, nämlich mittels einer Betriebsvereinbarung geregelt.

 

Fall 6: Diskriminierung durch Altersgrenze bei Einstellungen?

Bundesarbeitsgericht vom 08.05.2025 – 8 AZR 299/24

Ein wegen seines Alters (jenseits der Regelaltersgrenze) abgelehnter Bewerber hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer Diskriminierung (§ 15 Abs. 2 AGG).

Diese unterschiedliche Behandlung ist zulässig. Das gilt jedenfalls dann, wenn nach den einschlägigen (tariflichen) Bestimmungen die Beendigung der Arbeitsverhältnisse grundsätzlich mit Ablauf des Monats eintritt, in dem der Beschäftigte das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet hat.

 

Fall 7: Mehrfachstimmrecht (Matrixstruktur)

Bundesarbeitsgericht vom 22.05.2025 – 7 ABR 28/24

Bei Matrix-Strukturen im Unternehmen sind Matrix-Führungskräfte mehrfach zu den Betriebsratswahlen der unterschiedlichen Standorte (Betriebe) wahlberechtigt.

Das gilt für Führungskräfte (die keine leitenden Angestellten sind), welche in Unternehmen mit einer betriebsübergreifenden Matrix-Struktur in mehreren Betrieben im Einsatz sind.

 

Fall 8: Urlaubsabgeltung: Welcher Zeitpunkt zählt?

Bundesarbeitsgericht vom 03.06.2025 – 9 AZR 137/24

Die Vergütungshöhe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist maßgebend zur Kalkulation der Urlaubsabgeltung. Denn nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

Selbst wenn der Resturlaub aus dem Jahr 2018 stammte, ist daher für die Berechnung der Urlaubsabgeltung der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses (hier: 2022) mit der höheren Vergütung anzusetzen.

 

Fall 9: Entgelttransparenz: „Paarvergleich“ reicht

Bundesarbeitsgericht vom 23.10.2025 – 8 AZR 300/24

Frauen und Männer haben bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Anspruch auf gleiches Entgelt. Hierzu reicht ein „Paarvergleich“: Es reicht nur eine besser bezahlte vergleichbare Person des anderen Geschlechts. Dann besteht die Vermutung, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts erfolgt ist. Kann der Arbeitgeber dies nicht widerlegen, ist er zur Zahlung des Entgelts verpflichtet, das er der zum Vergleich herangezogenen Person zahlt. Das gilt selbst dann, wenn die Klägerin schon schlechter als der Frauenmedian bezahlt wurde und einen Mann zum Vergleich sich heraussucht, welcher als „Ausreißer nach oben“ innerhalb der Männer bezahlt wird.

 

Fall 10: Kündigungsfrist (Probezeit) bei Befristung

Bundesarbeitsgericht vom 30.10.2025 – 2 AZR 160/24

Für die Verhältnismäßigkeit einer vereinbarten Probezeit in einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis (§ 15 Abs. 3 TzBfG) gibt es keinen Regelwert.

Es ist eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen. Daher kann eine viermonatige Probezeit bei einjähriger Befristungsdauer rechtens sein.

Bereits zuvor schon galt, dass die Probezeit (natürlich) nicht der Befristungsdauer insgesamt entsprechen darf.

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